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und das prächtige Schauspiel, das er vom Geltsch erlebte, schildert, schreibt: „Am Tage St. Johannis des Täufers gegen Abend bestiegen wir den Geltzberg, um die Feuer, welche diesen Abend und diese Nacht in ganz Böhmen leuch ten, von dem Berge, soweit das Auge reicht, zu schauen. Denn nicht am Tage vorher, sondern am eigentlichen Fest tage errichten die meisten Dörfer Holzstöße, gleichsam zum Zeitvertreib, wenn das Gesinde und die ländliche Jugend von der Arbeit feiert. Wir sahen ein glänzendes Schau spiel, etwas Schöneres in dieser Art erinnere ich mich nicht gesehen zu haben. Da ist kein Dörfchen, kein Dorf, kein Städtchen, keine Stadt, die dem heil. Täufer nicht Fest feuer anztindet, die Jugend springt darüber, und das ganze Dorf ruft Beifall. Alles dies zu unfern Füßen zu schauen, besonders als es dunkler wurde, war ganz ent-' zückend. Man hätte sagen können, der Himmel und die Sterne seien ans die Erde herabgefallen, und um so an mutiger sah sich dies Schauspiel an, als mehr Sterne am Boden zu sein schienen und durch die fortwährende Be wegung und die Schatten der Darüberspringenden sich zu verändern und die Scheiterhaufen selbst gewissermaßen zu tanzen schienen. Ich kann mit Worten nicht, wie ich es möchte, ausdrücken, was wir gesehen haben." Fast ein Jahrhundert später wurde die preußische Ar mee auf ihrem Rückzüge von Kollin her Zeuge dieses Schauspiels. Ein preußischer Offizier schreibt: „Auf dem Marsche nach Leitmeritz hatten wir eine Erscheinung, die bei der Gemütsstimmnng, worin sich jeder nach der kürz lich sich ereigneten Katastrophe befand, um so mehr Sensa tion machte. In der Nacht zwischen dem 23. und 24. Junius erblickte man in dem nahegelegenen Gebirge, welches Böh men von Sachsen trennt, auf einmal über hundert große Feuer. Die in der Nähe gelagerte Armee ward dadurch ausgeschreckt, und da wir in der gegenwärtigen Lage immer das Schlimmste argwöhnen zu müssen glaubten, so nahmen wir diese Erscheinung für Wachtfeuer an und mutmaßten daher, Prinz Karl habe ein Korps nach dem Gebirge ge sandt, um uns den Rückzug abznschneiden, während er die Armee angreifen wollte. Es wurden sogleich mehrere Pa trouillen abgefertiget, um genauere Nachrichten einzuziehen. Wir wurden aber bald wieder beruhigt, als wir erfuhren, daß die schreckenden Feirer bloß durch die Gebirgsbewoh ner angelegt worden waren, welche die Gewohnheit haben, dem heil. Johannis an seinem Namensfeste auf diese Weise ein Opfer zu bringen. Dieser Umstand vermehrte indes das Ausreißen (Desertierens nicht wenig." Das Ausrichten der Johannisfeuer ist in der Lausitz eine Angelegenheit der Kinder geworden. Schon tagelang vorher ziehen sie bettelnd durchs Dorf nnd schlevven Reisig, Tonnen (alte Teertonnen sind die geschätzteste Gabe), Kien hölzer, überhaupt alles Brennbare, zusammen. Dann, ihr lieben Dorfgcnossen, sichert Eure Besen gut. Laßt sie nicht hinter der Haustür oder in der Abseite stehen: sie sind un rettbar verloren. Die Besen geben die Fackeln am abend lichen Feuer ab, werden vorher gern mit Pech, Teer, Pe troleum, Wagenschmiere getränkt. Kinder reiben sich zum Fackelzuge. Tollkühne Jungen springen zu Paaren oder einzeln über das Fener. Frösche und andre Sprengkörper knallen auf. Schüsse rollen durch die Nacht. Die Alten schauen, ihr Pfeifchen schmauchend, dem Treiben zu. Ist das Feuer verglüht, geht unauffällig wohl ein alter Bauer an die Brandstelle nnd steckt verkohltes Holzstücke in seinen Krautacker. Das sichert vor Raupenfraß. Ein verkohlter Besenstiel im Dachgebälk schützt vor Blitzschlag. Der Sinn dieses nächtlichen Brauchtums läßt