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Görlitz. Die Untersuchungen gingen ursprünglich vom Kreibitz—Zittauer Gebirge aus nud gewinnen somit auch heimatliche Bedeutung. Das große sudetische Kreidegebiet, dem auch die säch sisch-böhmische Kreide angehört, besitzt einheitliches Ge präge. Leine Ausdehnung kann nach den noch vorhande nen Sedimeutresten ungefähr festgelegt werden durch die Linien Meißen—Neustadt — Glatz—Olmütz — Prag—Saaz— Freiberg und ans der Nvrdseite des Rieseugebirges Hirsch berg—Goldberg—Bunzlau—Görlitz. Durch Anfsammlnng reichen Fvssilmaterials (Versteinerungen) und dessen ein gehende Bearbeitung haben sich völlig neue überraschende Ergebnisse gezeigt. Die bisher so komplizierten Zusammen hänge lösten sich in einfacher Weise. Wichtig bei der Be arbeitung war die sorgfältige, wenn auch langwierige Auf nahme vieler Hunderte von Profilen im Gelände. Die dabei gesammelten Gesteinsproben haben manches Unklare anfgehellt. Bei der Untersuchung der Fossilien begnügte sich Her mann Ändert nicht, wie es zumeist bisher im Bereich der sudetischen Kreide geschehen war, mit den auffälligen Stein kernen. Er sammelte auch die bisher nur gelegentlich zum Vergleich herangezvgcnen Hohlabdrücke. Sv gelang es, die durch Bestimmung der Steiukerne unterlaufenen Fehler zu beseitigen und eine genaue Artbestimmung zu erreichen. Wenn auch wegen des oft mangelhaften Erhaltungszustan des nicht bei allen Stücken eine Deutung möglich war, so ist doch diese Art des Sammelns ein bedeutender Fort schritt für die Erkenntnis der einstigen Lebewelt. Wie in den Meeren der Gegenwart Schlamm und Sand abgelagert werden, so geschah es auch in jenem Ur zeitmeere. Die Fluten des Kreiöemecres bespülten ein von Gebirgen durchzogenes Festland. Wie die. gegenwär tigen Gebirge, so wuroen auch diese von der Verwitterung angenagt und zerstört. Bäche und Flüsse führten die ab getragenen Maßen ins Meer. Man nennt diesen vom Fest land ins Meer gelangten Schlamm Kvntinentalschlamm. Hundert, höchstens fünihundert, Kilometer von der Küste entfernt kann man ihn am Meeresgründe feststellen. Die gesamte sudetische Kreide lag im Bereich des Kon- tinentalschmmmes. Im sächsisch-böhmischen Gebiete betrug z. B. die Entfernung der beiden Küsten von der Lausitzer Granitmaße bis Prag noch nicht einmal zweihundert Kilo meter. Deshalb fehlen auch küstenferne Tiefseebildungen. Die in das Mecresbecken verfrachteten Schuttmassen fügten cs im Laufe langer Zeiträume mit etwa neunhundert Meter mächtigen Abtragsmassen aus. Wasserdruck und chemische Vorgänge verfestigten die abgelagerten Sand-, Kalk- nud Tvnbäuke. Erdveben und sonstige tektonische Vorgänge hoben später den Meeresboden, so daß aus der Kreibeschvlle Festland wurde. Verfolgen wir den genetischen Werdegang des sudeti schen Kreidegebietes. Zu Beginn des Mittelalters der Erd geschichte war das ganze Gebiet noch trockenes Land. Schon in der Jurazeit wurde es jedoch teilweise vom Meere überflutet. Eine Meeresbucht drang nordöstlich der Erz gebirgskuppel nach Böhmen ein. Heute finden sich nur noch längs der Hauptverwerfung Jurareste eingeklemmt, z. B. bei Hvhnstein, Sanpsdvrf, Hinterhermsdorf, Zeidler und Khaa. Sie beweisen, daß diese große Störungslinie, die als tertiär angesehen wird, bereits im Jura, also schon vor der Ablagerung der oberen Kreide, in Bewegung war. Die auf die obere Jurazeit folgende untere Kreide hat im Bereich der sudetischen Kreide keine Spuren hinterlassen. Das Gebiet scheint in dieser Periode Festland gewesen zu sein. Alle Versteinernngsnrkundcn unserer Kreide gehören der oberen Kreidezeit an. Die Lebewesen wurden in Ton und Sand eingebettet. Die Weichteile vergingen. Oft wurde auch die widerstandsfähigere