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burtstages Und später noch mehrfach ausführen durfte, hatte der Dichter die Anregung zu seinem reichen drama tischen Schaffen erst im reifen Mannesaltcr durch ober bayrische Bauernkomödianten empfangen. Durch sie kam er auf den Gedanken, das farbenfrohe Volksleben seiner Hei mat in ähnlichen Vühnenschöpfungen festzuhalten. Wie prächtig es ihm gelungen ist, wissen wir alle. Er hatte das Glück, in seiner „Thalia" ausgezeichnete Verkünder seiner Muse und verständnisvolle Mitarbeiter zu finden,' sie ihrer seits verdanken ihm dagegen den wesentlichsten Teil ihres über die ganze Lausitz und weit darüber hinaus verbreite ten Rufes, der noch vertieft wurde, seitdem der Landes verein Sächsischer Heimatschutz Friedrichsche Dichtungen in den Dienst seiner Veranstaltungen stellte. Seine Stoffe sind der Heimatgeschichte entlehnt; ihre dichterische Gestaltung ist das getreueste Spiegelbild unverfälschten Lausitzer Volks tums. Als besonderes Verdienst ist es ihn: anzurechnen, daß er auch die alten Lausitzer Volkstänze der Vergessen heit entrissen hat. Überhaupt ist Reichenau, dessen Bürger meister uns ein so freundliches Willkommen entbot, ein be sonders fruchtbarer Boden der heimatlichen Mundartdich- tuug. Von hier stammt auch Richard Blasius, der sich im heimatlichen Schrifttum ebenfalls mit bestem Erfolg be tätigt hat, neuerdings sich aber nur noch des Hochdeutschen bedient, da er die Erfahrung hat machen müssen, daß man von der Dialektschriftstelleret leider nicht leben kann. Ein Reichenauer ist endlich der jetzt in Löbau wohnende Oskar Rolle, der sich durch eine Reihe entzückender mundart licher Schnurren und ein Loblied auf die Lausitzer Heimat einen Namen von bestem Klang geschaffen hat. Zu den be deutendsten Vertretern der heimatlichen Mundartdichtung gehört der aus Neugersdorf stammende und jetzt in Dres den-Hellerau wohnende Rudolf Gärtner, der nicht nur ein Meister urwüchsigen bodenständigen Humors ist, sondern im Gewände der heimatlichen Sprechweise das Gemüt durch Szenen voll dramatischer Wucht zu packen weiß. Er hat als Erzähler, Dramatiker und Lyriker annähernd in gleichem Maße Geltung zu beanspruchen. Mit Glück bedient sich neuerdings der Mundart ein zweiter Zittauer vom alten Schlag unter dem Decknamen H. Schurs, der drei Bänd chen teils recht hübscher, aber teils auch ziemlich kräftiger „Schnakn aüs'n Mütznzippl" geschrieben hat. Ohne die Reihe der bekannteren Lausitzer Mundartdichter erschöpfen zu wollen, möchte ich an dieser Stelle nur noch erwähnen, daß auch die beiden Führer der Gesellschaft für Lansitzer Schrifttum in ihren Werken die Mundart meisterlich be herrschen, sich aber ihrer nicht ausschließlich bedienen: Oskar Schwär (Dresden) und Fritz Bertram (Lauban) er zielen jedoch in ihren in der hochdeutschen Schriftsprache verfaßten Werken, in denen sie übrigens ausschließlich hei matliche Stoffe behandeln, nicht minder starke Wirkungen. Dasselbe gilt von dem gemüt- und humorvollen Pfarrer Brnssig in Niedervderwitz. Ich konnte im Rahmen meines Themas an diesen Namen nicht vvrübergehen, weil ihre Träger sich zeit lebens als Hüter heimatlichen Volks- und Kulturgutes er probt haben, und zwar nicht um der Mode willen, sondern aus Herzensbedürfnis. Sie sind berufen, durch ihre Werke einen Schutzdamm gegen die drohende Verflachung und Einebnung unserer Lausitzer Eigenart zu errichten. Unsere Ehrenpflicht aber ist es, die lobenswerten Be strebungen dieser verdienstvollen Männer dadurch zu för dern, daß wir ihre Werke nicht nur lesen, sondern auch kaufen! Daß sie in keiner Bücherei unserer Heimat vereine fehlen dürsten, ist eigentlich eine Selbstver ständlichkeit, die aber an dieser Stelle nochmals be tont sein möge! Damit darf