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52 Gbsrlausitzer Heimatzsiiung Ar. 5 Mndenpfenmge. Von W. Haupt, Wehrsdorf Mitunter findet man auf vorgeschichtlichen Wohn plätzen oder überhaupt im alten Siedlungsgebiet eigen artige kleine Münzen. Sie haben die Größe etwa eines Fünfpfennigstückes und unterscheiden sich von jeder ande ren Art Münze durch einen sonderbar hohen Rand, der wie eine Art schmaler Reifen beiderseits das Gepräge einsaßt. Von ihrem hohen Alter spricht die Farbe des Sil bers, aus dem sie bestehen: es ist meistens ganz und gar geschwärzt, so daß man glauben konnte, sie bestünden aus einer wertlosen Legierung. Sie sind aber aus fast reinem Silber. Wie unsere Abbildungen zeigen, ist auch das Münz bild fremdartig. Während auf den meisten anderen Mün zen auch der Nichtfachmann Herkunftsland und Jahres zahl lesen kann, steht er hier vor einem Rätsel. Er ent deckt wohl Spuren einer Schrift, aber es sollte schwer fallen, sie zu entziffern,- denn nur Striche, Ringel, Bogen und Kreuzchen nehmen ihren Raum ein. Offenbar war der Verfertiger des Münzstempels mit der Kunst des Lesens nicht vertraut und ahmte die Buchstaben seiner Vorlage recht und schlecht nach, so gut es eben ging. Dieser Umstand ist für uns ein weiterer Grund, den kleinen Silberlingen ein hohes Alter zuzusprechen. Mitten auf der Münze sehen wir meist ein derbes Kreuz, mitunter auch die plumpe Nachahmung eines Balkengebäudes,- das Kreuz auf dem Dache sagt uns, daß eine Kirche gemeint ist oder besser eine Kapelle von der Art, wie sie etwa Bonifatius aus dem Holze der gefällten germanischen Göttereiche er richtet haben mag. 1. und 2. Wendenpfennige oder Sachsenpfennige. 3. Sogen. Otto-Adelheids-Denar von Großgrabe b. Kamenz. Aus dem „Bilderhandbuch für Vorgeschichte", Bautzen 1929. Das Volk glaubt, daß diese Silberlinge ihre Ent stehung den alten Wenden verdanken und bezeichnet sie als Wendenpfennige. Andere Namen dafür sind Okelpfennige oder Kehlpfennige. Der letztere Name be zieht sich auf die oben erwähnte schmale Hohlkehle, die die Münze ringartig umschließt, und kennzeichnet diese Sil berpfennige recht glücklich; denn wir kennen keine weite ren Münzen, welche dieses Merkmal aufweisen, das in recht umständlicher Arbeit auf jedem Pfennig einzeln durch Hammerschläge angebracht („gestaucht") wurde. Wie in so manchem anderen Falle hat der Volksmund im wesentlichen Punkte recht. So ist es Tatsache, daß die Münzen der Zeit der alten Wenden entstammen, genauer gesagt aus der Zeit der deutschen Rückwanderung in das slawisch gewordene Land östlich der Elbe und Saale, und zwar aus dem 1v. Jahrhundert. Sie weisen also das ehr würdige Alter von fast tausend Jahren auf. Es sprechen zwar manche Umstände dafür, daß es sich dabei um wendisches Geld handeln könnte: Die rohe Mach art entspricht einer gering ausgebildeten Metallbcarüei- tungstechnik, wie mir sie bei den alten Wenden annehmen, und die meisten Fundstellen liegen östlich der Elbe im ehe maligen slawischen Wohngebiet. Die neuere Forschung hat aber festgestellt, daß sie von deutschen Münzmeistern in deutschen Münzstätten geschlagen wurden. Wahrscheinlich hat man das Silber der Harzgruben dazu verwendet und sie in den norddeutschen Münzschmieden im Lande der alten Sachsen