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luftdichten Abschluß und durch den Druck verwandel^ ten sie sich in unsere bekannte Braunkohle. Jede Kohlenschicht loder Flöz) deutet auf eine solche ein geschwemmte Holzmasse. Die überwiegende Mehrzahl unse rer Zittauer Kohlenlager ist auf diese Weise entstanden. (Der Gelehrte nennt dies allochthone Entstehung) boden fremd, aus Treibholz.) An anderen Stellen aber ertranken allmählich die Uferbäume im steigenden Wasser. In einer Höhe von zwei bis drei Meter faulten sie ab. Die abgebrochenen Stämme und Zweige vermoderten und zerfielen, sofern sie sich nicht ganz in den Schlamm ein bohrten und später ebenfalls zu Kohle wurden. Die weit ausladenden Wurzeln verankerten den Sumpf selbst in dem nachgiebigen Moorboden. Tonschlamm hüllte ihn später ein. So wurde das Holz dort, wo es wuchs, zu Kohle (bodenständige — autochthone Bildung). Im Senftenberger Bezirk in der Niederlausitz sind solche aufrecht stehenden Stämme keine Selten-! Heiken. In unserer Südlausitz hat man sie eigentlich erst jetzt wirklich entdeckt oder richtiger — gewürdigt. Sie sind nichts Neues in der Tongrube von Hartau. Vor geraumer Zeit schon hat man hier drei ähnliche, aber klei nere Stämme gefunden und im Jahre 1923 sogar einen zutage gefördert, der sechs zweispännige Fuhren Braun kohle lieferte. Und dazu ist nunmehr der fünfte gekommen. Schon vor ein paar Jahren ist man auf ihn gestoßen. Im strengen Winter 1928/29 guckte er bereits ein wenig aus seiner Umhüllung und Ostern 1930 ragte er zwei Meter — bei sechs Meter Stammumfang — über seine Umgebung. Immer brennender wurde die Frage, wie tief er etwa noch htnabreiche. Bildet er bloß eine ungefüge, wurzellose Holzmasse? Auf was für Schichten sitzt er auf? Mitte Juli hat man nun den Baum-Koloß in seiner ganzen Größe freigelegt. Und da ergab sich das Wunderbare: Sein Fuß erweitert sich bedeutend nach unten und setzt sich in die — Wurzeln fort, die er, starken Planken gleich, auf der Sohle eines Flözes ausstreckt, das den Boden eines ehe maligen Braunkohlensumpfes darstellt. So haben wir den Beweis, daß der Riese hier an Ort und Stelle seines Wachsens untergegangen ist. Nirgends in weitem Umkreis dürfte es ein so ausgezeichnetes Beispiel für bodenständige Kohle nbildung geben. Ob der Baum einst 39 Meter, 40 Meter oder mehr an Höhe gemessen hat, ist unmöglich zu sagen. Ja, wir wissen noch nicht einmal, ob es sich um eine Sumpfs zypresse (Taxodium) handelt, deren Verwandte heute noch in den Altwässern des Mississippi gedeihen, oder um eine Sequoia, deren Nachkommen als Mammutbäume in Kalifornien leben und bis 140 Meter hoch werden. Jahrmillionen hat dieser Baumstamm von Hartau in der Hülle von Tonschlamm und Sand gesteckt und dadurch seine Frische bewahrt. Wenige Jahrzehnte genügen, und er wird selbst bei bester Pflege zerfallen. Ihn im Museum unterzubringen, ist bei dem Ausmaß und dem Gewicht von mindestens 100 Zentner nicht gut möglich. Ihn in den Anlagen aufzustellen, hieße einen Anreiz schaf fen für Leute, die auf billige und bequeme Weise zu Heiz material kommen wollen. Im Freien leidet der Stamm mehr noch unter der Hitze und Trockenheit als unter Frost. Das Holz wird rissig und blättert ab. Man kann den Riesen nicht, wie kleinere Stücke, mit Wasserglas oder Leim durchtränken oder in eiserne Reifen schnüren. Notdürftigen Schutz gegen die Unbilden der Witterung wird ihm höchstens ein Dach oder Häuschen gewähren, das im Winter zugesetzt wird. Aber auch dies kann seinen Ver fall bloß verlangsamen, doch nicht verhindern. Daß dieser Stamm nicht schon dem Abbau zum Opfer gefallen ist, verdanken wir dem Pächter der (den Säch sischen Werken gehörigen) Grube, Herrn Görling, Eichgraben, und Herrn Ziegelmeister Neu mann, die in verständnisvoller Weise alles tun