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-Nr. 1 Gberlaufltzer Helmatzettung Über die zahlenmäßige Häufigkeit der Großen Rohr dommel in der Oberlausitzer Niederung habe ich mir 1926 ein möglichst zuverlässiges Bild zu verschaffen versucht. In einem 280 Quadratkilometer großen Gebiet konnten 26 regelmäßig rufende Männchen verzeichnet werden, wobei noch die Wahrscheinlichkeit besteht, daß nicht alle Vögel er faßt worden sind. Soweit ich das Schrifttum übersehen und mir aus ihm ein Bild machen kann, gehört unsere Oberlausitz zu den heute noch am dichtesten besiedelten Landschaften in Deutschland. Das ist aber nicht immer so gewesen: ich habe in einer Arbeit in der von der Deut schen Ornithologischen Gesellschaft herausgegebenen „Har- tert-Festschrift" sJourn. f. Ornithologie 77, Ergänzungs band 1929, S. 248—266) Nachweisen können, daß unser Vogel hier in früheren Jahren weit spärlicher vorgekom men ist. Die erfreuliche Zunahme geht in erster Linie wohl auf den verständnisvollen Schutz zurück, den die Rohr dommel in der Oberlausitzer Niederung ganz allgemein genießt. Die Zwergrohrdommel, um zunächst wieder auf diese zurückzukommen, ist ein ausgesprochener Zugvogel, der kaum vor Mitte oder gar Ende April an seine Brutstätten zurückkehrt. Die genaue Ankunftszeit ist schwer festzustel- lcn; der Vogel sucht sofort die dichtesten Rohrbestände auf, die er nur selten verläßt und aus denen heraus er erst einige Zeit nach seiner Ankunft seine wenig auffallenden, an die Stimmen mancher Froschlurche erinnernden und meistens auch in deren lauten Konzerten untcrgehenden Rufe „Wrurr—wrurr" ertönen läßt. Zwischen ihrer Rück kehr und dem Brutbeginn läßt die Zwergrohrdommel einige Zeit verstreichen, die ersten Gelege in den sperrig gebauten, nie zu verkennenden Nestern findet man Ende Mai, häufiger in den ersten Junitagen, später aber auch noch bis weit in die zweite Julihälfte hin'ein. Aus dieser ziemlich lang ausgedehnten Brutzeit haben einzelne Be obachter auf zwei Bruten des Bogels im Jahre geschlossen, während ein anderer Vogelkundiger auf Grund von Be obachtungen im Frankfurter Ostpark das Vorkommen in einandergeschachtelter Bruten vermutet, d. h. daß das Weibchen bereits wieder auf einem neuen Gelege in einem zweiten Nest zu einer Zeit brütet, in der die Jungen des ersten Nestes noch gar nicht flügge sind. In einer eigenen Arbeit über das Brutgeschäft der Zwergrohrdommel in den „Mitteilungen des Vereins sächs. Ornithologen" sBd. 2, 1927/29, S. 228—232) habe ich mich zu dieser Vermutung zunächst noch abwartend verhalten, halte sie aber heute auf Grund neuerer Beobachtungen für ziemlich sicher. Nach dem Altmeister der Vogelkunde, dem trefflichen Naumann, sind gleichalterige Zwergrohrdommeln auf ihr Geschlecht hin äußerlich nicht zu unterscheiden. Diese An gabe haben, wohl immer auf Naumann fußend, dann auch alle späteren Schriftsteller übernommen, sie kehrt bis auf die neueste Zeit in unfern Naturgeschichtswerken wieder. Heute wissen wir, daß sie nicht stimmt; Männchen und Weibchen der Zmergrohrdommel sind sogar recht gut unter schieden und gar nicht miteinander zu verwechseln. Um gekehrt schreibt Naumann aber auch wieder, daß am Brut geschäft beide Vögel teil haben. Damit hat er auch Recht; nach meinen Feststellungen an einer ziemlich großen An zahl von Nestern — ich glaube kaum, daß ein zweiter Vogelkundiger jemals an ebensovielen Nestern unseres Vogels beobachtet hat, wie es mir möglich gewesen ist — kommt der männlichen Zwergrohrdommel sogar ein ganz erheblicher Anteil am Brutgeschäft zu. Zum Beginn der Brutzeit sitzt im allgemeinen noch das Weibchen am häu figsten über den Eiern, später tritt — zum mindesten in sehr vielen Fällen — immer mehr das Männchen an Stelle dessen, das mau in der Regel auch viel häufiger die Jungen Hubern und schirmen steht. Ja, ich habe 1929 an einem Neste angesessen, an