Kaltschale von späteren chemischen Vorgängen zerstört, so daß nur der mit Stein ansgefüllte Hohlraum, der Steinkern und der Hohlabdruck, die Abformung der Außenseite, übrig blieben. Sv haben sich zahlreiche tierische Bewohner des Kreidemeeres als Versteinerungen erhalten. Schwämme, Korallen, Stachel häuter, Würmer, Weichtiere fMuscheln, Grab- und Kopf füßler, Schnecken) und Krebse. Häufig finden sich auch die nur mikroskopisch bestimmbaren Foraminiferen und Globi- gerinen. Seltener treten Fischreste auf (Fischschuppen, Zähue von Haifischen). Sogar ein Plesiosaurus konnte ge borgen werden. Als Seltenheit sei noch ein Seestern aus dem Stcinbruche am Sonnenberge bei Waltersdorf er wähnt, der im Zittauer Museum ausgestellt ist. Alle Tiere siud meist Bewohner eines seichten Meeres gewesen. Reiches Tierleben entfaltete sich besonders in den Brandungs zonen und an den Küstenklippen fGamighügel bei Torna, Hoher Stein bei Plauen). Um dem Wogenprall zu wider stehen, waren diese Brandungsformen häufig mit dicken Schalen und Haftvrganen ausgestattet. In unserem Gebiete dürfte in einer Zone, die un gefähr dem Verlauf der Lausitzer Hauptverwerfung ent spricht, die nördliche Abbruchlinie des Kreidebeckens liegen. Mittelsächsisches Gebirge, Lausitzer Granitplatte, Sudeten rücken und Zentralböhmisches Massiv umsäumten das sich zwischen ihnen ausbreitende sächsisch-böhmische Kreidebecken. Mag auch das Lausitzer Granitmassiv manchmal vom Meere teilweise überflutet worden sein,' es gehörte jedoch im allgemeinen zum Fcsttande. Die sandigen Abtragungsprodukte des Granits wurden in das Kreidemeer verfrachtet. Sie füllten hauptsächlich den nördlichen Teil des Beckens. Wenn man sich von ihrem Ursprungsgebiete nach Süden entfernt, verschwinden die sandigen Ablagerungen. Kalkige Schichten, deren Bau material aus den Schiefer- und Kalkgebieten Jnnerböh- mens stammt, lösen sie ab. Die große Meerestransgression begann in unserer Gegend zu Beginn der oberen Kreidezeit mit einer Sen kung des Bodens. Zuerst sammelte sich nur Süßwasser in den durch die Senkung entstandenen Mulden. In diesem Becken wurden nur gering mächtige Sandsteinschichten ab gelagert, in denen sich zahlreiche Laubabdrücke erhalten haben lC r e ö n e r i e n). Bekannt sind die Fundplätze Niederschöna bei Freiberg, Perne im Egertale usw. Immer größere Landgebiete verschlang das vordrin gende Meer. Geröllsandsteine und eine 80 ni mächtige Schicht feinkörniger Sandsteine kamen zum Niederschlag. Diese Schichten werden mit den oben genannten Süß wasserablagerungen als Cenoman zusammengefaßt. Cenomane Geröll- und Qnadersandsteine finden sich an verschiedenen Stellen, z. B. am Trögelsberg bei Pankratz, in der Umgebung von Dresden und anderen Orten. Charakteristische Fossilien sind die wichtige Leit muschel Alectryonia carinata Lamarck und Bola acquicostata Lamarck. Ans diese Schichtenserie folgt das T u r o n. Es wird von dem ungefähr 60 ni mächtigen Unterturon ein geleitet. Im Zittauer Gebirge gehören die brennend roten Sande in den Sandgruben westlich vom Bahn hof Jonsdorf, an der Hölle im Oybintale und im Weißbach tale znm Unterturon. Das Leitfossil Jnoceramns labiatus Schlothcim findet sich bei uns nicht, jedoch häufig bei Pirna. Jnoceramns labia tus Schlvtheim ist eine konzentrisch gerippte, längliche Muschel. Die Ablagerungen des Unterturons werden von denen des Mitteltnrvns abgelöst. Die Schichten des Mittel- turvus haben in der sudetischen Kreide eine Mächtigkeit von etwa 100 m, in der Küstenzone des Zittauer Gebirges vielleicht bis 160 in. Während die mittelturonen Sandsteine des östlichen Elbsandsteingebirges durch reichlichen Ton gehalt ausgezeichnet sind, treten im Zittauer Gebirge, bet