sich ans der Geistigkeit des heutigen Menschen nicht erklären. Für die Jugend ist der Brauch innerlich abgestorben. Sie übt ihn, weil cs die Geschlechter vorher auch taten. Von seiner ursprünglichen Bcdcutuiig sind nur »och geringe Spuren im Bolksbeivnßtsein vorhanden. Daß das Feuerabbrennen dem Johannistage ursprüng lich nicht eigentümlich ist, deutet das Wandern des Brau ches über verschiedene Tage hin an: Ostern, Walpurgis, Johannis. Nnd tatsächlich kann in ursprünglicher Lagerung keiner dieser Termine den Brauch für sich in Anspruch nehmen. Vielmehr gehen diese Feuer auf die sogenannten Notfeucr zurück. Das waren Brände, die in Notzeiten, vor allem in Zeiten der Pest, zu Zeiten des Massensterbens unter Mensch und Vieh, geschichtet wurden. Uraltem und weit verbreitetem Glauben nach wird dem Feuer reini gende Kraft zugeschriebcn. Doch durfte das um seiner zauberischen Wirkung willen kein gewöhnlicher Brand sein, er mußte neu erzeugt werden. So berichtet die wendische Überlieferung: In ganz alten Zeiten ist die Pest dadmch vertrieben worden, daß man alle Feuer im Lande erlöschen ließ. Kein Funke vom alten Feuer durfte mehr da sein. Dann nahmen die Leute zwei Bretter, ein eichenes und ein fettes fichtenes und haben solange mit den Brettern geschoben und gerieben, bis das fichtene anfing zu brennen. Durch dieses wilde Feuer und seinen qualmenden Rauch wurde das Vieh getrieben. Jedermann nahm vom Brande Feuer mit nach seiner Herdftelle. Nun hatte sich die Pest gelegt. Solche wilde Feuer wurden zur Zeit des Vieh sterbens bis tief ins 16. Jahrhundert hinein in deutschen Gauen entflammt. Ans der Art der Erzeugung durch Rei bung hat das „Notfeuer" seinen Namen erhalten, von alt hochdeutsch hniotan — reiben. Das Johannisfeuer ist ein auf den Johannistag festgelegtes Notfeuer. Da es geübt wurde, auch wenn keine unmittelbare Veranlassung dazu bestand, ist ihm vorbeugende Wirkung zuzuschrciben. Lauernde Dämonen sollten geschreckt werden. Die Vorsicht des Bauers, sich für alle Fälle zu sichern, kommt darin zum Ausdruck. Die Vorsicht des Bauers! Denn all die Bräuche, die wir vom Johannistage erwähnten, wurzeln in bäuerlicher Geisteshaltung. Sind darum diese Bräuche für uns tot? Sie sind cs, wenn wir sie nicht mit neuem Inhalt zu er füllen vermögen. Die Sudetendeutschen haben es getan: in ihrer völkischen Not haben sie ihre Sonnwendfeiern zu nationalen Kundgebungen umgebildet. Der Trcuschwur zu deutscher Kultur- und Vlutsgemeinschaft bildet den Höhe punkt ihres Festes. Aber auch andere wertvolle Entwicklungskeime scheint mir das Johannisfeuer in sich zu bergen. Dieses Ursymbol der lohenden Flamme kann heilte noch in einem Gemein schaftskreise wie in der Urzeit als reinigende Kraft emp funden werden. Innerliche Trägheiten und Lässigkeiten werden im Rausche des Gemeinschaftserlebnisses vernichtet, junge Keime eines starken, frohen Lebens gestärkt. Und auch die, denen es nicht vergönnt ist, in einem sich verstehen den Gemcinschaftsringe die Mittsommernacht zu verleben, fühlen ihr Blut in den Adern aufranschen, wenn das ewige Element auflodert in der schweren Fülle einer duftstarken Sommernacht. Dann sinken wir tief ein in die wilde Größe unsrer ewigen Mnttcr Erde und ruhen ihr am Herzen. F.S. Mvlrnr/ Li» f/ttlllttttturNrnin», Br ttttst'tttkttt s ber'ÄKsu (an cker LtraAeÄttau—k/l'rsckcke/ckes M'N ttlt'rtkit /lttssiittfxttk t fr« ittirt Nikin Ler dester üerMs^un^ unrck ckorck /ecker L/e/s nur ang^eneckme Ltuncken uer/eden. LVne/v cka- s/e/rencke ckerr/. Tan^ckr'e/e. /ecken Sonntag Tsne unck Tckne kre/. §ck?öner sckmtt/.q-er 2HLHLHL!!(far/en. /"ur /tVncker öe/ust/§un^en ak/er/Ur, /fre/ee/Zen.