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Gberlausitzer He!matzs!tung Nr.1 kunüt vnd zu wißen thuen / daß bemeldte persohn nit zu bestrafen sondern sofort aus der Haft entlaßen werden soll / Daran geschieht Vnsere Meinung Datum Dreßden / den 7. Octobris 1687. An Heinrich von Friesen / H. Michael Baudamus, G. Fischer, der Rechte Doctor zu Lobaw. Nach Verlesung des kurfürstlichen Schreibens herrschte in dem weiten Raume minutenlanges Schwsigen, dann wurden in der leicht wandelbaren Menge der Zuhörer, die zumeist dem Handwerkerstände angehörten, mühsam zurück gehaltene Veifallsbezcugungen laut. Der hochwohllöbliche E. E. Rat, insbesondere der gestrenge Herr Stadtrichter, bot das Bild äußerster Verlegenheit, die es aber am mei sten anging, die arme, alte Donathin saß teilnahmslos dort. Sie schien es in ihrem apathischen Zustande gar nicht gefaßt zu haben, was der kurfürstliche Schreiber besagte. Langsam erhob sich der Herr Stadtrichter von seinem Stuhle und sagte etwas gepreßt zum Fronboten: „Brin get die Donathin in ihr Haus, ich gebe hiermit das hohe notpeinliche Halsgerichte auf." Bald hatte sich die Menge der Neugierigen verlaufen, nur der E. E. Rat verweilte noch eine Zeitlang im Weinkeller, um seiner Verwunde rung über die unerwartete Gnadenbezeugung des Kur fürsten in zum teil sehr erregten Worten zum Ausdruck zu bringen. Nachwort Häberlein empfand über die Freilassung der alten Donathin unnennbare Freude. Es war wohl seine letzte, die er auf Erden gehabt; denn bald darauf verfiel er wie der in Trübsinn. Er verrichtete nach wie vor seine Stuhl schreiberdienste. Das Einkommen dafür wäre für ihn und seine Mutter nicht ausreichend gewesen, wenn ihm nicht von Zeit zu Zeit die Bürgermeisterstochter, die ein halbes Jahr später einen reichen Kauf- und Handelsherrn zu Löbau heiratete, namhafte Geldgeschenke hätte, zuteil wer den lassen. Häberlein hat es nie erfahren, woher die Unterstützung kam. Die Geberin wollte es nicht. In die Wetzschkemühle ging er nicht mehr. Lisel reichte ihre Hand, dem Willen des Vaters folgend, einem wackeren Mühl knappen, der sodann die Mühle übernahm. Noch einmal schien es, als ob dem bedauernswerten Häberlein die Freudensonne leuchten sollte. Am 6. Juni 1665 erließ der Kurfürst Johann Georg II. eine Verfügung an den Stadt rat wegen Errichtung eines Bergwerks (geschichtlich). „Nun endlich," sagte Häberlein zu sich; denn seiner ver storbenen Mutter konnte er es nicht mehr sagen, „kommt das Glück, nun kann ich noch reich werden, nachdem ich in der Liebe so arm geblieben bin, und brauch nicht mehr ein geringer Stuhlschreiber zu sein." Kurz war die Freude. Es wurden Gutachten von Freiberg über das ausgefun dene Erz eingeholt, allein das Ergebnis war ein durchaus unbefriedigendes, weshalb der Bergbau unterblieb und das Bergwerk wieder zugeschüttet wurde (geschichtlich). Von da ab verfiel Häberlein in völlige Schwermut. Er war nicht mehr imstande, die Stuhlschreiberarbeit zu ver richten und kam auf Verwenden der einstmaligen Bürger meisterstochter ins Spittel. Das hatte er seinem Briefe zu danken. Dort saß er in seinem Stübchen oft stunden lang vor Annas Schuhen, die ihm die alte Donathin ge geben, als er sie kurz nach ihrer Freilassung besucht, und murmelte, indem er früherer Zeiten gedachte: „Nur ein Stuhlschreiber." Eines Morgens fand man ihn tot davor sitzend. Sein Grab war schlicht. Und doch zierte es der eingangs der Erzählung erwähnte Leichenstein. Er war das letzte Liebeszeichen von Anna; denn lieb hatte sie ihn gehabt. Warum war er nur ein Stuhlschreiber? Beiträge zur Kenntnis der