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einer Stunde der Versuchung standhaft bleibt, verleumdet sie dieser, sie habe es mit Gerlach gehalten. Das Gerücht wächst und schwillt an im Dorfe und dringt schließlich an des Mannes Ohr. Es kommt zum Bruch, Laubner vergißt sich tätlich. Seine unglückliche Frau wird ans Krankenlager gefesselt. Bis dahin sind die ersten drei Akte voll Spannung und dramatischer Größe. Die Disposition ist fein durchgeführt und die Charaktere sind getreu gezeichnet. Erschütternd wirkt das Schicksal der Anna Laubner, das sie mit tausend Fangarmen umschlingt und seelisch zu vernichten droht. Stolz und mutig erträgt sie alles als sorgendes Weib, als liebende Mutter und — als Bäuerin um der Scholle willen, mit der sie noch enger verbunden ward, als sie den Bauer vertreten mußte. Nun aber beschließt sie, vom Hofe zu gehen. So schürzt sich der Knoten des Dramas in zwingen der und überzeugender Folgerichtigkeit. Und dann die Lösung. Ihr dienen die zwei letzten Akte, die sich vielleicht besser in einen zusammenfassen und knapper drängen ließen, um der Größe der drei ersten Akte gleichzukommen. Laub ner kommt zur Einkehr, wenn auch sein steifer, trotziger Bauernnacken sich nicht beugen mag. Um der Scholle willen will er sein Weib nicht fortgehen lassen, um der Scholle willen fällt Anna der Abschied bitter schwer, und um der Scholle willen drängt sie in ihr Kind, ein Baner zu werden. Hilbigs Lüge muß der Wahrheit weichen, und erst nun findet sich Laubners Herz zu Weib und Kind zurück, ist er genesen von aller seelischen Pein und Erschütterung, in die ihn sein Kriegsschicksal geworfen hat. Die Gestalten, die uns der Dichter vorstellt, sind kernig. Sie ertragen auch die seelische Not mit Mut und aufrechtem Sinn, bis sic zu bersten drohen. Anna Laubner ist eine Heldin, die bis zur letzten Kraft ihres Herzens kämpft. Dem kleinen Gustav freilich wird eine schwere Rolle zu geschrieben, die an einigen Stellen hinter den anderen etwas verblaßt und im vierten und fünften Akt sogar etwas hemmend wirkt. Sehr gut gezeichnet sind die sorgende Nach barin Ida Förster und die treue Magd Lina, die selbst nut dem trotzigen Knecht Friedrich fertig wird. Fritz Bertram hat mit diesem Werk einen großen Er folg errungen, denn er hat damit bewiesen, welche ernste und große Aufgaben auch die Mundartdichtung der Lausitz zu lösen vermag, ohne Unterschied zwischen preußischer und sächsischer Oberlausitz. Er hat sie mit diesem Drama nicht nur bereichert, sondern auch ein gutes Stück vorwärts ge führt und ihr neue, vertiefende Aufgaben gestellt. * Die Spielschar der Hetzwalder hat ihr Können bereits vorher bewiesen, u. a. mit Rudolf Gärtners „Glocke von St. Peter". Sie steht der „Thalia"-Reichenau nicht nach. Und diesmal schien sie sogar diese noch übertreffen zu wollen. In richtiger Auffassung übertrug sie Bertrams Mundart in ihre, und nur in einigen Stellen leuchtete die Mundart der östlichen Oberlausitz durch, die an das Schle sische angrenzt. Die Anna Laubner von Frieda Klippel war eine charaktertreue Gestalt, der Bauer Laubner von Bruno Israel fest in sich geschlossen und scharf gezeichnet in seinen Umrissen. Eine Charaktertype stellte Hugo Sei ler in dem trunklustigen Hermann Hilbig dar, während Annas Freundin Ida Förster von Bertha Herzog eine echte, gutherzige, aber auch handfeste Bäuerin war. Lenel Neumann als Magd Lina spielte frisch und belebend. Der junge Erich Langer als Laubners Sohn Gustav zeigte ein fleißiges und sehr strebsames Spiel. Auch alle anderen Rollen waren in guten Händen. Das Spiel selbst konnte noch etwas lebhafter sein. Für Laienspieler stand die Darstellung auf einer hohen Stufe und verdient be sondere