werden, um dies einzigartige Naturdenkmal noch lange der Nach welt zu überliefern, und nicht die Unbequemlichkeit scheuen, die eine mit dem Stamm stehenbleibenbe Insel nun ein mal im Betriebe verursacht. Mehr noch hat uns die Hartauer Tongrube in wun derbarer Weise aufbewahrt: Schätze von unbezahl barem Werte. In der Grube selbst und auf dem Ab°i raum entdecken wir bald eine Menge brotlaibartiger roter und brauner Steine. Schwer sind sie, „es mag Eisen darin sein". Und tatsächlich ist es von Eisenlösungen durchtränk ter Tonschlamm, der zu den Knollen von Toneisen- stein zusammengebacken und verhärtet ist. Zentnerschwer wiegen einzelne Blöcke. Sie bergen manch tiefes Geheim nis. Aber der Hammer des Geologen sprengt die Truhe, diese Schatzkammer. Nicht Edelsteine sind darin. Es ist, als ob wir ein altes, verklebtes und vergilbtes Herbarium öffneten. Blätter liegen darin, zarte Zweige, Früchte und Knospen. Oft ein ganz überraschender Anblick! Wir haben sie fast alle geborgen und im Heimatmuseum auf gestellt. Nun konnten wir sie vergleichen und in müh-? samer Ferienarbeit zum größten Teil entziffern. Die Bautzner und die Görlitzer Museen enthalten nichts Ähn liches. In der Hauptsache mußten wir uns auf das Senften berger Material stützen, das im Zwinger in Dresden und in den Sammlungen der geologischen Landesanstalt in Berlin gespeichert ist. Viele hundert Kästen habe ich hier durchstöbert. Aber auch da lagern noch große Mengen un bestimmter Funde. Schließlich ergaben auch die Teplitzer und Prager Museen manch wertvollen Aufschluß. Trotzdem wäre die Bestimmung vieler Stücke unmöglich gewesen ohne die umfangreichen Arbeiten von Menzel und Kräusel in den Abhandlungen (1906) und den Jahrbüchern (1917, 1918) der preußischen geologischen Landesanstalt in Ber lin. Auch ältere Literatur von Engelhardt (1870) und Göp- pert (1856) wurde herangezogen, dazu die reichen Herbarien des Johanneums, frisches Material und zahllose Abbil dungen. — Den größten Anteil beim Aufsuchen, Bergen und Bestimmen der Hartauer Funde haben zwei Herren, die sich schon vor Gründung des Heimatmuseums in un eigennütziger Weise in den Dienst der Heimatforschung stellten: die Herren O. Mießler, Zittau, und I. Sitte, Grottau. Ohne hier meiner bald beendeten wissenschaftlichen Be arbeitung der Funde vorzugreifen, können doch schon einige wichtige Aufschlüsse gegeben werden. Über den ver schütteten Mooren und Wäldern der Braunkohlenzeit bil deten sich an mehreren Stellen in unserem großen Zit tauer Becken offenbar kleinere seichte stehende Gewässer, in denen sich, wie in früheren Zeiten, ein toniger Schlamm niederschlug. Dahinein fiel eine Un menge Blätter, be nadelte Zweige, Stengel- teile, Früchte, Gräser. Vielleicht wuchsen sie un mittelbar am Ufer. Von weither können sie nicht hinein-? geschwemmt worden sein, denn sonst wären sie nicht so wunderbar erhalten. Auch sie wurden nämlich — unter dem luftdichten Abschluß — zu Kohle. Doch infolge ihrer zarten Natur gaben sie bloß einen hauchdünnen kohligen Beschlag, der sich mitunter abwischen läßt, aber die Nerva tur (die zum Bestimmen äußerst wichtig ist) oft in klarster Weise zeigt. Eisenhaltige Lösungen haben den Tonschlamm später durchtränkt, überkrustet und verhärtet. Die unter den Toneisenknollen liegenden Kohlen entzündeten sich an vielen Stellen (bei uns eine allgemein verbreitete Erschei nung), brannten oder fritteten die Tone. Daher auch die ziegelrote Färbung. Größere in den Ton eingebettete Holzstücke wurden dabei zu Holzkohle gebrannt, ein Vor gang, den Herr Kaiser auch künstlich nachgeahmt hat. Hier durch sickerten und sackten die Massen zusammen,' es kam zu Verbiegungen und Rutschungen, die prachtvolle, me-» taktisch glänzende Harnische; exzeugten. Durch Austrocknung und Frittung schrumpfte der Ton einzelner