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mittig; die Schleife trug die Inschrift: „Dem Andenken unseres unvergessenen Heimatdichters Wilhelm Friedrich — .Verband Lusatia." Den zweiten Kranz widmete Herr A. Kühnel im Namen der Südlausitzer Landsmannschaft in Dresden ihrem Heimgegangenen Ehrenmitglied. An diese eindrucksvolle Kundgebung schloß sich der Unterhaltungsteil, der in vorzüglicher Weise vom Verein „Thalia" bestritten wurde. Prächtige Mundartvorträge boten Anna Hartmann und der drollige Wilhelm Hluchy. Dann wurden die bekannten Altlausitzer Volks tänze vvrgeführt, die Friedrich der Vergessenheit entrissen hat. Sie wirkten auch im Freien überraschend gut. Den Schluß bildete eine hervorragend flüssige Aufführung von Friedrichs letzter Bühnendichtung, dem ausgelassenen Schwank „'s W n n n e r w o a ss e r", der bei erstklassiger Wiedergabe durch Max Krause, Anna Hartmann, Johanna Niebel, Max Schubert, Wilhelm Hluchy, Auguste Bergmann, Martha Pischel und Willy Linke und unter der-Spielleitung von Julius Palme stürmischen Beifall erntete. Das von Herrn Leupolt aufgestellte Programm hatte den großen Vorzug, daß es nicht überladen war, daher in keiner Weise ermüdete und den Teilnehmern gestattete, ohne Sorge nm rechtzeitige Ankunft auf dem Bahnhof bis znm Schlüsse auszuharren. Festgruß zur Wanberversammlung -er „Lusatia". Auch in dem weltentlegnen stillen Zipfel Des Sachsenlands, der heut so liebe Gäste Begrüßen darf, rauscht durch die grünen Wipfel Der Lausitz Hcimatgruß zum frohen Feste! Euch grüßen waldgekrönte Bergesgipfel; Auch wir im Tale grüßen Euch aufs Veste! Wir fühlen uns mit Euch so eng verbunden: Dank Euch, daß Ihr zu uns den Weg gefunden! Lusatia! Von allerbestem Klange Ist rings dein Name in der Heimat Ganen, Und stolzerfüllt in frohem Herzensdrange Auf dein so segenvolles Wirken schauen Wir alle und besinnen uns nicht lange, Als unfern Führer gern dich zu betrauen! Weil du uns immer weist die rechten Bahnen, Drum folgen willig wir auch deinen Fahnen! Kaum einem in der deutschen Gauen Kranze An Schönheit brauchst die Lausitz nachzüstehen. Ob sie uns grüßt im Sommersonnenglanze, Ob brausend auch die Wintcrstürme wehen! Du dienst nur ihr, brachst für sie manche Lanze, Und lehrtest ihre Reize zu verstehen, Schon ungezählte Tausende der andern, Die immer gern durch unsre Berge wandern! lind gilts, des Volkstums Eigenart zu pflegen, Daß sie uns fernerhin auch bleib erhalten, Wo's gilt, jedwedes Volksgut treu zu hegen, Wie wir es übernommen von den Alten, Lusatia voran auf unser» Wegen! Auch hier willst schirmend du und schützend walten, Beseelt vom edelsten der Herzenstriebe, Der Heimattreue und der Heimatlicbe! Mag auch die heilige Feier wohlgelingen! Ilm freundliches Gehör wir nun Euch bitten: Was mir vermochten, heut Euch darzubringeu, Es mög Euch munden und sei wvhlgelitten! Ein jeder regt, so gut er kann, die Schwingen! Mögt gern ihr weilen heut in unsrer Mitten! Lusatia, der Lausitz Hort und Frommen, Von ganzem Herzen sei «ns du willkommen! Bruno Reichard. Dem Andenken Wilhelm Friedrichs. Gesprochen bei der Kranzniederlegung am Wilhelm Friedrich- Gedenkstein. „Der Stein soll reden, wenn die Menschen schweigen!" An dieser Stätte klang das Bibelwort. Wir sind nicht stumm und dürfen heute zeigen, Daß Wilhelm Friedrichs Bild lebt in uns fort. Der Heimat einzig galt des Dichters Streben, Dem dieser schlichte Denkstein ward geweiht. Der Sänger schläft, und dennoch wird er leben In seinen Werken bis in fernste Zeit! Drei Jahre sind's, seit du von uns geschieden Nach einem erdenfernen, fremden Strand: Schaust du wohl heut in sel'gem Herzensfrieden Auf uns ans abgeschiedner Seelen Land? Dann fühlst du, wie wir dein Gedenken pflegen, Wie wir bekennen frohen Sinns und laut: Wir alle wollen treuen Herzens hegen Den Schatz, den sterbend du uns anvertrant! Wertvolles Volksgut ist es uns geworden, Was du uns schufst in nimmer müdem Fleiß; In Ost und West, im Süden und im Norden Klingt durch die Lausitz deines Namens Preis! Die selbstlos treu der Heimat wollen dienen, Umschlingt ein Band: es heißt Lusatia! An dieser Stätte sind sie heut erschienen, Die einst dein Schaffen, deine Siege sah! In stille Wehmut hier wir uns versenken: Empfange denn aus treuer Freundeshand Den Lorbeer, den mit innigem Gedenken Dir widmet der Lusatiaverband! Lusatia, die Mutter, will bekunden: Zu ihren besten Söhnen zähltest du; Wir danken dir so manche Weihestnnden, Und alle Herzen flogen froh dir zu! Doch als du wardst zur stillen Gruft getragen, Da lernten wir das Goethewort verstehn: Es kann die Spnr von deinen Erdentagen Ja nimmer in Aeonen nntergehn! So lang der Lausitz dunkle Berge ragen In unsrer Heimat Himmel stolz hinein, So lange hier noch treue Herzen schlagen, Wird Wilhelm Friedrich unvergessen sein Bruno Reichard. Mundart als Volks- und Kulturgut. Vortrag, gehalten von Bruno Reichard, Zittan, anläßlich der Wander-Versammlung der „Lusatia" in Reichenau. Es hat in Mitteldeutschland eine Zeit gegeben — sie liegt noch gar nicht einmal so sehr weit zurück —, wo man den Gebrauch der Mundart als Umgangssprache mit dem Begriff einer gewissen Minderwertigkeit ans geistigem und kulturellem Gebiete zu verbinde« gewöhnt war. Das ist uns heute umso unverständlicher, als damals in den Alpen landern, an der Waterkant und auch in Schlesien sich die Mundart sogar bereits im Schrifttum durchgesetzt hatte. Fritz Reuter, Anzengruber und Ganghofer hatten längst auch außerhalb ihrer Mundartgrenze, natürlich auch im gemütlichen Sachsen, Verständnis nnd Bewunderung gesunden; aber merkwürdigerweise empfanden wir ge wissermaßen cs als ethische Berdauungsbeschwerden, wenn ein Sachse dichten und schreiben wollte, wie ihm der Schna bel gewachsen war. Dem Erzgebirgler Anton Günther verzieh man es allenfalls noch; aber mundartliches Lan-