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bau zuzukommen. Sehr oft kommen Leute in derartig ner vösem und seelisch aufgeregtem Zustande in das Heim, die das gemeinsame Zusammenleben mit den anderen nicht aushalten können und deshalb wieder weglaufen. Auch solche, die einst bessere Tage sahen, bezw. eine bessere Bil dung genossen haben, leiden unter den anderen, oft sehr, sehr tiefstehenden Insassen außerordentlich. Dem Heim fehlten ferner eine heizbare Badeetnrich- tung und Warmwasserheizung im Hause und jeglicher Keller. Es besitzt also für den Winter keine frostfreien Räume zur Lagerung von Kartoffeln, Gemüse und Rüben, und im Sommer keine geeigneten Kühlräume. Für dieses unbedingt nötige Bauprojekt ist nun ver sucht worden, das Arbeits- und Wohlfahrtsministerium als Landesfürsvrgeverband zu gewinnen, da bei der dauernd starken Inanspruchnahme des Wanderarmenheims von den Wanderarmen, die sich freiwillig zur Aufnahme melden, dort erwiesen ist, wie dringend notwendig der Bestand und die Weitererhaltung des Heimes ist. Die Bezirksfür sorgeverbände dürften bei dem starken Zudrang nach dem Wanderarmenheim kaum in der Lage sein, die Zuflucht suchenden Personen in ihren Anstalten unterzubringen. Vom Arbeits- und Wohlfahrtsministerium sind zu dem vorgesehenen Um- und Erweiterungsbau eine namhafte Beihilfe und ein Darlehen gewährt worden. Durch günstige Witterung und tatkräftige Arbeit der bauausführenden Firma ist es gelungen, den Bau, der Anfang November vorigen Jahres begonnen hat, Ende November schon bis zum Dachstuhl auszuführen, sodaß zu diesem Zeitpunkte das Richtfest in Form eines Schlacht festes stattfinden konnte, wobei es ohne Alkohol fröhlich zuging. Auch während des Aufenthaltes im Wanderarmen heim war den Leuten der Bauausführenden jeglicher Alko- holgcnuß untersagt, damit auch von dieser Richtung her die Heimlinge vor Trunksucht bewahrt geblieben sind. Beim Erscheinen des vorliegenden Berichtes ist die end gültige Fertigstellung der Arbeiten durchgeführt. Die Räume machen einen durchaus anheimelnden Eindruck. Vor allem ist jetzt ein weiträumiges Schaffen der Heim insassen gewährleistet. Beschäftigung der Heimlinge Beschäftigt werden die Heimlinge zum Teil in der ge pachteten Landwirtschaft, andere, die dafür zu alt oder un geeignet sind, mit Heimindustrie. Es wurde beobachtet, daß im Allgemeinen die älteren Leute am willigsten und zu verlässigsten sind. Um den Charakter und das Wohlbefinden des Heimes zu verbessern, mehr Sauberkeit und Ordnung zu schaffen, wird den Heimlingen Kleidung und Wäsche in vollem Um fange leihweise vom Heim überlassen, sodaß sie nur noch Heimkleidung (die der bürgerlichen Kleidung entspricht), Schuhwerk und Wäsche tragen, die beim Abgang wieder abgegeben werden. Das bedeutet freilich eine vermehrte Beschaffung, Pflege und Aufsicht, es schafft aber bei den Leichtfertigen mehr Ordnung und den Gebrechlichen Be ruhigung und Wohlbefinden. Des weiteren wird vor allem die Verbreitung von Ungeziefer und Seuchen verhindert. Neben der Land- und Viehwirtschaft, die sich im all gemeinen günstig entwickelt haben, finden die Heimlinge weitere Beschäftigung in den Heimwerkstätten (Tischlerei und Schlosserei). Auch einige Flechtarbeiten, wie Fuß- und Scheuerdeckel und Stühleflechten werden gemacht. Die Schuhmacher reparieren das Schuhwerk, die Schneider helfen die Wäsche, besonders die Strümpfe und Arbeits anzüge, auszubessern. Der Sinn des Wanderarmenheimes liegt jedoch nicht darin, eine billige Wirtschaftsführung zu erzielen, son dern die Wanderer von der Straße wegzubringen, weil sie