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Aus der älteren Vergangenheit des Srtes Semltz-Mmitz. Der infolge seiner umfangreichen Steinindustrie in er freulicher Weise aufblühende Doppelort Demitz-Thumitz bestand in früheren Zeiten aus zwei bedeutungslosen Wendendörfchen. Nach einer Aufzeichnung vom Jahre 1840 besaß Demitz damals ein Erbgericht, zwei Mühlen, eine Schenke, neun Bauern, sechs Gärtner und 22 Häus ler mit zusammen 140 Bewohnern. Das benachbarte Thu- mitz zählte zu jener Zeit ein Rittergut, einen Gasthof, eine Schenke, eine Mahlmühle, eine Schmiede, neun Gartennahrungen und 16 Häusler mit insgesamt 146 Seelen. Gegenwärtig weisen beide Ortsteile das Vielfache ihrer ehemaligen Häuser- und Bewohnerzahl auf. Als im Juni 1846 die Bahnstrecke Dresden—Bautzen eröffnet wurde, erhielt Demitz noch keine Haltestelle, erst später ist hier eine solche errichtet worden. Bis dahin mußten die Demitzer den Bahnhof Bischofswerda zur Eisenbahn beförderung benutzen. Die das tief eingeschnittene Dorf tal überspannende 230 in lange und 18 rn hohe Eisenbahn brücke wurde 1845/46 mit einem Kostenaufwand von 116 006 Talern erbaut.'Gegen 566 Menschen haben an diesem Bau werk gearbeitet. Da der Grund des vom Schwarzwasser durchflossenen Tales sich als sehr sumpfig erwies, mußte ein Pfahlrost angelegt werden. Sechs Ellen tief hatte man, wie ein Zeitgenosse berichtet, die Grundlöcher gegraben, und trotzdem konnte man die Baumstämme bis 13 Ellen in die Erde treiben. An 6666 solcher Bäume mußten mit Ma schinen, an denen je 34 Menschen arbeiteten, und die mit Ablösung Tag und Nacht tätig waren, in die Erde gebracht werden, bevor an die Grundsteinlegung gedacht werden konnte. An 26 066 Taler hat allein diese Arbeit ver schlungen. Die Steine zum Brückenbau lieferte in der Hauptsache der nahe Klosterberg. Im Frühling 1846 war das Riesenwerk vollendet. Die Dörfer Demitz-Thumitz sind sicher wendischen Ur sprungs, Namen und Dorfanlage weisen deutlich daraus hin.' Der Slawist Kühnel führt die Bezeichnung Dewitz auf einen Personennamen „Dma, Dtma, Dema" zurück, dessen Träger vielleicht als Ortsbegründer zu gelten hat. Bei Thumitz verhält es sich ähnlich. Dieses Wort soll auf den Personennamen „Tumo" zurückgehen, und zwar in der Bedeutung „Leute des Tuma (Tumo)". Fast ausschließ lich slawisch sind demzufolge auch die Flurnamen beider Orte. Obwohl wir über die Entstehungszeit derselben keine bestimmten Anhaltspunkte haben, dürfen wir vielleicht ver muten, daß ihre Gründung im 6. oder 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erfolgt ist. Eine bestimmte urkundliche Kunde von ihrem Dasein erhalten wir erst in den Jahren 1356 und 1413. In Thu mitz (Villa Tumicz, d. h. Dorf Thumitz) bestätigte Kaiser Karl IV. am 16. Februar 1356 dem Meißner Domkapitel Sen Besitz gewisser Einkünfte. Wir dürfen wohl annehmen, wie dies ja auch von anderer Seite geschieht, daß das ge nannte Dorf, wie das nahegelegene Demitz, ursprünglich der bischöflich-meißnischen Oberhoheit unterstand. 1413 schenkte „Herr Fritsche v. Schönburg ans Hassenstein fErzg.) Demitz dem Kloster Marienstern bei Kamenz". Laut der im Klosterarchiv aufbewahrten Urkunde vom St.-Ambro- stüs-Tage (14. April) erwähnten Jahres verzichtet er ans all sein Recht, Lehn und Ansprüche, die er an den Dörfern Demitz und Spittwitz und dem Wald dabei besessen, zu gunsten der „Aebtissin Sophie von Leisnig und des Kon vents des Klosters Marienstern". Unter dem Wald ist der heutige Klosterberg zu verstehen; mit dieser Bezeichnung tritt er auch in späteren Schriftstücken auf. Den Namen .Klosterberg" haben wir erst im Jahre 1846 schriftlich be stätigt gesunden. Jener Schenkgcber entstammt einem Adelsgeschlecht, das bereits iw 13. Jahrhundert die Bern städter Pflege als „Lehen" der Meißner Bischöfe und dar auf zu „Erb" und „Eigen" besaß. Aber nicht lange sollte sich das Kloster dieses neuen Besitzes freuen. Durch den bald ausbrechenden Hussitenkrieg geriet es in große Not und Bedrängnis, so daß es eine Anzahl Güter zum Teil ganz und teilweise ans „Wiederkauf" veräußern mußte. Das letztere geschah auch mit Demitz und dem Wald da bei. Ob dies 1433 erfolgte, wie manche wissen wollen, ist wohl nicht feststehend. 