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Ha, er hätte vvr Wut über den frechen Stuhlschreiber, der das ihm bezeigte Wvhlwvllen mit solcher Anmaßung be lohnte, sofort befehlen mögen, ihn in den schwarzen Turm stecken zu lassen, wenn der Kurfürst nicht anwesend ge wesen wäre. Sv mußte er eine sauersüße Miene zum bösen Spiele machen, aber morgen, ja morgen, da sollte es der Stuhlschreiber erfahren, was es heiße, solch ungeziemliches Bitten laut werden zu lassen. Häberlein ahnte zunächst nicht im Vollgefühl seines Glückes das heraufziehende Ge witter. Wohl merkte er, daß Anna seiner Bitte ungern Folge leistete, er hörte sogar mährend des Tanzes von ihr, daß sie ihm nur gewillfahret, weil der gnädige Herr Kurfürst ihm solch hohe Gunst bezeiget, aber das störte seine Freude in keiner Weise. Durste er doch einmal neben ihr gehen und dabei ihre kleine, weiche Hand halten. Alles andere würde schon die Brennende Liebe bewirken. Unangenehm berührte es ihn nur, daß wohl aller Augen auf ihn und Anna gerichtet waren. Wie konnte es anders sein? Daß eines Baders Sohu mit der Tochter des wohk- chrenfesteu, vvrachtbaren, hvchmögcnden Herrn Bürger meisters in Gegenwart deS Landesfürsten tanzte, das war, so lange die gute Sechsstadt Löbau stand, in ihren Mauern noch nicht vorgekvmmeu. Hätte er nur gehört, was man alles von ihm sprach. Die einen, die ihm wohlwollten, sagten: „Schade, daß er nur ein armer Stnhlschreiber ist, er würde fürtrefflich einen Stadtschreiber abgeben, und man könnte der Jungfrau Anna keinen besseren Ehemann wünschen. Immerhin ist es etwas unziemlich, mit ihr zu tanzen." Die andern aber, die ihm nicht einmal gönnten, daß er Hilfsschreiber des Herrn Stadtschreibers geworden ivar, machten ihrem Ärger darüber in bösen Worten Luft. „Da sieht man es doch wieder, wie sich das niedere Volk gleich so aufblähet und hochmütig gebärdet, wenn ihm ein mal ein Gnadenknochen zngewvrfen wird. Was dem Frech hans wohl einfüllt, alle Schranken guter Zucht und Sitte nmbzustoßen. So etwas ist noch niemalen dagewesen." Alle konnten es sich aber nicht verhehlen, daß beide ein auf fallend schönes Paar bildeten und diese und jene hübsche Patriziertvchter hätte sich gern den Häberlein zum Tänzer gewünscht, wenn er nur nicht bloß ein armer Stuhl schreiber gewesen wäre. Häberlein und Anna schritten an fangs stumm neben einander her. Wie hatte sichs der Stnhlschreiber so schön gedacht, nnd nun, da er seinen Wunsch erfüllt sah, befiel ihn eine arge Beklemmung. Er suchte nach Worten, er fand keine. Endlich brachte er müh sam heraus, wie er sich so sehr freue, daß Jungfer Anna sein Poem so wirkungsvoll vvrgetragen habe, nnd daß sie von Sr. Durchlaucht.so sehr geehrt worden sei. Anna sagte zunächst nichts darauf, erst nach einer Weile sprach sie leise, als ob es niemand als Häberlein hören solle, daß sie die Gelegenheit benütze, ihm für das schöne Gedicht, das sie sich von ihm gewünscht, zu danken, Es wäre ihr freilich lieber gewesen, wenn sie ihm diesen Dank mit der alten Donathen hätte übermitteln können,- denn hier, wo alle sie beobachteten, ließe sich so etwas nicht gnt tun. Häberlein hörte nicht den Tadel heraus, der sich auf sein freies Auf treten ihr gegenüber bezog. Die Liebe macht blind und taub. Er vermeinte, in Annas Worten säge ein leiser Wink, die Donathen als Liebesbvtin zu benützen, deshalb fragte er leise, ob er mit der Satrwassn bei ihr vielleicht schon morgen anfragen lassen dürfe, mann sie für ihn im Hausgärtlein zn svrechen sein könnte. „Um Gott, höre Er auf mit solchen Reden, weiß Er nit, daß Er mich damit ins Gerede der ganzen Stadt bringen kann?" flüsterte ängstlich Anna. Es war für beide gut. daß der Tanz seinem Ende nahte. Häberlein fühlte sich wie vom Schlage ge rührt. Jetzt fiel es