sonst selbst kriminell oder ein Objekt für Verbrechen werden. Nicht nur nutzbringende Arbeitstage, sondern auch frohe Erholungs- und Unterhaltungsabende kennt das Heim. Neben den täglichen freiwilligen Morgen- und Abendandachten und der Gottesdienste Sonntags werden im Laufe des Jahres Familienabende abgehalten, wobei durch Gesänge, Deklamationen, Ansprachen, Lichtbilder vorträge und Aufführungen manches düstere Gemüt auf geheitert wird. Auch durch den Einbau einer Radioanlage soll den Heimlingen das Leben so angenehm wie möglich gemacht werden. Das schönste Fest aber bleibt das Weih nachtsfest, wo die Insassen ebenfalls festlich bewirtet und beschenkt werden. Tie Heimverwaltung hat oftmals die größten Schwie rigkeiten mit den Heimlingen, die sich vor ihrem Eintritt in Obercunnersdorf einem überlegenen Alkoholgenuß hin gegeben haben. Viele von ihnen, sonst willig und geschickt, vertragen kein Geld und keine Freiheit (Ausgang). Und doch darf ihnen das, da sie nicht entmündigt sind, nicht vorenthalten werden. Der Verwaltung bleibt nur Ermah nung, und falls das nicht fruchtet, die Entlassung zur Ab wehr. — Bei der großen Zahl der Insassen und Zugänge sind das unerfreuliche Erscheinungen, und es würde das Schnapsverbot, nötigenfalls Entmündigung, die beste Ab hilfe und Erziehung sein. Die Tatsache aber, daß so viele Heimlinge durch ihre Aufnahme in Obercunnersdorf vor weiterem wirtschaft lichen und moralischen Sinken bewahrt wurden, vielen ein Vorwärtskommen ermöglicht und besonders den Alten und Heimatlosen hier eine Zuflucht und Heimat geboten wer den kann, läßt Sie Heimverwaltung weiter ihre schwere Aufgabe erfüllen. Aus den Keimlllveremen. GebirMmin Aons-ors-SälMmühe. Der Verein hielt am Dienstag, dem 16. Dezember, im Gasthaus „Zum Schweizertal" eine Vorstands sitzung ab. Vor Eintritt in die Tagesordnung wurde der verstorbenen zwei Vereinsmitgliedcr Louis Richter und Karl Hoffmann durch Erheben von den Plätzen ge dacht. Die Gesellschaft für Volksbildung, deren Mitglied der Verein ist, hat dem Verein eine große Anzahl Druck sachen für das Vortragswescn zur Verfügung gestellt, wo von Kenntnis genommen wird. Weiter lag das Winter programm des Humboldtvereins Seifhennersdorf, der Jahresbericht des Vereins „Glvbus"-Zittau, das Vor tragsprogramm des Vereins „Saxonia"-Grvßschönau und die monatlichen Mitteilungen des Sachsenvereins in Ber lin vor. Der Vortrag über „Die Grönlandexpedition" von Professor Dr. Grotewahl soll am 23. Februar in der „Dammschenke" öffentlich stattfinden. Die Beihilfe für das Vortragsprogramm ist vom Verband „Lusatia" eingegan-- gen. Die Bezugspreisfrage für die „Oberlausitzer Heimat zeitung" soll erneut geklärt werden, da verschiedene Diffe renzen entstanden sind. Bei der am 24. September statt gefundenen Gefallenenehrung hat sich der Verein beteiligt. Die Vorträge der Reichszentrale für Heimatdienst finden am 10. und 11. Januar im „Kretscham" statt. Die Vereins mitglieder werden nicht besonders eingeladen, da sämtliche Haushaltungen eine Einladung zugestellt erhalten. Von verschiedenen Angeboten und Einladungen wurde Kennt nis genommen. Bei der Amtshauptmannschaft soll um Verlängerung der Genehmigung zur Aufstellung der Ver eins-Sammelbüchsen nachgesucht werden. Ein Mitglied hat sich abgemeldet. Über das Ergebnis der Sammelbüchsen leerung berichtete der Sammelbüchsenwart Karl Zimmer mann. Die wirtschaftlichen schlechten Verhältnisse treten bei diesem Ergebnis deutlich zutage, im Vergleich zum Vor jahre. Der Kassierer Wilhelm Lehmann berichtete über den Stand der Kassenverhältnisse, wovon mit Befriedigung