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An dem schon bei der Harthmühle erwähnten „Flösse!" verzeichnet Oeber an einer Wiese eine Mühle. Diese wird identisch sein mit der an der Fohrenbrücke oberhalb der Stcinhübelhänser 1629 erwähnten „naumühl" — Neumühle. 1716 wird sie „die verfallene Krtzschmarische Mühle am Flösse!" genannt. Die alten Schriftstücke aber schweigen, ob der Dreißigjährige Krieg auch dieses Mühlrad zum Schweigen gebracht hat, was wohl als sicher anzunehmen ist. Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts soll der Rest der Radstube zu sehen gewesen sein. Noch eine kurze Strecke weiter aufwärts nach dem Walde zu, der das Bächlein aus geheimnisvollem Berg stollen gebiert, steht die bei allen Sommerfrischlern be kannte Balteumühlc. In den Jahren 1701—68 entstand hier die unter dem Namen Valtenhäuser bekannte Ansiedlung, die nur „Neuhänser" genannt wurde, unter dem damaligen Besitzer des Niederhofes, dem Freiherr» von Burckers- rodc. Der Besitzer Gottfried Mildner wurde im Jahre 1723 als Kryptokalvinist verdächtigt, uud der Nachfolger Gott lob Berthold protestierte 1735 gegen die Unterdrückung der Herruhutischen Brüdergemeinde, die sich hier im Stillen gebildet hatte, durch den Freiherru von Huldenberg und wurde dafür mit Gefängnis bestraft. Wenige Jahre später besuchte der Graf v. Zinzendorf selbst Neukirch und nahm Wohnung in der jetzigen Bergtöpferei,' und da wurde aus einem Saulus ein Paulus,- denn fortan war der Freiherr von Huldenberg der eifrigste Förderer der Herrnhutischen Bestrebungen. 1783 bestand die Valtenmühle aus drei Ge bäuden, dem mit Schindeln gedeckten Wohnhause mit Mahlgang, der strohgedeckten Scheune und der ebenfalls mi? Schindeln gedeckten Vrettmühle. Am 18. November 1910 brannte das alte Anwesen ab und ist etwas seitlicher und kleiner wieder erstanden, sodaß man noch die Keller und Grundmauern des früheren Mühlengebäudes sieht. Jahrhunderte sind mit dem Bache vorbeigerauscht und haben das Gesicht der Mühlen verändert, Leid und Freud sind als ungleiches Geschwisterpaar so manches Mal über den Mühlsteg geschritten, aber immer tönt in gleichem Takte das Lied der Arbeit dazwischen, manchmal freudig schneller, manchmal in schleppender Sorge. Wer aber dem Rauschen des Mühlbaches aufmerksamer zuhört, der ver steht seine geheimste Sprache, in der er plaudert von längst vergangenen Tagen, von stiller Dorfeinsamkeit, die wir nicht mehr kennen, von Not und Tod in düsteren Kriegs zeiten, von den zwei steinernen Rittern aus der Kirchen gruft, die zum Harthmüller zur Kirmes kamen, von den schönen Wassernixen am Putzkauer Schwarzteiche und der stillen Bleicherin auf den Harthwiesen. Geheimnisvolles Flüstern und wehmütige Seufzer geistern in dem Räder werke und die Stufen des alten Mühlcngebäudes knacken unter den Tritten unsichtbarer Füße, wenn die Dorfuhr Mitternacht schlägt — Mllhlenzauber. Anmerkung: An Stelle des meist gebräuchlichen Namens Wesenitz setzte ich in vorliegender Arbeit die auf Meßtischblättern und Generalstabskarten gebräuchliche Be zeichnung „Weßnitz". Wilthen erhält Stndtrechte Aus Grund archivalischer Forschungen berichtet von Siegfried Störzncr, Dresden Als ich im Hanptstaatsarchiv zn Dresden über die Ver gangenheit von Wilthen forschte, kam mir auch ein vergilb tes Aktenstück in die Hände, das da berichtet, wie im Jahre 1668 das Dorf Wilthen zur Stadt erhoben wird. Eine hoch wichtige Urkunde, die uns erzählt, wie vor 260 Jahren der Ort Markt- und Stadtgcrechtigkeit durch den Landesherrn erhielt, durch Johann Georg II. Der Besitzer Wilthens, I der Freiherr von Taube, der auch auf Neukirch, Rödern, Lauben, Frankenthal