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-Nr. 25 Dberlausitzsr Hsimatzsitung 313 die Namen Lüttwitz, Zastrow usw. Auch Görlitzer Bürger, wie Georg Emmerich, Hans Frenzel und dessen Sohn Joachim Frenzel hätten ihr Kapital in Schönberg an gelegt. Bekannt sei auch vor allem als Grundherren die Familie von soeben, der Schönberg viel zu verdanken habe. Durch Verheiratung sei es an die Rechenbergs ge kommen, die bis zum Jahre 1820 ansässig gewesen seien. Die Freiheitskriege hätten schwere Zeiten für Schönberg gebracht. Einen hohen Gast hat das Städtchen einmal in König Karl XU. von Schweden beherbergt. Im Laufe der Jahre habe die Industrie sich geändert. Die Steinindustrie herrsche heute noch vor. Herr Professor Dr. Jecht schilderte seine Eindrücke, die Schönberg auf ihn gemacht hatte, als er zum ersten Male vor 41 Jahren mit dem Altertums forscher Lutsch aus Breslau nach Schönberg gekommen sei. Auch letzterer sei entzückt gewesen von dem schönen, gemütsvollen und biedermeierischen Eindruck, den Schön berg mache. Die alte Kultur habe Schönberg mitgebracht. Davon zeugten die Lauben auf dem Markt und die Haus giebel, die nach der Straße gerichtet seien. Wenn Schön berg im Jahre 1084 sein Jubiläum feiere, so könne dies ohne große Kosten ein wahres Heimatfest werden. Überall herrsche oberlausitzer Gemütlichkeit. Wir seien Oberlau sitzer und keine Schlesier, bieder und treu. Wenn man erst den Anschluß gefunden habe, so fühle man sich wohl. Man freue sich der Heimlichkeit des alten Volkstums. Dr. Schulze aus Schönberg OL., der sich um die Er forschung der Schönberger Geschichte besondere Verdienste erworben hat, machte noch Ausführungen über die Eigen tümlichkeiten der Stadt. Er verbreitete sich über die Messo- lanweberei (Halbwolle) und deren Produkt, das Schön berger Zeug, das bis nach Amerika seine Verbreitung ge funden habe. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sei die Tuchmachcrei Schönbergs eng mit der von Görlitz verbun den gewesen. Schönberg habe eine besonders gute Walt erde gehabt. Die Bauformen der Stadt ständen im engen Zusammenhang mit der Weberei. 1688 sei die ganze Staat einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Von der damals herrschenden Wohlhabenheit zeuge es, daß innerhalb weniger Jahre die Stadt wieder aufgebaut worden sei. Dies komme auch in der einheitlichen Bauform zum Aus druck. Besonders erwähnenswert seien die prächtigen barocken Holzschnitzereien in der Kirche, die man der da mals ansässigen Familie von Loeben verdanke. Durch die Heilbrunnen habe Schönberg in alten Zeiten eine beson dere Bedeutung gehabt. Um 1640 seien von Hirtenjungen die Quellen entdeckt worden. Schon bald seien Heilerfolge zu verzeichnen gewesen. Das Jahr 171S sei ein bedeutendes Badcjahr gewesen. Damals habe man Badehäuschen ge baute Nach dem 7 jährigen Kriege aber sei nichts mehr vorhanden gewesen. Erst 1838 sei eine bedeutende Bade epoche gekommen. Schönberger Wasser sei bis in die Bres lauer Apotheken in Flaschen zum Verkauf gekommen. Noch seien die damals, gebauten Brunnenhäuschen vorhanden. Berühmt sei der Augenbrunnen gewesen, der bei Augen krankheiten sich bewährt haben soll. Die Frage nach der wirklichen Heilkraft der Brunnen sei viel umstritten. In neuerer Zeit habe man festgestellt, daß tatsächlich eine Radioaktivität vorhanden sei. W—l. Görlitz, 26. November. Aus der Görlitzer Vergangen heit sprach in einem Vortragsabend vom GDA. in der „Ressource" Herr Professor Dr. Jecht über „Plätze und Gassen im alten Görlitz". Er führte etwa folgendes aus: Görlitz ist über 700 Jahre alt, denn die Gründung fällt in das Jahr 1220, wo sich vereinzelt Fremde ansiedelten, und zwar dort, wo heute die präch tige alte Stadt- und Wehrmauer freigelegt wurde und von der Vergangenheit erzählt. Von Jahr zu Jahr wurde die Ansiedelung größer, entstanden Gassen im Gegensatz zu unseren heutigen „Straßen", die