Volltext Seite (XML)
los Gbsrlausttzer Hs!matzs!tung Nr. s Der damalige Oberpostrat von Schimpfs in Leipzig wurde beauftragt, Sorge zu tragen, daß eine Freimarke zur Frankierung von Kreuzbandsendungen gedruckt werde, da Leipzig als Verlagsort vieler Zeitungen diese Marken in erster Linie benötigte. Genannter Oberpostrat setzte sich mit dem Druckereibesitzer I. B. Hirschfeld in Leipzig, Neu markt 29, in Verbindung, und man einigte sich auf ein Muster, das dem der bayrischen Ziffermarken sehr ähnelte. Die Entwürfe des Graveurs Scheele wurden in schwarz auf grauem und blauem Glacepapier hcrgestellt. Der Gra veur Scheele bekam nunmehr Auftrag, den Urstempel in Holz zu schneiden, von diesem wurden, nachdem die Zeich nung genehmigt war, 20 Bleiabgiisse hergestellt und dar aus der Bogen zu 20 Stück (4X5) zusammengesetzt. Für den Markendruck wurde rote Farbe und weißes Papier bestimmt. Der Druck der 1. Auflage geschah auf einer Handpresse auf abgerissenen Oktavbriefbogen im Erdgeschoß des Hinterhauses: Neumarkt 29. Noch heute kann jeder Philatelist die Geburtsstätte der beliebtesten deutschen Marke sehen. Bei Druck der ersten Auflage wurde der Graveur Scheele von Hirschfeld beauftragt, aufzupasssn, daß sich die Druckstöcke nicht verschmierten, wobei ihm ein wachhabender Militärposten scharf auf die Finger sah, weil zu gleicher Zeit im gleichen Hause sächsische Banknoten gedruckt wurden. Obwohl von dieser Marke in mehreren Auflagen 500 000 Stück gedruckt wurden, ist doch nur ein einziger Vogen von 20 Stück übrig geblieben. Dieser Bogen ist niemals einwandfrei gewesen und man sieht heute noch die Spuren von Reparatur an mehreren Stellen. Der Fund dieses Bogens war eigenartig, er ist in Eibenstock i Erzgeb. Anfang der 70 er Jahre an einer Holzfäule, die als Stützpunkt einer Bauernstube diente, klebend vor gefunden worden. Diese kleine Bauernstube war in Eiben stock als erstes Postamt eingerichtet worden. Als nun das Postamt verlegt worden war, fand der neue Besitzer an dieser Holzfäule alle möglichen Verordnungen angeklebt. Beim Ablösen dieser Schriftstücke fand er darunter einen ganzen Bogen der roten Dreiersachsen. Der Entdecker löste den Bogen ab, wahrscheinlich etwas gewaltsam, daher die Risse und Wegreißungen am oberen Teile des Bogens. Er verkaufte ihn im Jahre 1875 an einen Leipziger Händler für ganze 50 Mark. Von diesem Händler wanderte der Bogen 1876 an den Wiener Händler Friedl, der ihn für 800 Mark erwarb. Nachdem er ihn durch einen Kunstmaler hatte verschönern lassen, verkaufte er den Bogen an den großen Sammler Ferrari in Paris für 1000 Mark; soviel kostet jetzt ein einziges ungebrauchtes Stück. Ferrari, der vor einigen Jahren in Paris starb, hatte seine Riesen sammlung dem Deutschen Reiche vermacht. Frankreich aber beschlagnahmte die Sammlung und ließ die Einzelstücke auf Reparationskonto versteigern. So kam es, daß der Bogen für 26 000 Mark nach Amerika ging. Der heutige hohe Preis der Sachsen 3 Pf. rot wirkt verblüffend, wenn man weiß, daß von der Sachsen 10 Groschen blau nur die Hälfte soviel als 3 Pf. rot zur Ausgabe gelangt sind und heute noch in schönen Stücken für 50 Mark verkauft wer den. Der Grund hierfür liegt darin, weil die 3 Pf. rot meist zur Hälfte auf Kreuzband und Sendung klebte, beim Entfernen des Kreuzbandes fast immer zerrissen wurde. Die Größe der Marke zeigt Unterschiede bis zu 1K nun. Sie sind im Wesen der damaligen Klischeeherstellung be gründet, es gibt Farbenabarten in rot, ziegelrot und kirschrot. Ein Sachsenbrief mit 3 Pf. rot, Poststempel Zit tau, wurde vor einigen Jahren auf der Köhler-Auktion in Berlin für 1750 Mark verkauft. Die Entwertung er folgte mit Federzug, Orts- oder Gitterstempel. Besonders hohe Preise