und Tauscha bei Königsbrück saß, hatte den Kurfürsten untertünigst gebeten, doch dem Flecken Wilthen gnädiglich die oben genannten Rechte zu verleihen, was ihm auch von dem ihm sehr günstig gesinnten Fürsten bewilligt wurde. Der Freiherr Taube bekleidete in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gar wichtige Ämter, war er doch Geheimer Rat, dazu Amtshauptmann von Hain, dem heutigen Großenhain, ferner Karnmerherr am kur fürstlichen Hofe, also eine sehr einflußreiche Persönlichkeit, deren treuen Dienste der Kurfürst viel bedurfte. Wilthen hat später seine Stadtgerechtigkeit wieder ver loren oder aufgegeben. Und es ist dies nichts Ungewöhn liches. Nur ein Beispiel hierfür: Riesa, heute eine Stadt von 35 000 Einwohnern, erhielt 1623 Stadtgerechtsame. Durch die schweren Nöte des 30 jährigen Krieges, durch Plünderungen, Brandschatzungen und schlimme Seuchen ivar seine Einwohnerzahl derart gesunken, daß es beim Friedensschlüsse nur noch einen Flecken bildete, und der Ort blieb 200 Jahre lang ein kleines Dorf. Erst 1859 wurde Riesa zum zweiten Male zur Stadt erhoben, ist also damit eine der jüngsten Städte Sachsens, wenn wir von den erst in der Nachkriegszeit verliehenen Stadtrechten Neugers dorfs, Großröhrsdorfs oder Heidenaus absehen. Doch zurück zu unserer Urkunde, die uns nun berichten soll, wie Wilthen Anno 1668 Markt- und Stadtgcrechtigkeit erhält! sAmt Stolpen, Vol. XI, Amtsortschaften, Nr. 229/260). Ich gebe das wichtige Schriftstück hier wortgetreu und in der Schreibweise jener Zeit wieder, da es sich ja inu ein bemerkenswertes Dokument des 17. Jahrhunderts handelt, das von größter Bedeutung sein dürste, wenn sich die Einwohnerschaft des in letzter Zeit so rasch empor blühenden Gemeiudewesens nach dem Vorbild mancher Lausitzer Jndustrieorte eines schönen Tages wieder um Stadtrecht bemühen sollte. Die Urkunde hat folgenden Wortlaut: „Von Gottes Gnaden, Wier Johann Georg der Ander, Herzog zu Sachtzen, Jülich, Cleve undt Bergk, Chursürst Vor Uns, Unsere Erben undt Nachkommen thun kund undt bekennen mit diesen Unseren Briefe gegen männiglich: Nach dem Uns der Wohlgeborene, Vnser würcklich Ge heimer Rath, Cammerjerr undt Ambtshaubtmann zum Hayn, anch lieber Getreuer, Herr Reinhard Dietrich, des heiligen römischen Reichs Edler Panner- undt Freyherr von Tanbn, znr Neukirch, Rödern, Wilthen, Lauben, Fran kenthal undt Tausch, unterthänigst zn erkennen gegeben. Was gestalt unlängst seine Schäferei) zu Wilthen mit allen darin befindlichen Schaaf Biehe in einer zur Nacht angelegten Feuersbrunst unversehens undt plötzlich ver dorben, auch hirbevvrmeltes (d. h. vorhin genanntes) Rit tergut Wilthen sambt darzn gehörigen Unterthancn sowohl durch den landesverderblichen Krieg, alß vielfältigen Miß wachs undt andere Unglücksfätte in merckliches abnehmen gerathen, daß viele der Unterthanen, die sich sonsten das Orts ziemblichen würden genehret haben sd. h. die hier gutes Auskommen fanden), anß mangel der uahrung, weil ihnen mit unseren Feldern, Äckern undt Wiesen außzu- helffcn des orts gelegenheit nach nicht möglich gewest, ihnen aber, außer der Bauer arbeit ander Handthierung doselbst fürzunehmen nicht nachgelaßen s— erlaubt) wird mögen, wiewohl sie darzn wegen der nächstangränzenden Cron Böhmen undt Unseres Marggrafthnmbs Ober Laußiz wohl gelegen, sich anderen orthen zn seinem undt derer übrigen unterthanen Schaden nun noch mehreren ruin zuwenden, veranlaßt werden. Denen aber hoffentlich nicht wenig abgeholfen undt beides, ihnen oder seinem Ritterguthe, alß auch denen zu gehörigen Unterthanen dadurch hinwieder in etwas auff- geholffen werden könnte,'