Volltext Seite (XML)
fünf Wanderungen litten zum Teil unter der ungünstigen Witterung des vergangenen Sommers. Die Gesamtteil nehmerzahl betrug 365. mithin kommen auf eine Wande rung 75 Teilnehmer. Die Vereinsgeschäfte wurden in sie ben Vorstandssitzungen und drei Hauptversammlungen er ledigt. In letzteren wurde die Genehmigung erteilt: 1. Zum Neudruck der Satzungen, die eine Durchsicht und Um arbeitung nötig hatten,' 2. zum Kinokabinenanbau an der neuen Turnhalle (2000 RM. waren durch freiwillige Spen den aufgebracht worden) und 3. zum weiteren inneren Ausbau des neuen Sammlungsraumes. Der Verein war bei allen Sitzungen und Veranstaltungen des Verbandes Lusatia vertreten. Dem Abgang von 66 Mitgliedern stehen 227 Neuanmcldungen gegenüber, so daß der Verein Ende 1930 870 Mitglieder zählt. Für 50 jährige Mitgliedschaft konnten vier Herren geehrt werden. Gestützt auf die Treue und Arbeitsfreudigkeit des Vorstandes und Beirates kann der Humboldtverein getrost in die Zukunft schauen. Wenn sich die wirtschaftliche Notlage auch im Vereine aüswirkt, so dürfen aber die Volksbildungsvereine den Mut nicht sinken lassen, denn gerade sie haben die Pflicht, ihre Mit glieder über die Schwere der Zeit hinwegzusetzen. In die sem Sinne soll auch im 7. Jahrzehnt weitergearbeitet wer den. Über den Stand des Humboldtmuseums in der neuen Fachschule berichtete Lehrer R. Brückner. In letzter Zeit sind eine Menge wertvoller alter Gegenstände geschenkt worden. Der Wetterwart, Lehrer Schuster, gab einen sehr interessanten Bericht über die Wetterbeobachtungen des vergangenen Jahres. Lehrer Richter erstattete Bericht über die astronomischen Beobachtungen mittels des großen Vereinsfernrohres. Den Kassenbericht gab Prokurist Michel. Einnahmen von 11242,83 RM. stehen Ausgaben von 10 787,17 RM. gegenüber. Der Haushaltplan für 1931 wurde mit 7000 RM. Einnahmen und Ausgaben geneh migt. Die ausschcidenden Vorstandsmitglieder: Lehrer Büchner, Lehrer Gärtner, Lehrer Richter und Bankdirek tor Blöß wurden allstimmig wiedergewählt. O. H. Winterwanderung am 25. Januar. Als Ziel der diesjährigen Winterwanderung war das gemütliche Heim des Ebersbacher Brudervcr- eines gewählt worden. Mit dem Mittagszuge fuhren die 77 Teilnehmer nach Neugersdorf. Vom schönsten Wetter begünstigt, wurde der kurze Weg nach der Humboldtbaude zurückgelegt. Nach einer 1^ stündigen Kaffeerast, die auch zur Besichtigung des Museums ausgenutzt wurde, ging es im Gänsemarsch durch den verschneiten Wald und über verschneite Felder und Wiesen nach der Felscnmtthle. Da sich hier Gelegenheit zu einem Tänzchen bot, an dem sich bald auch die älteren Jahrgänge beteiligten, herrschte in kurzer Zeit die heiterste Stimmung. So kam es, daß all gemeines Bedauern herrscht, als gegen 19 Uhr zum Auf bruch geblasen wurde. Es war eine kurze, aber recht ge mütliche Wanderung, deren sich die Teilnehmer gewiß gern erinnern werden. O. H. Geblrgsverein Cunewalde. Mlbil-ervortrag. Am 18. Februar beendete Herr Oberlehrer Vater- Löbau seine Vortragsreihe über Land und Leute in Un garn. Der Abend stand an schönen Eindrücken den beiden anderen durchaus nicht nach,' er krönte im Gegenteil die Reiseschilderung durch erneute seltsame'Landschaftsbilder. Von Budapest aus gings mit dem V-Zug in die Metro pole der großen ungarischen Pnßta, nach Debreczin. Bei derseits des Schiencnstranges erschlossen sich Weizen- und Maisgefilde von üppiger Fruchtbarkeit, ausgedehnte Län dereien, die ungarischen Magnaten gehören und von der breit dahinwallenden Theiß bewässert werden. In Debrec zin stellte sich uns ein vornehmes Städtchen in einsamer Umgebung vor. In romantischen Pußtaschenken