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Die diesjährige, 238. Hauptversammlung der Gesell schaft, die sich außerordentlich starken Besuchs zu erfreuen hatte, fand am 22. April in ihrem Görlitzer Eigenheim statt. Nach der Begrüßungsansprache des Präsidenten Dr. Benno von Nostitz-Wallwitz, in der an verschiedene wissen schaftliche Gedenktage erinnert wurde, erhielt der Sekre tär der Vereinigung, Professor Dr. Jecht, das Wort zum Vortrag des Jahresberichts, der der tiefschürfenden wissen schaftlichen Arbeit der Gesellschaft wieder ein höchst ehren volles Zeugnis ausstellt. Mit besonderer Genugtuung konnte festgestellt werden, daß der kürzlich erschienene 106. Band des Neuen Lausitzischen Magazins den bisherigen Veröffentlichungen in jeder Hinsicht gleichwertig ist. Eine ganz ausgezeichnete Arbeit des Oberschulrats Professor Dr. Seeliger behandelt die „Denkmale der Früh renaissance in Zittau". Im weiteren enthält der Band höchst wertvolle Beiträge der Herren Dr. Reinhardt in Freiberg, Dr. Jecht, Dr. Sieg, Dr. Seyler, Dr. Needon, Dr. v. Bo etlicher und Dr. Arras. Ganz besonders zu begrüßen ist ferner die Fertigstellung des ersten Teiles des Oockox ckipIomMicu8 IwgMias Zuperio- ri8 VI, der auf 345 Seiten die Jahre 1458 bis 1463, die erste Hälfte der Regierungszeit des Königs Georg Podje- brad, umfaßt und den Oberlausitzer Urkundenvorrat aus dieser Periode erschöpfend behandelt. Die Fortsetzung dieses hochbedeutungsvollen Gesamtwerks, das die folgen den Jahre bis 1469 erfassen soll, ist freilich wesentlich davon abhängig, daß der Vereinigung namhafte weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden. Der für das ganze Werk ausgeworfene Betrag ist nämlich wegen der außerordent lich hohen Druckkosten bereits nahezu völlig aufgebraucht. Die Vollendung des gewaltigen Werkes ist aber nicht nur eine logische Notwendigkeit, sondern es ist auch eine Ehren pflicht der Allgemeinheit gegen den unermüdlichen Ver fasser, sie ihm zu ermöglichen. An den Jahresbericht schloß sich die übliche Ehrung für die im Laufe des Jahres Heimgegangenen Mitglieder, deren Andenken die Versammlung durch Erheben von den Sitzen bekundete. Jedem einzelnen war ein besonderer Nachruf gewidmet,' namentlich eindrucksvoll war die Wür digung der beiden Görlitzer Oberbürgermeister Snay und Dr. Wiesner. Zur Aufnahme als neue Mitglieder schlug der Ausschuß sieben Herren vor, von denen nicht weniger als sechs dem sächsischen Teile der Oberlausitz angehören. Die Versammlung beschloß einstimmig antragsgemäß. Die seit 1928 dem Ausschuß angehörenden Repräsentanten, die satzungsgemäß auszuscheiden hatten, wurden einstimmig wiedergewählt! an die Stelle der beiden Görlitzer Aus- schußmitglieöer treten, ebenfalls auf einstimmigen Beschluß, die Herren Museumsdirektor Professor Dr. Polaczek und Stabtrat Fehler, über die Kassenverhältnisse be richtete Herr Pfarrer Schröter, der außerdem den Haushaltplan für 1931 vorlegte. Beträchtliche Ausgabe posten entstanden durch unaufschiebbare bauliche Jnstand- setzungsarbeiten am Hausgrundstück der Gesellschaft. Dem Kassenführer wurde auf Grund der Rechnungsprüfer berichte Entlastung erteilt und der Dank für seine aus gezeichnete Geschäftsführung ausgesprochen. Außerhalb des geschäftlichen Teiles umfaßte die Tages ordnung noch Vorträge und wissenschaftliche Mitteilungen. Herr Oberftudienrat Professor Dr. Arras aus Bautzen sprach zunächst „Kurze Worte zu Karl Preuskers 60 jäh rigem Todestag" und frischte damit in dankenswerter Weise in nebenbei bemerkt sehr erschöpfender Form die Erinnerung an einen Mann auf, der trotz seiner bedeu tenden Verdienste um die Heimat und das Gemeinwohl heute den wenigsten kaum dem Namen nach bekannt ist. Es handelt sich um einen.geborenen Löbauer, der zunächst in einen ihm