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Gbevlausitzov Hsimatzsltung Nr. S rasse der versumpften Spreeaue aufgeführt waren. Die wachsende Einwohnerzahl erfuhr starke Rückschläge, ent völkerte doch der 30 jährige Krieg ganze Landstriche und ließ seine Spuren in niedergcbrannten Bauerngehöften, den wüsten Marken, zurück. Der Flurname in Obertauben heim, „das wüste Gut", erinnert noch an diese schreckliche Zeit, und vielfach muß noch in den ersten Jahrzehnten nach dem 30 jährigen Kriege der Rittergutsherr auf seine Kosten Bauernhöfe aufbauen, Vieh, Ackergeräte und Saatgut geben, um überhaupt wieder Bauern anzusetzen. Aber be reits Ende des 17. Jahrhunderts vergrößert sich Tauben heim augenscheinlich. Von Nittergutsflnr und Bauern gütern werden Gartennahrungen abgetrennt, auch die Ge meinde, die in der Spreeaue ihren Grundbesitz hat, siedelt zahlreiche Gärtner an. Schließlich wurde im Jahre 1765 das herrschaftliche Vorwerk, das „Gut" genannt, an Gärt ner aufgeteilt (Neutaubenheim) und 1779 der Wassergrund, der dieses Jahr sein 150 jähriges Bestehen feiert. 1780 zählte Taubenheim einschließlich Ober- und Niederrittergut, Kirche, Pfarre und Schule bereits 176 Häuser. Nach dem großen Brande des oberen Rittergutes im Jahre 1644 wurde auch die Kirche vollständig eingeäschert, aber rasch wieder aufgebaut, so daß sie schon im Jahre 1645 geweiht werden konnte. Dieser Bau ist noch in der östlichen Hälfte unsrer Kirche erhalten. Also ließ auch damals das verhältnismäßig kleine Gotteshaus noch genügend Raum für deu Kirchhof. Aber 1738 wird der Friedhof als sehr eng und klein und dicht mit Gräbern besetzt geschildert, daß fast keine Leiche mehr darauf gelegt werden kann, wenn nicht teils unverweste Körper ausgegraben würden. Eine Erweiterung nach dem Pfarrhofe, der sich östlich der Kirche anschließt, kam schon deswegen nicht in Frage, weil die alte Fahrstraße, die unter der Pfarrbrücke (Verbindung: Pfarr haus—Kirche) im Hohlwege nach der Spree durchführte und den natürlichen Zusammenhang unterband. Dazu genügte der Raum vor dem Pfarrhause wohl kaum dem neuen Bedürfnis. Da man die Toten gern in der Nähe der Kirche begrub, kam ein fern liegender äußerer Friedhof nicht in Frage. Da zeigte der Rittergutsherr von Ober- und Nieder taubenheim Hans Heinrich von Zezschwitz als Kollator für die Notlage der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinde Ver ständnis und trat ein Stück von seinem sogenannten Schaf garten erb- und eigentümlich ab. Der geometrischen Ver messung nach war das abgetretene Stück Land ein Viertel Acker und 35 Qnadratrnten oder 6297 und ein halb qua dratische Ellen groß. Das stimmt so ziemlich mit der Fläche unsres alten Friedhofes überein. Die Länge hinaus vom Fahrwege an dem Pfarrhofe gegenüber und hinter dem herrschaftlichen Schafstalle bis oben an die Mauer wurde mit 5 Rainsteinen besetzt, die leider nicht mehr aufzufinden sind. Den Rain an der östlichen Seite bildet der nach Bu- dissin zu gehende Fahrweg und der daselbst befindliche Zaun. Die Herrschaft bekommt als Entschädigung aus der Gemeindekassc bei der Pfarre ein anderes Stückchen Gar ten, braucht dafür keinen Gemeindczins oder sonst etwas z» entrichten. Der Gemeindefleck mißt 60 Quadratruten oder 3435 quadratische Ellen. Die Herrschaft büßt demnach 2862 ein halb Ellen ein, ist es aber zufrieden, weil es der Kirche und der Gemeinde zugute kommt und verlangt keine Vergütung. Auch gibt sie Grund und Boden aus dem Schafgarteu für den neuen Friedhof frei und ohne jeden ferneren Anspruch ab. Zugleich wird beschlossen, um den neuen Kirchhof eine neue Mauer zn führen, die im Früh jahr 1739 gebaut werden soll. Die Gemeinde macht die nötigen Fuhren nnd Handlungen ohne Entgelt, die Kirche aber trägt aus ihrem Vermögen die übrigen Baukosten. Damit die Leichen über