ihm förmlich wie Schuppen von den Augen und er erkannte, daß er seiner Liebe zu Anna durch sein ungeziemliches Gebghren selbst das Grab be reitet habe. Mit einer steifen Verbeugung entfernte er sich nach Beendigung des Tanzes von ihr und verließ völlig niedergeschlagen wohl als Erster die festlich erleuchtete Nathausdiele. (Fortsetzung folgt.) Sberlausider Kctmalabcnd in LiMwalde am Sonnabend, 8. November, in der „Blauen Kugel" Wenn aus einem Orte unserer Heimat die Darstellung Lausitzer Wesens und Eigenart, die meisterhafte Zeichnung kt Lausitzer Charaktere und Gestalten einen weiten Weg in alle Welt angetreten hat, so aus Cunewalde, dem Sitze eines Wilhelm von Pvlenz. Und doch ist dieses lang- gestreckte Dorf zwischen den Bergen des schwarzen und weißen Gottes einer der stillen Orte, gerade, als ob es - sich so recht behaglich ausrnhen wollte in seiner „Cune- walder Wanne". Nun aber ist es lebendiger geworden. Der lange Zeit ruhende Gebirgsverein „Cnnewalder Tal" ist im vorigen Jahre zu neuem Leben erwacht und hat sich bereits durch , die Ausbesserung nnd Benennung des zum Czorneboh führenden Polenzmeges tatkräftig gezeigt: Es ist sehr er- frenlich, daß dieser Verein sich bemüht, das Andenken an Wilhelm von Pvlenz »ach Möglichkeit in den Vvrdergrnnd zu stellen. Das kam auch bei dem Heimatabend am 8. No- vember zum Ausdruck. Der Saal der „Blauen Kugel" war fast überfüllt und weit über 'M Besucher freuten sich über den Gruß, der vvn der Bühne winkte: „Schinn gudn Obnd — Ihr Cnne- Z waaler!" Herzlich und frisch war die Begrüßung des Vvr- / r sitzenden, Herrn Lehrer Lovke, die besonders auch dem Vorsitzenden des Landesvereins Sächsischer Heimatschuß, Herrn Hvfrat Oskar S e y f f e r t - Dresden, galt, der mit ' seiner Gattin erschienen war. Herr Looke umriß kurz die Ziele des Vereins, der danach trachte, alte Überlieferung zu wahren, Sitte nnd Brauch anfrechtzuerhaltcn, die Schönheiten des Cnnewalder Tales bekannt zu machen i und zu erschließen. Wir Lausitzer hängen an unserer Hei mat und stünden , im Banne der Schotte", wie Oskar- Schwär so schön sage. Die Gcbirgsvereine glauben dazu berufen zu sein, diese Ideale hvchzuhalten. Diesen Worten ließ Herr Lvvke noch eine recht gelungene Begrüßung in Mundart folgen. Im ersten Teile des Abends, den ein gemischtes Doppelguartett mit dem Liede „Oberlansitz, geliebtes Hei matland" vvn Kurt Schöne-Cunewalde und Kurt Piehler- Zittan wirkungsvoll einleitete kam auch Bihmö Koarle zur Geltung, vvn dem Alfred E l ß n e r - Großpostwitz „De diese Frove" und „De Hoglsjnngu" in sehr gelungener Weise znm Vvrtrag brachte. Im Mittelpunkt standen zwei Lieder von Wilhelm vvn Pvlenz „Vergänglichkeit" nnd „Wir haben uns gesunden", die Walter Dressier, ein Cnne walder, vertont hat. Margarete Klippel-Bantzen, die für die erkrankte Fran Dr. A. vvn Pvlenz eingesprungen war, sang diese schönen Lieder mit viel Innigkeit und erntete reichen Beifall. Ein Quartett des Konzert- und Theatervrchcsters Bautzen trug zur Ausgestaltung aufs Beste bei, vor allem die trauten Klänge der Ziehharmonika. Alte Lausitzer Tänze, wie sie der verstorbene Wilhelm Friedrich-Reichenau wieder neu erweckt hat, führten einige Turnerinnen des Turnvereins Cunewalde vvr, wobei au Stelle der bäuerlichen Tracht alte bürgerliche Tracht ge wühlt worden war. Die beiden Tänze „Winker" und „Samtmanchester" eigneten sich dazu ganz gut, während aber die „Sackmötz" und der „Kuckuck" steifer wirkten, als in bäuerlicher Tracht, zumal hier der Zylinder der Herren in Gefahr gerät. Die Tänze lösten viel Freude aus und es ist . dankbar zu begrüßen, daß sie auch in Cunewalde Freunde gefunden haben. Mit dem gemeinsamen Gesänge von Rudolf Gärtners „Drcschlied" in Mundart fand der erste Teil einen beschwingten Ausklang.