wenig zusagenden Beruf gezwängt wurde, aber schließlich dock noch seinen unbezähmbaren Wissens drange folgen u»d sich in der erwünschten Weise betätigen konnte. Er leistete auf dem Gebiete der heimatlichen Ge- schichts- und Altertumskunde, auch schriftstellerisch, Be merkenswertes und setzte sich außerordentlich verdienstvoll für das Volksbildungswesen ein als unermüdlicher Mann des Rates und der Tat. Gemeinnützige Volksbüchereien der verschiedensten Art sind auf seine Anregung und schöpfe rische Arbeit zurückzuführen. Den größeren Teil seines Lebens verbrachte er in Großenhain,' hier und in seiner Vaterstadt Löbau wurde er auf Grund seiner ersprießlichen gemeinnützigen Tätigkeit zum Ehrenbürger ernannt. Selbstlos und treu hatte er jederzeit ein warmes Herz für seine Mitmenschen. Ungemein fesselnd und anschaulich war der tempera mentvolle Vortrag, den Professor Dr. Jecht über „Auf marschplan und Zug der Hussiten durch die Lausitzen nach der Mark vor 500 Jahren" hielt. Das überreiche Quellen material des Görlitzer Ratsarchivs setzte den Redner in den Stand, eine Menge neuer Schlaglichter auf den strate gisch meisterhaft vorbereiteten und plangemäß ausgeführ ten Raubzug des großen Prokop zu werfen. Außer dem Ziele reicher Beute hatte dieser Feldzug des gefürchteten Hussitenführers den Nebenzweck, die Görlitzer als seine halsstarrigsten und zähesten Widersacher einmal gehörig einzuschüchtern. Einen Angriff auf die Stadt selbst unter ließ er im Hinblick auf die blutigen Niederlagen bei den früheren Sturmversuchen. Beide Redner erzielten lebhaften Beifall, dem der Präsident den Ausdruck anerkennenden Dankes anfügte. Anschließend vereinigten sich die Mitglieder im „Brau nen Hirsch" überlieferungsgemäß zu gemeinsamem Mit tagsmahl. Es verlief ungemein stimmungsvoll und trug wesentlich dazu bei, die Mitglieder persönlich einander näher zu bringen. Wie üblich widmete der Präsident den ersten Trinkspruch den Zielen der Gesellschaft und dem Vaterlande. Er verwies auf die Notwendigkeit, die Jugend für die Bestrebungen der Gesellschaft zu gewinnen, um den Nachwuchs zu sichern, und ihr die ungefärbte Kenntnis der Geschichte zu erhalten. Die Rede klang in das Deutschlandlied aus, das von der Versammlung stehend gesungen wurde. Alsdann kam in reichem Maße der Hu mor zu seinem Recht. Me Trinksprüche folgten in der üblichen Reihenfolge aufeinander: Dr. Jecht widmete in launigem mittelalterlichem Sprachgewande sein Glas den beiden Präsidenten, der Vizepräsident Herrn Dr. Jecht, während Herr Pfarrer Döhler aus Leuba die „ckii minor68" und Herr Oberstudienöirektor Dr. Meyer die „Neophyten" (die neuaufgenommenen Mitglieder) feierte. Im Namen der letzteren dankte Herr Kreishauptmann Dr. Waentig aus Bautzen. In humorvoller Rede und Gegenrede entschwanden die Stunden fröhlicher Geselligkeit, bevor nach kurzer Nachsitzung die Gäste nach allen Rich tungen der Windrose auseinanderstoben. Bruno Reichard. Nom Verbände ..Watin . Seit der letzten Vertreterversammlung in Bischofs werda ist schon wieder eine Füll,« von Arbeitsstoff ein gegangen. Zur Aufnahme angemelüet haben sich die Ge sellschaft für Lausitzer Schrifttum und der Kurverein Bad Oppelsdorft weitere Beitritte sind für die allernächste Zeit in Aussicht gestellt. Ein neuer „Führer durch das nörd lichste Böhmen", der von dem bekannten Schulmann Karl Hamel in Warnsdorf verfaßt ist, kann den Verbands mitgliedern empfohlen werden. Eine Eingabe, die sich aus eine Wegcangelcgenheit im Kottmargebict bezieht, ist den zuständigen Verbandsvereinen zur Erledigung übergeben worden. Der Zittauer Verkehrsverein plant für die Zeit vom 27. September bis 4. Oktober eine „Südlausitzcr Grcnzlandwoche", die dem Verband Gelegenheit tatkräf tiger Mitarbeit geben wird. U. a. soll versucht werden, die