den alten Kirchhof bei der Kirche vorbei hinaus auf den neuen Friedhof getragen werden können, soll unter der Eiche durch die alte Kirchhofsmauer, jedoch außen vor der Herrschaft Garten, ein Tor gebrochen werden. Sobald die erste Leiche in der Gemeinde sich er eignet, wird diese sogleich auf den neuen Friedhof ein gesenkt, und zwar die alten erwachsenen Leute oben gegen den Hof, die Kinder gegen den Weg zu. Von Zeit zu Zeit soll die Grabreihe verlängert werden. Der Vertrag ist unterschrieben von den Herren von Zezschwitz, Magister Gottlob Kramsch (dem Pfarrer), den Kirchvätern Martin Wendler und Hans Friedrich Noack, den Gemeindeältesten Hans Adam Knöschke und Elias Hauptmann, dem Gerichts verwalter Gotthard Hohlfeld, dem Richter Zacharias Opitz, den Schöppen Hans Noack, George Magner, Hans Chri stoph Kretschmar und Hans Christoph Hauptmann. Der alte Friedhof rings um die Kirche wurde nun im allgemeinen nicht mehr benutzt, nur damals prominenten Personen, Gutsherren und Pfarrern, wird man an der Kirchenmauer noch Erbbegräbnisse eingeräumt haben, so z. B. dem Pastor Christian Friedrich Sylm (hier 1740—52), dessen Grabdenkmal auf der Südseite der Kirche sich be findet. Die übrigen kunstvollen Grabdenkmäler aus der Zeit des ältesten Kirchhofes haben ihren Platz ebenfalls an der Südfront der Kirche gefunden. Die heutige Anlage des inneren Friedhofes, der ebenfalls eine Reihe bemerkens werter Grabdenkmäler birgt, geht auf das Jahr 1834 zurück. Da die Bevölkerung stetig zunahm, reichte schließlich auch der innere Friedhof nicht mehr aus, und so wurde der äußere Friedhof auf behördliche Anordnung hin im Jahre 1893 angelegt und am 10. Sonntag nach Trinitatis des selben Jahres geweiht. A. H. Eine Kalenderqeschichte Die Veröffentlichung von Arthur Grünewald in Nr. 1 dieses Jahrgangs „Zwei alte Kalender" ließen mich nach einigen solchen greifen, die von meiner Großmutter stam men. Vor mir liegt ein „Verbesserter Kalender auf das Jahr Christi 1811. Schleiz, gedruckt und zu finden bey Jo hann Mauke". Darin ist eine Geschichte abgedruckt, die in unsrer Oberlausitz spielt und einen Vorfahren der heute noch blühenden Familie Förster in Mittelherwigs dorf behandelt. An der Hand der vortrefflichen Fami liengeschichte von Dr. Theodor Korselt: „Die Korsett und Förster, zwei deutsche Bauernfamilien" dürfte es nicht schwer fallen, den Helden der Geschichte und seine Nach kommen festzustellen. A. E. Wunderbare Rettung eines Kindes in der Oberlausitz Es giebt Vorfälle im menschlichen Leben, durch deren wunderbare Gestaltung der Glaube an die hülfreiche Ob hut der ewigen Fürsorge dem fühlenden Herzen so nahe geführt wird, daß er sich mit unwiderstehlicher Gewalt des selben bemächtigt. Ein solcher Vorfall ereignete sich wirk lich im Jahre 1809 in der Oberlausitz. Am 31. August des genannten Jahres verlohr der Gutsbesitzer Förster zu Mittel-Herwigsdorf bey Zittau seinen fünfjäh rigen Sohn auf folgende Art. Zwey etwas erwachsene Knaben gingen mit einander nach dem Dorfe Rettgen dorf. Im Vorbeygehen treffen sie den kleinen Förster vor der Wohnung seiner Aeltern, und rufen ihm zu, mit zugehen. Der Kleine thut es, ohne erst seinen Aeltern da von Nachricht zu geben. Eine Zeitlang gehen die drey Kinder miteinander, aber bald kann der kleine Förster seinen erwachsenen Gefährten nicht mehr folgen, und diese weisen ihn mit Ungestüm zurück. So kehrt der Knabe wie der um, kömmt bis Ober-Herwig sdorf, verliert den rechten Weg, durchläuft weinend und schreyend das Dorf, und weil er etwas undeutlich spricht, kann Niemand ihn zurecht weisen, noch erfahren, wem er angehöre. Man läßt ihn fortgehen, und das Kind kömmt nun gänzlich in die Irre. Den Aeltern, die von alledem nichts wissen, kömmt es bedenklich vor, als das Kind bei einbrechender Dämmerung nicht nach Hanse kömmt.