in früherer Zeit Land straßen bedeuteten. Um 1220 besaß ein Adeliger einen Guts hof, der verschanzt war, auf der Höhe (Burgberg), das Vorwerk war im alten Waidhaus. Ein Waidhaus diente dazu, den Waid, ein wichtiger Kärbestosf für die berühmten Görtitzer Tuche^ zu lagern. Görlitz hatte Mvnvpvt auf Waid und 1530 wurde die im selben Hause befindliche Schule freigemacht, um nun als „Waidhaus" zu dienen. Die älteste Schute befand sich, wie Prof. Sieg bewies, im Schlößchen, das sich neben Vogtshvf und Waidhaus be fand, südlich der Peterskirche. Bereits vor der Reforma tion war Görlitz eine blühende Stadt mit Handel und Wandel und bereits 1430 lHussitenkrieg) beherbergte Gör litz Hunderte von Schulern in seinen Schulen. Der Hain wald, anschließend an die Höhe (1130) und die Kahle (der kahle Wald) bestehen seit uralten Zeiten. Die Stadt Görlitz umfaßte in der Mitte den Markt (Untermarkt), von dem aus dann die einzelnen Gagen ginge-i. Das Dors Görlitz lag abseits. Am Markt befand sich die sogen. „Zeile", der noch jetzt bestehende Häuserblock, um den herum sich das ganze Wirtschaftsleben abspielte. Die Stadt, die damals noch die Hother-, Nikolai-, Büttner-, Plattnerstrage, Schwibbogen und Kischmarkt zurück zur Neiße umschloß, mußte vergrößert werden,- es entstand die Neustadt, die bereits 1300 eine wichtige Rolle spielte und den Neumarkt (Obermarkt), Fleischbänke, Steinstraße umfaßte. Ver schwunden sind die Namen und unsere Urväter nur könnten erzählen, dafj der heutige Wilhelmsptatz einst Neumartt genannt wurde. Um 1500 war Görlitz die größte Tuch stadt in Deutschland. Von weit her kamen fremde Kauf leute und brachten Leben in den Handel. Es begann die Zeit Emmerichs, des reichsten Kaufmanns seiner Zeit. Sein Haus befand sich Untermarkt 1. Hans Frenzel folgte, ein, im Gegensatz zu dem Herrenmenschen Emmerich, gütiger Mensch mit reichem Herzen. Die Fresken und Ornamente, das gotische Portal mit den Spitzbögen und die zwei nebeneinanderliegenden Lichthöfe in seinem Hause Untermarkt 5 reden ihre eigene Sprache vom Reichtum dieses Görlitzer. An den Stilarten (in der Hauptsache drei) vermag der Kenner die Entwicktung der Stadt Görlitz ge nau zu verfolgen. Um 1220 herrschte der ausgehende roma nische Stil, ab 1300 machte sich der gotische Stil mit seinen hohen Spitzbögen breit, um nach 1500 dem kostbaren Stil der Renaissance Platz zu machen. (Schönhof, ältestes Privathauö.) Aus dieser Zeit stammt so manches Görlitzer Kunstwerk: Die Rathaustreppe (1537) ist einzigartig auf der ganzen Welt. Da um die Zeile die Krämer ihren Stand hatten, auch noch die Waage viel Platz wegnahm, rückte man das Rathaus nach Norden. Interessant ist, daß 1813 Görlitz ca. 9000 Einwohner hatte und sich erst dann so rasend entwickelte. Der Görlitzer Tuchhandel erfaßte bis 1860 die ganze Welt und verdrängte fast die englischen Fabrikate aus Ägypten, Persien, Frankreich usw. — Gör litz wurde oft und sehr stark von Bränden heimgesucht, darin liegt auch die Erklärung, daß im Verhältnis wenig Urkunden vorhanden sind. So brannte 1741 die Peters kirche ab und die innere Einrichtung wurde vollständig vernichtet. 1717 wütete die größte Feuersbrunst aller Zeiten und brannte die Nikolaikirche aus. Einen Vorteil hatten diese Brände, sie erzwangen viele Neubauten, die dann im Renaissancestil durchgeführt wurden und Görlitz so berühmt machten. Nach dieser Kunstrichtung kam der Barockstil, sehr ornamentreich. (Obermarkt — Apotheke, 1780 erbaut.) Auch der Dresdener Zwinger ist Barock mit Rokoko-Einschlag. Eine der schönsten Barockbauten ist Stift Jvachimstein (1717 erbaut). Auch Neißstraße 30 und Ober markt 29 stammen aus dieser Zeit. Vom Biedermeierstil des 19. Jahrhunderts findet man in Görlitz wenig, ebenso ist der neuklassische Stil nur wenig vertreten, wie ja das 19. Jahrhundert im eigentlichen Sinne stillos ist und nur viele Imitationen bringt. So ist das Ständehaus imi-