wurde ein ¬ gekehrt und der Musik heißblütiger Zigeuner gelauscht. Ausgedehnte Wanderungen in die Hortobagy, ein land wirtschaftlich äußerst ertragreiches Gebiet, und in die eigentliche Pnßta, jene riesengroße Grassteppe in Ost ungarn, erschlossen den ganzen Zauber dieser eigenartigen Landschaft. Auf leichtgebautem Gefährt (2 PS. Mercedes!) hat der Vortragende die glühend heiße Einöde durchquert, um gastliche Rast bei den Hirten zu finden, die mit ihren ungeheueren Herden bis zu 1000 Tieren das Land bewoh nen. Die originellen Typen des Pferdehirten sCzikos), der, stolz auf seinen Stand und seine Tracht, den angesehen sten Beruf verkörpert, des Rinderhirten (Gulyas), der nicht minder komisch eingekleidet ist und der Schaf- und Schweinehirten, die von den anderen mißachtet werden, stellten sich in prächtigen Bildern vor. An mächtigen Zieh brunnen wurde Rast gemacht und die fabelhaften Reiter kunststücke der Hirten bewundert, Reich an nachhaltigen Eindrücken nahmen wir Abschied von der Pnßta, um noch einmal den ganzen Reiz ungarischer Landschaft am Platten see zu genießen. Dieser größte See Mitteleuropas, der sich über eine Länge von 100 km erstreckt, gewährte eine Menge schöner Erlebnisse in seinen belebten Badeorten, seinen stimmungsvollen Seeaufnahmen und seltsamen Siedlungen, deren Ursprung in vorchristlicher Zeit liegt. Dem benachbarten Bakonywald, in dessen dicht mit Eichen bestandenen Gegend die Schweinezucht heimisch ist, statteten wir einen kurzen Besuch ab. Und von hier aus traten wir mit dem Redner die Heimreise an, von der noch einmal prächtige Bilder an die weiße Wand gezaubert wurden. Das Drautal gings aufwärts über Marburg und Klagen furt in die Hohen Tauern. Die wunderschöne, romantische Alpenwelt am Wörther und Zeller See tauchte in einzig artigen Aufnahmen auf. Weiter gings über Salzburg, Berchtesgaden nach dem Königssee und dem Watzmann. In Linz fand die schöne Ungarnfahrt ihr Ende. — In den Vortrag flocht Herr Oberlehrer Vater, auf knappste Form gedrängt, die Wirtschaftsgeschichte Ungarns in den letzten Jahren, zeigte die reiche Produktionsfähigkeit dieses Staates, seine Absatz- und Bezugsländer, schilderte, wie sich langsam aber stetig die Industrialisierung auch in Un garn durchsetzt und welche ungeheuren Wirtschaftsschädi gungen Ungarn durch den Vertrag von Trianon auferlegt bekam. Interessante Aufschlüsse gab der Redner auch über die ungarische Sprache, die in ihrer ganzen Wesenheit nichts mit den anderen Umgangssprachen Mitteleuropas gemein hat, sondern eher an mongolische, ostasiatische Sprachen anklingt. Mit dem Vortrag des wortbilber- reichen Märchens „Der Fink mit der goldenen Stimme" ließ Herr Oberlehrer Vater seinen Reisebericht über Un garn ausklingen. Der lebhafte Beifall mag dem geschätzten Redner Beweis sein, daß er in den drei Abenden nicht nur sich als angenehmer Plauderer beliebt gemacht hat, son dern daß es ihm gelungen ist, durch seine gemeinverständ liche Vortragskunst und sein wirklich treffliches Bilder material belehrend und bildend in jeder Beziehung zu wirken, was ihm eine dauernde Sympathie sichert. Wir ver danken Herrn Oberlehrer Vater schöne genußreiche Stun den und wollen hoffen, daß er uns im kommenden Vor tragswinter wieder aus seiner reichen Wissenfülle bietet und uns an Hand seiner ausgezeichneten Lichtbilder mit noch manchen Schönheiten der Nähe und Ferne bekannt macht. — Der Gebirgsverein hat mit diesem Abend gleich zeitig seine Vortragstätigkeit für das Winterhalbjahr 1930/31 abgeschlossen. Kurt Schöne. Nur Vertrauen! MveiM! Kehrer LW Lees Drucks, sämtl. Tees, Beratg. Gratisprob. durch R. Obst. Krummhübel. Rfgb.