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Vom Mmmg der Spree. Der Streit um die eine und echte Quelle der Spree ist heute belanglos geworden, wenn er auch noch nicht ent schieden ist. Lassen wir beiden Quellflüßchen der Spree, die sich in Ebersbach vereinigen, die Ehre, der Ursprung des Stromes der deutschen Hauptstadt zu sein. Wer mit dem Wort Quelle Waldeinsamkeit und Waldstille verbindet, der mag das erste schüchterne Plätschern der Spree ans dem Kottmar suchen. Hier soll aus fünf Quellen ihr Wasser zu sammenfließen. Sie wurden genannt Jakobs Brunnen, Näumigtbrunnen, Karl Hennigs Brunnen, Benjamins Hut-Brunnen und Naben- und Hungerborn. Dieser letzte wird als Kottmar-Spreeqnelle bezeichnet. Dem Verbände Lusatia ist es zu danken, diesem Orte eine erhebende und sinnige Weihe gegeben zu haben. Das Ehrenmal unter dem lichten Vuchengrün und über dem klaren sonn- bekringclten Spiegel des kleinen Beckens wird manchem lieber sein, als das Ehrenmal des deutschen Volkes — ich meine den Wallotbau — am breiten Ende unseres Heimat flußes. Hier zwitschern die Vögel, dunkle Fichtenkronen rauschen von der Höhe, ein dünner Wasserstrahl rispelt durch dürres Buchenlaub und der Sonne Licht dämpfen Buchenkronen auf hohem Säulenbau wie in einem goti schen Dom. Da ist Andacht, Erhebung, Weihe, Frieden. Dort in Berlin hallen die Säulen wider vom Lärm eines gehetzten Volkes, dort ist Streit, Haß und eine tiefe Kluft von Mensch zu Mensch. Da empfindet man, was es um die Heimat ist: wahres und größtes und letztes Glück der Menschen einer aufgeregten Zeit. Kein Lispeln davon dringt nach Berlin, ehe die Spreewellen unsere Haupt stadt erreichen, sind sie verebbt, beschmutzt, verbraucht. Hier sind sie noch rein und klar, aber kaum dem Walde ent ronnen, atmen sie den Staub einer belebten Landstraße, Löbau—Rumburg, ein. Das Flüßchen, das auch den Namen obere oder „äbere" Bach trug und dem Orte Ebersbach wahrscheinlich zum Namen verhalf, fließt unweit des Gast hauses zum Goldenen Löwen vorbei und durch den Tal grund von Ebersbach. Wenn es sich mit der Schwester ver einigt, wird der Name Spree rechtsgültig, die Fluten da für aber eine dunkle, schmutzige Brühe. Die Industrie hat ihr den Stempel aufgedrückt. Interessanter, wenn auch nicht schöner, ist der Neu gersdorfer Quellarm der Spree. Neugersdorf, die junge Stadt, ist Hauptindustrieplatz der Südlausitz und von präch tiger, freier Lage am Südanstieg des Spreetales. Hier sollen zwei Quellen die Spree gespeist haben. Die eine liegt an der Nordseite des jetzigen Bahnhofs,' später ent deckte man einen Quell auf den Wiesen östlich des Ortes. Diese Spreequelle gilt den Neugersdorfer» als die echte. Sie wurde im Jahre 1888 vom Naturwissenschaftlichen Verein für 1330 M. würdig hergerichtet. Auf einer granit steinernen Umfassung errichtete man ein gußeisernes Ge länder mit der eingegossenen Jahreszahl. Vier Linden bäume wurden zur Beschattung gepflanzt. Die Einweihung dieses geographisch wichtigen Platzes erfolgte am 16. Juni 1889 durch den damaligen Schuldirektor Dcrnoscheck. Heute ist diese gefaßte Quelle um etwa SO in nach dem Lerchen berge zu gerückt worden. Diese Verlegung machte sich durch den Bau des neuen und neuzeitlich eingerichteten Neu gersdorfer Bolksbades nötig, zu dem die junge Spree einen Teil des Wassers liefert. Die Quellfassung steht nun vor dessen Eingang und nimmt sich recht hübsch aus. Hinter dem Vadeteich fließt die Spree weiter nach der Bahnbrücke hin, wurde hier bei deren Bau in einem Tunnel unter den Geleisen hindurchgeleitet nach der Hermann Herzog- schen Fabrik. Da Nebenarme vom Lerchenberg sic ver stärkt hatten, bildete sie hier früher einen kleinen Teich, der den Fabrikbetrieb speiste. An den einstigen Onellplatz erinnern noch vier schattige Lindenbäume mit Ruhebänken darunter und der