wurden auch für schöne Randstttcke erzielt. Beschießung von Mau am 23. Zu» 1757. Von Dr. Paul Arras Der am 31. Dezember 1746 in Zittau geborene Dichter Johann Benjamin Michaelis*) schrieb wenige Wochen vor seinem Tode — er starb am 30. September 1772 bei dem ihm befreundeten Dichter Gleim in Halberstadt — Nach richten nieder über sein Leben**). In ihnen berichtet er auch, wie er als Knabe die Beschießung und Einäscherung Zittaus am 23. Juli 1757 mit erlebte. Er erzählt da: „Nach der für die Preußen unglücklich ausgefallenen Schlacht bei Collin, am 18. Juni 1757, näherte sich die kaiserliche Armee immer mehr unseren Grenzen. Wir waren bereits einige Tage blockiert, indes die kleine preu ßische Besatzung, welche aus nicht mehr als einem Bataillon National-Preußen und einem Bataillon zu Kriegsdiensten gezwungener Sachsen, denen man aus Furcht einer Rebel lion nicht einmal Flintensteine erlaubte, bestand; gehalten gegen eine Armee von mehr als 80 000 Mann, die unsere Freunde, unsere Bundesgenossen waren — alles dieses zu sammen genommen, wer von uns hätte auch nur den ge ringsten Argwohn einer Begegnung, wie wir leider erfah ren, fassen können? Mit Freuden sahen wir am Abend vor dem unglücklichen 23. Julius 1757, wie die Oestreicher eine Partie Leuchtkugeln über unsere Stadt schossen. Wir hiel- ten's für einen freundschaftlichen Scherz; aber wir merkten wohl aus dem Ausgange, daß dieser Scherz bloß die Losung zu einem größeren, entsetzlichen Feuerwerke sein sollte, das uns den andern Tag gegeben wurde. Es war des Mor gens um zehn Uhr; ich spielte mit meiner Schwester auf der kleinen Bibliothek meines Vaters, als die ersten Bom ben in unsre Stadt geworfen wurden. Wir waren, seit einiger Zeit, des Schießens ziemlich gewohnt und spielten also, in unsrer Unschuld, ungestört fort. Endlich merkten wir, daß es unter uns unruhig ward. Wir stürzten von unserm Spiel auf, dem Wehklagen und der Verzweiflung von mehr als zwanzig Personen entgegen, deren Häuser bereits in vollen Flammen standen, oder es jeden Augen blick erwarteten; und deren unglückliche Bewohner in dem abgelegenen Teile der Stadt, wo meine Eltern wohnten, ihre Zuflucht suchten. Aber auch hier war die Sicherheit von kurzer Dauer. Eine Bombe schlug in unser Haus; und nun eilten auch wir, durch die brennenden Gassen und die unaufhörlich herabstürzenden Bomben, dem größten Haufen nach. Nur mein Vater blieb, aller unsrer Bitten ungeachtet, in unserm Hause zurück und erwartete den Ausgang seines Schicksals***). Gegen elf Uhr ließ der preußische Kom mandant das eine Stadttor öffnen. Wer ergriff freudiger, als wir, diese Gelegenheit? Eine unglaubliche Menge von Menschen von so mancherlei Ständen, von so mancherlei, oft drolligen Aufzügen, als die Angst und der frühe Mor gen veranlaßt hatte, wollte nunmehr aufs freie Felde da hin; jeden Augenblick durch das barbarische Betragen der *) Von ihm haben noch heute Lesebücher und Gedichts sammlungen das eine oder andere Gedicht, so z. B. „Wohl aufgeschürzt, mit starken, weiten Schritten, den Milchtopf auf dem Kopf, ging Martha nach der Stadt" oder „Ein Bienchen trank und fiel in Bach". **) Seine Selbstbiographie ist gedruckt N. L. M., 56. Bd. 1880, S. 291 ff. ***) Er hieß Johann Martin und war Handelsmann. In einem Briefe an den Dichter Gleim vom 29. Oktober 1772 berichtet er über diesen Schreckenstag: „Ich habe durch die unglückliche Einäscherung der armen Stadt Zittau ein Vermögen von mehr als 16 000 Talern verloren. Dazumal war mein armes Kind ein Knabe von 10 Jahren. Dieses gute Kind konnte nichts mehr betrüben, als wenn es mich weinen sah. Ach, armer, Vater, rief cs, weine nicht! Wir wollen Gott vertrauen und fleißig beten, Gott wird uns wieder helfen."