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Beim G o t e l s ch u st e r in Niedergrund, Niederecke, bekanntes Wirtshaus. Im „Grunde", gemeint ist damit das Dorf Grund,' man sagt in Waltersdorf: der Grund, der Juirgenthoal — St. Georgenthal (ein ganz besonders beliebter Ausflugs ort, welcher Waltersdorfer wäre nicht einmal zum Georgen thaler Kreuzbergseste gewesen!). — Die Lausitzer sagen: die Gründschn, die Nordböhmen hingegen die Gründschnern. Das Gründel wird schon 1772 erwähnt. Gulichs Fabrik wurde im September 1880 von Johann und Beatus Gulich zu bauen begonnen, brannte jedoch am 23. Juni 1803 durch Blitzschlag ab und wurde etwas vergrößert wiedererrichtet. Bei dem Brande wurden die Muster der damals sehr beliebten Lausche-, Oybin-, Bastei- (und andere) Tischtücher (in Leinendamast) mit vernichtet! (Fortsetzung folgt). Rur m SWlschrrtlm. Stadtgeschichte aus dem Jahre 1656 8. Immer weiter vom Ziele Als Häberlein am andern Morgen aufs Rathaus ging, erfuhr er, daß Hans, des Stadtschreibers Sohn, gestorben sei. „Wer nur auch schon soweit wäre," dachte der Stuhl schreiber bei sich. Voller Unlust wollte «r die Abschrift einer Kriminalsache beginnen, als er sich sagte, es gehöre sich doch wohl erst, dem gestrengen Herrn Stadtschreiber sein Beileid über das Ableben des Hans auszudrücken. Tänzel empfing ihn mit finsterer Miene. Er kam garnicht zum Wort, sondern der Herr Stadtschreiber fuhr ihn barsch an: „Weiß Er schon, daß Er beim wohlehrenfesten, wohl achtbaren Herrn Bürgermeister vonwcgen seines gestrigen unziemlichen Gebührens in höchste Ungnade gefallen ist? Es erscheint auch mir, dem Herrn Stadtschreiber, sonder lich anmaßend und nit guter Sitte gemäß, wenn Er, der arme Stuhlschreiber, sich unterstanden, mit der ehrbaren Jungfrau Anna, der Tochter des hochmögenden Herrn Bürgermeisters, zu tanzen. Weiß Er denn nit, daß zwischen Jungfrau Anna als Standesperson und Ihm nicht zu be seitigende Schranken bestehen? Er hat es sich selbst zuzu schreiben, wenn der gestrenge Herr Bürgermeister Ihm für immer die so unverdiente Gunst entzieht. Ich werde tuen, was in meinen Kräften steht, den gerechten Zorn des gestrengen Herrn Bürgermeisters allmählich zu be sänftigen. Wissen kann ich es nit, ob es mir voll und ganz gelingen wird." Häberlein stand da, wie aus allen Him meln gefallen. Auch das noch. Er wollte den Herrn Stadt schreiber um gütige Fürsprache bitten, ihm sein Beileid ausdrücken. Er brachte kein Wort heraus. Mit einer stum men Verbeugung ging er, wie er gekommen. Nun saß er auf seinem Faltstuhle und starrte in einem fort auf eine der kleinen Butzenscheiben des Fensters, gleich als wollte er sie mit seinem Blicke durchbohren. Und wie er so sah, gewahrte er plötzlich, daß er eingekritzelte Schriftzüge an starrte. Diese waren ihm noch nie ausgefallen, vielleicht kam es daher, weil sich die Scheibe mehr in der Ecke des Rahmens befand. Er stand auf und entzifferte nach und nach „k^r aspsra aci astra! M. K. Anno 1607." Was hieß das auf deutsch? Warum war das vor nunmehr 50 Jahren wahrscheinlich mit einem Ringstetn eingegraben worden? Hatte es auch ein armes, betrübtes Menschenkind getan? Immer wieder las er die Worte, und es war ihm dabei, je öfter er es las, als ob eine Beruhigung daraus zu ihm spräche, als ob ein ähnliches Leid, wie das seintge, ihm einen Teil seines Schmerzes nehmen wollte. Er wurde ruhiger. Vielleicht konnte sich alles noch für ihn zum Vesten wenden. Er wollte dem Herrn Bürgermeister und auch Anna für sein unziemliches Betragen schriftlich Abbitte leisten, und es sodann ruhig abwarten, ob nicht sein Fund ihm das erhoffte Glück noch bescheren werde. Es erfüllte ihn wieder Arbeitslust und früher, als er gedacht, war er mit der Vormittagsarbeit