Name Spreequellstraße. Vor der Bebauung dieses neuen Neu gersdorfer Stadtviertels waren hier die Pfarrwiefen im Ortsteil Kuhzahl. Darauf befand sich ein 2 m tiefer Brun nen mit starkem Abfluß auch zu wasserarmer Zeit, eben die beschriebene Sprcequelle. Vor deren Entdeckung bezeichnete man als Ursprung der Spree einen Born hinter dem Ortsteil Achthäuser. Über diesen Ort berichtet der Zittauer Kommissionsrat Dr. Carpzov, der zu Anfang des 18. Jahrhunderts lebte: „Von der Wiese aber, darauf die Spree ihren Ursprung nimmt, ist zu wissen, daß sie eine wüste Dorfstätte des vor mals daselbst gestandenen und im Hussitenkriege verwüste ten Dorfes Gersdorf gewesen, in welchem ein Schloß ge standen, dessen rudera Herr Christoph von Schleinitz ab brechen und zum Mühlenvau zu Hennersdorf in Seiffen verwenden lassen. Die Dorfstätte aber ist verödet liegen blieben und endlich ein Busch dahin gewachsen, den man nachgehends zum Vorwerk in Ebersbach geschlagen, bis Anno 1666 E. E. Rath der Stadt Zittau als Besitzer er- nenneten Dorfes die Baustätte berainen und ein neues Dorf nach vormaligen alten Namen angelegt, womit also zugleich die Wiese, wo der Spreebrunnen befindlich, er baut worden. Die Hauptquelle des Spreeflusses liegt auf oberlausitzischem Grund und Boden auf E. E. Raths zu Zittau des sehr volk- und häuserreichen Dorfes Ebers bach bald im Eingänge an das angrenzende Dorf Neu gersdorf bei Friedrich Beers eines Häuslers unumzäun ten Gärtlein, allernächst der Straße gelegen. Der Brunn ist in die Erde hinein mit hölzernen Bollen viereckig aus gesetzt, 2 Ellen lang und Ellen breit, auch bis 2 Ellen tief ganz voll Wassers, bis oben an den Rand, stehet hell und klar aus und hat unten einen kießelichten Boden. Als bald nebenan zur Seiten nach Mitternacht ist ein anderer verdeckter Brunnen, darum mit einem Dächlein verwah ret, weil er zum Milchkeller vom besagten Wirte gebraucht wird. Wiederum 6 Schritt davon westlich ist der dritte Brunnen oder das andere Behältnis des Wassers, weil der Ort sumpfig und wasserreich, und ein wenig weiter fort ein klein Teichlein, aus welchem sodann das Wasser, da es die Fahrstraße überstiegen, als ein Flüßlein fortläuft, und sogleich von einem andern Flüßlein, das aus Neugers dorf aus seiner Quellen und aus einem großen Teiche zu fließt — der oben erwähnte Zufluß — vermehrt wird, da sich auch südlich die böhmische Grenze abhebt. Das Spree- slüßlcin läuft also fort neben d!em böhmischen Dorfe Jerichswalde (Georgswaldej weg, bestreifet den also ge nannten Schlechtenberg und kommt bei der Mittelmühle in Ebersbach hinein, allwo selbst sich die Oberbach zu ihr gesellet." An der Grenze zwischen Neugersdorf uud Ebersbach, freilich sehr hinter Häusern versteckt, ist noch heute diese Quelle, der sog. Spreeborn, zu sehen. Ein Ebersbacher Komitee hat über den Born einen auf Granitunterlage ruhenden gußeisernen Pavillon erbauen lassen. Der Gra- nituntcrbau trägt die Inschrift: „Historischer Spreeborn nach Graf Moltke" und das sächsische, preußische, deutsche uud österreichische Wappen. Oben am Dachaufbau sind die Wappen der Städte des Markgrafentums Oberlausitz und der Provinz Brandenburg angebracht. Dieser Pavillon verdankt seine Entstehung dem Streit um die richtige Sprcequelle. Zuvor stand an dieser Stelle ein einfaches Holzhäuschen. Auf seinen Brettern fanden sich Namen 1866 hier einquartiert gewesener Preußen. Die Jahreszahl 1736 auf einem Stein deutete auf ein noch früheres Häuschen hin. Da die Berliner besonderes Interesse an dem Ur sprung ihres Flusses hatten, soll König Friedrich II. über dem Spreeborn ein Häuschen in Zwiebelform haben er richten lassen. Von hier fließt die Spree weiter und bildet bis Zum Bahnhof in Ebersbach die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen. Von Neugersdorf, das breit ausladend sich am