1462 kaufte die „Aebtissin Barbara v. Nostiz" von „Nicolaus v. Naußlitz" das Klosterüorf Spittwitz und den „Wald zu Demitz für 176 Mark Gro schen" wieder zurück. Bei dieser Kaufsumme ist der „De mitzer Wald" (Klosterberg) für 76 Groschen gerechnet. Unweit unseres Dorfes, bei dem Örtchen Kessel (dem heutigen Kynitzsch), ereignete sich auf der dieses Dorf be rührenden alten Handelsstraße am 22. Februar 1475 ein räuberischer Überfall einer Anzahl böhmischer Stegreif ritter auf einen Nürnberger Kaufmannszug, wobei den Raubgesellen reiche Beute in die Hände fiel. Die Be mühungen der sächsischen Regierung betreffs Wieder erlangung des geraubten Gutes und Bestrafung der Schul digen hatten nur geringen Erfolg. Das Dorf Thumitz war in der Folgezeit in die Hände der Besitzer von Nothnaußlitz übergegangen, es gelangte 1564 an „Hans von Rechenberg", der 1592 als zu „Oppach" gesessen genannt wird. Das Herrenhaus des Thumitzer Rittergutes ist (nach Gurlitt) ein „Bau von rechteckiger Grundrißanlage mit größerem Mittelflur, der nach vorn durch einen vor gebauten Turm erweitert und gut belichtet w?rd„ Das Äußere ist einfach, aber in hohem Grade malerisch und reizvoll." Das Obergeschoß wird von einem großangelegten Mansardendach gebildet. Der Turm mit etwas höher gelegtem Hauptgesims wird von einer ansprechenden Haube gekrönt. Wir haben in dem Gebäude eine barocke Anlage vor uns, die wohl 1813 erneuert worden ist. Am Turm sind zwei Sandsteinplatten von 1769 und 1724 vermauert, welche die Wappen früherer Besitzer tragen. Im Garten des Herrenhauses (hinter dem großen Stallgebäude) steht ein schlichtes Sandsteindenkmal, das auf einer Sandstein platte eine abgebrochene Säule mit Inschrift tragt. Es gilt einem Hauptmann (Wilhelm Waldeck) im ehemaligen westfälischen Heere, der hier am 23. September 1813 in einem Gefecht fiel. Das Denkmal wurde von seiner Mutter im Jahre 1825 gesetzt. Dem Berichte eines 1896 in Thumitz noch lebenden Augenzeugen mögen die folgenden Einzel heiten aus der Geschichte jener Tage entnommen sein. Napoleon hatte in Schlesien immer mehr Mißerfolge zu verzeichnen und seine Herrschaft erschien dort als be endet, nachdem auch die letzten französischen Truppen den Boden dieses Landes verlassen hatten und nach Sachsen gedrängt worden waren. Blücher rückte mit der verbünde ten russisch-preußischen Armee immer weiter nach Bautzen vor, und einzelne Heeresabteilungen erschienen bereits in der Gegend von Pulsnitz und Bischofswerda. In der Nähe von Neustadt standen die Österreicher, und die Verbündeten zeigten die Absicht, Napoleon in seinem Hauptquartier in Großharthau anzugreifen und einzuschließen, um ihn so in ihre Gewalt zu bekommen. Diesen Plan hatte er aber durchschaut; auch sollen ihm die in Aussicht genommenen Bewegungen der Verbündeten bekannt geworden sein, wes halb er sich genötigt sah, selbst die Österreicher unter der Führung des Generals Neipperg vom 5. Armeekorps, das Lauriston befehligte, angreifen zu lassen. Dies geschah an dem erwähnten 23. September. Die Österreicher zogen sich nunmehr in größter Ordnung nach Böhmen zurück. Zu derselben Zeit sollten auch die Russen, die zwischen Roth- naußlitz und Thumitz ein großes Lager bezogen hatten, angegriffen und zurückgedrängt werden. Es waren West falen, die zuerst in Demitz und Thumitz erschienen, das an zugreifende Lager jedoch bereits verlassen fanden. Die ge-