Lausitzer Svgelwelt. Von RUd. Zimmermann, Dresden I. Unsere beiden Rohrdommeln Zu den interessantesten Bewohnern der teichretchen Oberlausitzer Niederung gehören die beiden Nöhrdommeln: die Große und die Zwetgröhröommel. Seit 1923 habe Ich alljährlich eine recht erhebliche Zeit und auch manche Mühen auf ihr Studium verwendet; wie ich glaube, be haupten zu dürfen, auch nicht ganz ohne Erfolg. Obwohl wir über die Verbreitung der beiden Vögel in Sachsen leidlich gut unterrichtet waren, so bewegten sich doch die Angaben über ihre zahlenmäßige Häufigkeit in recht wei ten Grenzen. Ebenso waren unsere Kenntnisse über die Lebensweise der so verborgen lebenden und daher schwer zu beobachtenden Tiere und besonders die über ihr Fort pflanzungsleben überaus lückenhaft und nicht frei von Zweifellosen Irrtümern. Wenn es mir gelungen ist, Irr tümer zu berichtigen und manche der vorhandenen Lücken auszufüllen, so sind wir über Vieles im Wesen dieser Vögel doch auch jetzt noch nicht mit der wünschenswerten Klarheit unterrichtet, ja, dürfen sogar behaupten, daß die zunehmende Kenntnis der Rohrdommeln uns zugleich auch wieder vor neue, große Rätsel gestellt hat. Die Rohrdommeln sind auf das Wasser angewiesen und als ausgesprochene Rohrbewohner in Sachsen daher auf das nördliche, teichreiche Flachland beschränkt. Die Kleine oder Zwergrohrdommel verbreitet sich, sofern die Bedingungen für ihr Vorkommen, in erster Linie Schils- und Rohrtciche, gegeben sind, in fast lückenloser Weise vom äußersten Nordwest- bis nach Nvrdostsachsen, erreicht aber im teichreichercn Nordvstsachsen eine erheblich grö ßere Häufigkeit als im teichärmeren Westen. Ihr Vor kommen in Sachsen hat 1924 P. Weißmantel in den „Mit teilungen des Vereins sächs. Ornithologen" (Bd. 1, 1922/26, S. 89—98) einer ausführlichen Untersuchung unterworfen; er konnte dabei auch nachweisen, daß der Vogel an den Orten seines Vorkommens im allgemeinen erheblich häu figer ist, als viele Beobachter cs bis dahin angenommen hatten. Das gilt ganz besonders für die Oberlausitzer Niederung, in der die Zwergrohrdommel nur selten einem größeren, rohr- nnd schilfbestandenen Teiche gänzlich fehlt, dabei aber auch kleinere und kleinste Teiche oft sogar in mehreren Paaren besiedelt. Ich selbst habe mehrfach auf nur einen Hektar umfassenden oder um ein geringes grö ßeren Teichen 2—3, ja selbst 4 Brutpaare feststellen können. Wesentlich lockerer als die Kleine siedelt die Große Rohrdommel. Und wenn daher ihre zahlenmäßige Häufig keit um ein Vielfaches hinter der ihrer kleineren Schwester zurückbleibt, so können wir sie im Hinblick auf den großen Siedlungsraum, den sie beansprucht, für die Oberlausitzer Niederung doch immer noch als häufig bezeichnen. Das Schwergewicht ihrer Verbreitung in Sachsen hat von jeher in dem ostelbischen Teile gelegen; Angaben über ihr Vor kommen in Westsachsen lagen bisher nur aus z. T. sehr weit zurückliegenden Zeiten nnd dazu auch noch in nicht immer beweiskräftiger Form vor. Seit drei Jahren ist sie jedoch auch auf den Frohburg—Eschefelöer Teichen (an der sächsisch-thüringischen Grenze) festgestellt, wie wir sie etwas länger schon in zunehmender Häufigkeit auch in den zwi schen der Oberlausitz und der Elbe gelegenen Teichgebieten beobachten, in denen sie früher entweder nur vereinzelt oder überhaupt nicht vorkam. Bei der Beobachtung dieses Westwärtsöringens der Großen Rohrdommel in Sachsen hat man das Gefühl, als ob es der Brutüberschuß des Oberlausitzcr Vorkommens sei, der in der Brutheimat nicht mehr den nötigen Lebensraum findet und der nun von dieser aus neues Land besiedelt.