Anerkennung. Die Aufführung hinterließ einen tiefen, nachhaltenden Eindruck und zog die Zuschauer fest in ihren Bann. Stür ¬ mischer Beifall lohnte alle Spieler und feierte den Dichter, der sich zum Schluß mit den Hauptdarstellern zeigte. So hat Fritz Bertram das Freundschaftsband der Heimatkunst zwischen preußischer und sächsischer Oberlausitz noch fester geknüpft. Um so höher ist sein Erfolg mit diesem Werk zu werten. Herbert Henkner. Das Gasthaus „Zum vchweizertal" (Geschichte eines Jonsdorfer Grundstücks) Als Siegmund von Döbschütz, Amtmann auf Oywien „aus Gerecht und Schaffen seines gnädigen Herrn, des Edlen und Wohlgeborenen Herrn Ladislawen Berken Herrn v. Daube auf Leippe und Reichstadt, des König reichs Böhmen oberster Landhofmeister, und im Markgraf- thnm Oberlausitz Landeshauptmann am Tage St. Thomae Apostoli, Anno 1548 zwölf tüchtigen Männern zu Jons dorf jedem eine Wüstung hinterlassen und verkaufet, hatte Fabian Kretschmar das Flurstück erhalten, auf dem heute das Gasthaus zum Schweizertal steht. Es war ein „Großgarten" wie die übrigen „Wüstungen", aber etwas größer als diese. Sein Erwerber hatte nach der oben teilweise angeführten Döbschütz'schcn Bereinungs- urkunde nicht wie die andern Ansiedler 10, sondern 12 Mark Zittisch als Kaufsumme dafür zu entrichten. (1 Mark Zitt. — ungefähr 21 Groschen- 1 Groschen — 7 Pfennige.) Das Grundstück diente also zuerst landwirtschaftlichem Be triebe. Da dasselbe aber wegen des unfruchtbaren, steinig ten Bodens den Besitzern „sein Vermögen" nicht geben mochte, mußte es sich von diesen im Laufe der Zeit mehr mals umstellen lassen, wie seine weitere Geschichte zeigen soll. Leider kann diese nicht vollkommen lückenlos wieder gegeben werden, weil die ältesten drei Schöppenbücher von Jonsdorf mit ihren Berichten über die Jahre 1530—1743 fehlen. Ein handschriftlicher Auszug derselben enthält nur ganz mangelhafte Angaben über die Schicksale einzelner Grundstücke und ihrer Besitzer. Doch verdanken wir diesem aus dem 2. Schöppenbuch (1567—1637), das Schweizertal grundstück betreffend, folgende Nachricht: „Caspar Wünsche von Hermsdorf bei Löbau Erbkanf gegen Fa bian Kretschmarn in Jonsdorf über den Garten zwischen Matz Funk und Peter Lindnern für 200 Zitt. Mark (1573, Sonntag Lätare)." Einen weiteren Bericht bringt das 4. -Schöppenbuch (1743—1793). Dieser ist inso fern von besonderer Bedeutung, als er uns Nachricht über die erste Betriebsumstellung auf dem Grundstück gibt. Es ist ein „Kauf", nach welchem Christian Goldberg, Gemeindeältester in Jonsdorf, Friedrich Eckarts Bleich- garten in Altjonsöorf für 500 Rthlr. am 13. September 1746 erwirbt. Aus obengenanntem Grunde fehlt der Kauf brief des Verkäufers. Es kann darum nicht festgestellt wer den, ob dieser den Großgarten zum Bleichgarten umgewan delt und damit das Garn bl eich en in Jonsdorf ein geführt hat oder schon einer seiner Vorgänger. Unsre Chro nik sagt von diesem Industriezweig, daß er eine vermutlich aus Böhmen, auf Veranlassung der Jonsdorfer Lein weberei, hierher verpflanzte Beschäftigung sei,, ,chie nicht allein Geld im Lande erhält, sondern auch vielen Familien Brod gibet". Fast ein Jahrhundert verbleibt dieser „Bleichgarten" in der Goldberg'schen Familie, weshalb er im Dorfe den Namen „Goldbergsche Bleiche" erhielt. 1770 am 4. Mat übernimmt Christians Sohn Johann Christoph Goldberg diese noch zu Lebzeiten des Vaters für 600 Rthlr., den Vater bis zu dessen Tode auf dem Grundstück belassend. Am 17. Januar 1799 kauft der Schwiegersohn Johann Christophs, Christian Gottfried Paul, Gartenbesitzer und Leineweber zum Hayn, aus dem Erbe desselben den „Garten" für 950 Rthlr. Unter diesem Be sitzer scheint die „Goldberg'sche Bleiche unter den drei