indessen die Dankbarkeit unse rer Lausitzer Landsleute nicht erschöpft sein! Die allgemeine Notlage ist unzweifelhaft groß und zwingt uns zu Ein schränkungen, die wir früher nicht gekannt haben. Wie sehr wir auf allen Gebieten zum Spareu gezwuugen sind: auf die Nahrung können wir um der Selbsterhaltung wil len nicht verzichten, die des Geistes und des Gemüts ist aber kaum minder wichtig, als die körperliche, weil sie den Lebenswillen stärkt. Die Lausitz hat im Laufe der Jahrhunderte Zeiten über sich ergehen lassen müssen, die noch schwerer waren, als die gegenwärtige, aber immer wieder ist sie an ihrem Volkstum gesundet! Ein starker Wall des Volkstums aber ist das heimatliche Schrift tum, und deshalb müssen wir es mit allen Kräften hüten und fördern! Unser Lausitzer Landsmann Lessing sagte einmal: „Was nicht wert ist, mehr als einmal gelesen zu werden, verdient überhaupt nicht gelesen zu werden!" und Friedrich Rlicke rt drückte denselben Gedanken mit den Worten aus: „Was nicht zweimal lesenswert gewesen, Das war nicht einmal lesenswert!" Nunwohl! Was unser unvergessener Wilhelm Friedrich uns hinterlassen, was Bihms Koarle, Rudolf Gärt ner und all die andern Lausitzer Mundartdichter uns ge schenkt haben, hat mit flüchtiger Tagesschriftstellerei nichts zu tun! Ihre Werke besitzen Ewigkeitswert und kön nen uns ein nie versiegender Brunnen der Erquickung und Verjüngung sein: deshalb gehören sie vor allem auch in jede Lausitzer H ausbüchcrei! Wem aber die Ungunst der Zeiten den Besitz eines eigenen Bücherschatzes schlech terdings nicht gestattet, der möge sie in der Bücherei sei nes Heimatvereins ansordern und mit Andacht lesen! Vor allem mögen auch unsere Bolksspielkunstgemeinöen in der Pflege des mundartlichen Heimat- und Bolksstücks nicht er lahmen! Was Lessing und Rückert vom Lesen sagen, ist ohne weiteres auf die Schaubühne zu übertragen. Wir wollen uns niemals unserer heimatlichen Mundart schämen und brauchen es auch nicht zu tun: möge sie uns für alle Zeit ein wichtiges Volks- und Kulturgut bleiben! Der SvtzamMag im Bviksbramh der Lausitz. Mit dem Johannistage hat das Jahr seine Höhe er reicht. Der längste Tag, die kürzeste Nacht brechen an. Allzurasch ist uns dieser Tag gekommen. Sind doch der Sonnentage so wenige in unserm Lande! Mit erstem ban gen Schauer sehen wir uns das Jahr entgleiten. Die hohe Sommerzeit des Jahres hat in allen deut schen Gauen zu einem ausgeprägten Brauchtum Veran lassung gegeben. Ein Volk, das diesen Tag feierte, mußte bereits eine beachtliche Vildungshöhe erreicht haben; denn astronomische Beobachtungen sind notwendig, um ihn fest zustellen. Die Nordeuropäer haben bereits um 2000 v. Ehr. aus Steinblöcken Beobachtungsstätten für den Lauf der Gestirne gebaut. Als Ackerbauer und Viehzüchter war es für sie von Wichtigkeit zu wissen, wann die Zeit der Acker arbeit und der freien Weide wieder anbreche. Eine früh zeitig entwickelte Schiffahrt trug wesentlich zur Bereiche rung astronomischer Beobachtungen bei. Für Menschen, die mit tausend Bindungen dem gewaltigen, ewig gleichblei- benöen Takte des Jahreslauses eingeordnet sind, mußte ein solcher Festpunkt des Jahres, wie ihn der Mittsommer tag üarstellt, naturgemäß zum Festtage werden. Im vor christlichen Heidentume haben wir darum den Ursprung der Feier des Mittsommertages zu suchen. Freilich ist damit nicht gesagt, daß alle Teile der heu tigen (oder besser jüngst vergangener) Bolksbräuche als altheidnisch anzusprechen sind. Ist doch schon der heutige Name des Festes, Johannistag, christlichen Ursprungs. Nachdem von der Kirche der Geburtstag Jesu auf den 28. Dezember festgelegt worden war, mußte nach der bib lischen Überlieferung (Lukas, Kap. 1, V. 20—36) der Ge burtstag Johannis des Täufers ein halbes Jahr vorher