dem ich nach dem Ausfallen der Jun gen das Weibchen fast gar nicht mehr beobachtet habe, ein Umstand, der sehr für die ineinanöergeschachtelten Bruten spricht, das Weibchen Hätte dann eben schon wieder sein 2. Gelege bebrütet. Auf sie deutet zwingend auch noch eine sehr wertvolle photographische Aufnahme der beiden jungen Bautzener Vogelkundigen W. Scholze und G. Liebmann hin, die eine auf dem Neste zu einer Zeit erfolgende Begat tung der Zwergrohrdommel festgehalten haben, in der die Jungen unmittelbar vor dem Ausschlüpfen standen; ein auf der Aufnahme gut sichtbares Ei ist bereits angepickt. Wesentlich anders als wie bei der Kleinen spielt sich das Fortpflanzungsleben bei der Großen Rohrdommel ab. Sie kehrt, wenn sie im Herbst abgezogen war und nicht überwintert haben sollte, ziemlich früh wieder an ihre Brutstätten zurück und beginnt daher auch erheblich früher mit dem Brutgeschäft. Bereits Ende April oder in den ersten Maitagen findet man ihre voll belegten Nester; in nur einem einzigen Falle habe ich die Eiablage lwahr- scheinlich in einem Nachgelege) erst im Juni beobachtet. Über den Anteil des Männchens am Brutgeschäft waren wir bisher recht wenig unterrichtet. Naumann sagt, daß das Brüten allein vom Weibchen besorgt wird, daß das Männchen es dabei aber mit Futter versieht und daß die Jungen von der Mutter unter Beihilfe des Vaters ge füttert werden. Auf den alten Naumannschen Angaben fußen im wesentlichen auch alle späteren, in die Natur- geschichtswerke übergegangenen Mitteilungen. Nun stehen der Naumannschen Angabe aber die schon um 1900 ron Sem sehr sorgfältig beobachtenden, später auf einer For schungsreise in Baffinland verstorbenen Dresdner Orni thologen Bernhard Hantzsch in der Oberlausitz gemachten Feststellungen gegenüber, die auch eigene und fremde Be obachtungen in den gleichen Gebieten von neuem bestätig ten. Nämlich die Tatsache, daß die dauernd eingehaltenen Standplätze der rufenden Männchen sich nie in unmittel barster Nestnähe, sondern oft bis zu 500 in und noch dar über vom Neststandort entfernt, häufig sogar in einem ganz anderen Teiche sich befinden. Trotz vielstundenlangen Ausharrens zu jeder Tages- und Nachtzeit an den Plätzen rufender Männchen habe ich bisher auch noch nie einen Anhalt dafür gewinnen können, daß die Männchen zwischen diesen und den Neststandorten hin und her wechselten, etwa, um den brütenden Weibchen oder den Jungen Futter zuzutragen. Nun werfen meine Feststellungen der beiden letzten Jahre noch ein ganz überraschenderes Licht auf diese Krage. 1929 konnte ich im Königswartha —Caminauer Tetchgebiet auf drei rufende Männchen, die ich vom April bis Mitte Juli fast Tag für Tag verhören konnte, fünf belegte Nester feststellen und fand zu diesen im vergange nen Frühjahr noch zwei weitere, die nur aus dem Vor jahre stammen konnten und deren Vorhandensein ich 1929 auch schon vermutet hatte, so daß danach auf drei rufende Männchen sieben gebrütete Weibchen entfallen würden. 1930 stellte ich im gleichen Gebiet zu sieben rufenden Männchen sieben belegte Nester fest, vermutete aber noch ein oder zwei weitere, deren Auffindung mir jedoch nicht gelang. Das Auffallende bei diesen Nestfunden ist noch, daß in der Regel zwei, in einem Falle sogar drei belegte Nester dicht nebeneinander standen und daß dabei die Jungen des einen solcher benachbarter Nester im Alter immer auf die des anderen Nestes folgten. Diese Feststellungen aber lassen nur die Annahme zu, daß die Männchen der Großen Rohr dommel der Polygamie huldigen; eine für einen Reiher vogel völlig neue und überraschende Tatsache! Aus ihr würde sich dann aber zwanglos auch das anschci.- eud ge ringe oder überhaupt nicht vorhandene Int .^se der männlichen Rohrdommel für ihre Nachkommens saft er klären. Hier seien schließlich auch noch einige Beno tungen über die bekannten Rufe unseres Bogels angef jenes