fertig. Da ihm Zeit dazu übrig blieb, machte er sich sodann an die beiden Briefe. Das Schreiben an den Herrn Bürgermeister war bald fertig. Er glaubte darin den rechten Ton, die rechten Worte ge funden zu haben und faltete befriedigt den Brief zusam men. Nicht so leicht schrieb sichs an Anna. Er fing ein paar Mal an, dann sagte er sich, daß das morgen auch noch zurecht käme. Auf dem Wege zur Wohnung traf er den Herrn Primarius Wilichius. Er grüßte ihn ehrerbietigst, es war ihm aber, als ob der Gegengruß nicht so freund lich wäre wie sonst. Trotzdem fragte er den geistlichen Herrn, was ?or aspora ack astra in deutscher Sprache heiße. „Durch Rauhes zu den Sternen" oder „Durch Nacht zum Licht!" war die kurze Antwort. Häberlein dankte. Er fühlte, daß die Worte auf ihn paßten, und eine eigentüm liche Stimmung überkam ihn. Er mußte plötzlich an das Müllerliesel denken. Noch war er ihr Dank schuldig. Er hatte sich so lange nicht mehr in der Mühle sehen lassen. Nach Ser Nachmittagsarbeit wollte er hinuntergehen. Er schien immer mehr herauszufühlen, daß er ein großes be gangenes Unrecht wieder gut zu machen habe. Als er in die Görlitzer Gasse einbiegen wollte, sah er die alte Do- nathin schnell wie immer die Rittergasse entlang auf ihn zukommen. Unwillkürlich blieb er stehen. Es war ihm, als ob er warten müsse. Sie gab ein Briefchen an ihn ab. „Von der Jungfrau Anna," sagte sie, ihn erwartungsvoll dabei ansehend. Wahrscheinlich dachte sie, daß er es sofort öffnen werde. Es hielt ihn aber etwas davon ab. „Schon gut," sagte er, „läßt sie weiter nichts mitsagen?" „Nee, daß ich ne wüßte. Se schien ni viel Zeit zu hoan," ant wortete die Donathin. Als Häberlein nichts darauf sagte, sondern weiter ging, murmelte sie wie immer etwas vor sich hin und wandte sich ihrem Hüttchen auf der Neuen Sorge zu. Häberlein hatte den Brief in sein Wams ge steckt. Was mochte drin geschrieben stehen? Er hätte es gar zu gern gewußt, aber eine gewisse Angst hielt ihn davon ab, ihm war es, sobald er die Absicht hatte, das Briefchen zu öffnen, als ob eine Stimme zu ihm sagte: „Tus nicht, lies nicht!" So blieb der Brief geschlossen bis nach der Nachmittagsarbeit. Nun wollte er erst noch in die Wetzschkemühle gehen, mit Lisel reden und dann den Brief lesen. Er meinte, daß es so am richtigsten wäre. Als er im Begriffe war, seinen Weg anzutreten, kam der Herr Pri marius zu ihm und sagte: „Mein lieber Häberlein, Er fragte mich heute vormittag nach dem Wort, so wahr scheinlich von Seneca stammt, und ich möchte anitzo Ihn wrederumb fragen, was maßen Ihn dazu bewogen, Er scheinet mir große Anfechtung durch den Teufel erdulden zu müssen, der also sein Herze bedrücket, daß es in sträf licher Weise ein unziemlich Gebühren an den Tag bringet. Aber der Herr weiß die Gedanken der Menschen, daß sie eitel sind, und wenn sie vermeinen, das Rechte getroffen zu haben, so gehet doch Gott eine andere Bahn. Unser Wohl und Wehe stehet in seinen Händen. Bitte Er umb göttlichen Schutz, damit Ihm nit des bösen Feindes List großen Schaden zufüge." Häberlein wußte nicht, was er darauf sagen solle. Er fühlte heraus, daß er sich vor dem geistlichen Herrn, der es immer gut mit ihm gemeint, dem er auch die Schreiberstellc auf dem Rathause verdankte, nicht entschuldigen könne. Wilichius sagte noch beim Fort gehen: „Sein Schweigen besaget mir, Saß Er wohl fühlet, wie sehr er gefehlet, gehe Er weiter in sich, bitte Er Gott umb Beistand, und der Böse wird Ihm nichts anhaben können." Häberlein verfiel wieder, nachdem der Herr Pri marius fortgegangen war, in tiefes Brüten. Was hatte er Senn so übles getan? Bloß weil er ein armer Stuhl schreiber war, galt es als ein Verbrechen, daß er mit der Bürgermeisterstochter getanzt hatte. Wieder mutzte er an