geprägt. Deshalb werden sie von der Wissen schaft als Sachsenpfennige bezeichnet. Daß man trotzdem im altslawischen Wohngebiet viel mehr davon findet als im eigentlichen Reichsgebiet, er klärt sich aus den dort herrschenden verschiedenartigen Währungsverhältnissen: In Deutschland wurden die Mün zen, wie heute noch, zu einem höheren als dem Metall werte ausgegeben,- sie hatten also einen Kurswert, der durch ein bestimmtes Münzbild garantiert wurde. Durch gelegentliche Einziehungen des umlaufenden Geldes such ten sich die Münzherren mit Erfolg zu bereichern,- deshalb verschwanden die älteren Gepräge aus dem Verkehr, um eingeschmolzen oder umgeprägt zu werden. Bei den alten Wenden dagegen hatte das Geld von Anfang an nur seinen Silberwert; man konnte deshalb mit veraltetem oder gar zerbrochenem Gelde genau so gut kaufen, wie mit dem allerneuesten. Die alten Münzen wurden nie aus dem Verkehr gezogen, liefen deshalb ununterbrochen unter dem Volke um und gelangten auch in ungleich größerer Menge als in ihrem Ursprungslande mit vergrabenen Schätzen unter die Erde, aus der man sie mitunter kiloweise aus gräbt. Auch die Oberlausitz weist einige Fundstellen von Wenöenpfennigen auf. Die beiden Hacksilberfunde von Meschwitz und „bei Bautzen" enthielten solche. Um 1890 berichtet die Salletsche Zeitschrift für Numismatik, daß man „vor 15 Jahren" bei Königshayn einen klei nen Fund machte, welcher „zum fünften Teil aus lfrüh- deutschen) Denaren, im übrigen aus Wenöenpfennigen der kleineren Art" bestand. An derselben Stelle berichtet der verstorbene Oberlausitzer Münzforscher Scheuner ein gehend über einen größeren bei Görlitz gemachten Fund der gleichen Art. Der böhmische Numismatiker Mader, der um 1800 wirkte und über Oberlausitzer Funde seiner Zeit gut unterrichtet ist, erwähnt, daß bet Löbau „eine gewaltige Menge solcher Pfennige" gefunden wurde. Es ist wahrscheinlich dieser Fund, deu der Altertumsforscher Preusker als bei Zöblitz gemacht meldet; er enthielt „Okelpfennige, nämlich alte, mit einem auf beiden Seiten reifenartig erhöhten Rande versehene, mit Kreuzen, Kugeln, Sternen usw. bezeichnete silberne Münzen von Sechsergröße". Wahrscheinlich ist diese Aufzählung, die auf allen erreichbaren Überlieferungen fußt, nicht vollständig; denn früher wanderten fast alle derartigen Dinge in den Schmelztiegel, und es ist noch gar nicht lange her, daß die Presse und ein aufgeklärtes Publikum solche Funde nach ihrem hohen heimatlichen Werte zu würdigen wissen. Übrigens wartet auf den Finder gerade solch alter Schätze von Wendenpfennigen mitunter eine angenehme Überraschung: Es kommt nämlich vor, daß sie außer den häufig beigemengten sogen. Otto-Adelheids-Denaren auch einzelne frühöeutsche Denare aus der Zeit der ältesten deutschen Kaiser, sogar solche Karls des Großen enthalten, und diese sind vielfach recht wertvoll. Ein Laie wird sie freilich nicht von den anderen unterscheiden können; das kann im allgemeinen nur der Fachmann. Deshalb lohnt es sich, wenn derartige Funde einem Sachverständigen vorgelegt werden, nicht zu gedenken des großen wissen schaftlichen Wertes, den jeder derartige Schatzfund für die Erforschung der Frühgeschichte unserer Heimat hat. DverüaufStzer andSIesrte v-fteN» «löst »»e ÄöerSausjtzer^^Hernratzeitung