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ren Verwalter ward des hl. Pfarrers Scheune in diesen 1686 ten Jahr alsbald neu aufgebaut und dieselbe Ver größert. Damit der Ktrchenschreiber sein Getrayde auch Macht habe hineinzulegen." (Fortsetzung folgt.) Nur ein EtuWAreiber. Stadtgcschichte aus dem Jahre 1656 (Fortsetzung.) 5. Der Fund Am Sonntag darauf machte sich der Stuhlschreiber auf, die Stelle zu suchen, an welcher nach des Müllers Be schreibung der Eingang zum Bergwerke gewesen sein mochte. Sein Herz war voll frohen Mutes. Die Brennende Liebe schien zu wirken, Anna hatte seinen ehrerbietigen Gruß auf dem Kirchgänge freundlich erwidert. Das Müller- liesel war aber von entgegengesetzter Seite gekommen, hatte freundlich gegrüßt und er hatte nicht dergleichen ge tan. Es war leicht zu erklären, und sie legte es sich auch auf ihre Weise aus. Aber der Gruß war es nicht allein, der sein Herz so froh machte. Ein seltsam Gerücht hatte seit dem Morgen das Städtlein durchlaufen. Wenn es sich bewahrheitet! Stadtschreibers Hans sollte am Abend zu vor mit schlimmen Gesellen in Streit geraten und tödlich verwundet worden sein. Wenn er stürbe! Die Welt büßte ja an dem lockeren Burschen nichts ein, die Eltern waren zwar zu bedauern, aber er, der Hilfsschreiber beim E. E. Rate zu Löbau, hatte keinen lästigen Nebenbuhler mehr. Nun wollte er die Anna beobachten, ob sie durch das etwaige' Ableben des Hans in Trauer versetzt werden würde oder nicht. Wäre es nicht der Fall, was er sehnlichst wünschte, dann wollte er die Annäherung an sie versuchen. Wie schnell zieht doch das Schifflein der Hoffnung sein Segel auf, wenn ein Halbwegs günstiger Wind zu wehen beginnt. Das waren die Gedanken, mit denen sich Konrad Häberlein auf dem Wege nach dem Höllentale beschäftigte. So war er, ehe er es dachte, bis zur Mittelmühle ge kommen. Heute ging er aber nicht den Höllentalweg, son dern auf dem Wege über die Löbau, um sodann den sich am Mühlgraben hinziehenden Fußweg zu betreten. Hinter einem alten, heute nicht mehr vorhandenen Bauerngute nahm ihn dichter Wald auf. Er benutzte zunächst den Hohl weg, dann schlug er sich seitwärts in die Büsche, um nicht zur Bergwerksstelle die Felsen hinabsteigen zu müssen. Wald und Busch im Gemisch umgab ihn. Zeitweilig sah er jenseits des Löbauer Wassers die Gebäude der Wetzschke- mühle liegen. Nach einigem Suchen stand er dort, wo seiner Meinung nach der Eingang zum Bergwerk gewesen sein mochte. Freilich konnte die Einsenkung des Bodens, vor der er stand, auch einen ganz anderen Entstehungs grund haben. Eine Weile starrte er in die Vertiefung, dann sagte er sich, daß es ihm allein unmöglich sein werde, den verschütteten Eingang wieder frei zu machen. Zum Vetter Grohmann mochte er nicht hinübergehen und ihn bitten, ihm zu helfen. Mißmutig warf er die Spitz hacke weg, die er mitgenommen, und setzte sich, den Kopf tief herabscnkend, auf einen bemoosten Stein. Lange hatte er so gesessen, als er plötzlich aufsprang und sagte: „Ich Tor, wenn die Bergleute seinerzeit das Bergwerk ver schüttet haben, weil darin der Bergsegen ausgeblieben, so kann doch demnach die reiche Erzader daselbst auch nicht zu finden sein, und wenn ich auch hineinkönnte. Sie ist wahr scheinlich in der Nähe im Felsgestein verborgen, aber wo ist die Stelle." „Da heißt es suchen, suchen, bis ich sie ge funden habe. Krödo, hilf mir!" rief er nach einer Weile aus. Er nahm seine Hacke und schlug aufs Geradewohl hier und da in die felsigen Abhänge ein. Sein Mut, seine erst so frohe Zuversicht schwanden immer mehr, als die vielen Bemühungen keinen Erfolg zeitigten, und doch näherte er sich immer mehr der Stelle, die zum zweiten Male die Wiederaufnahme des Bergbaus veranlassen sollte. Als er um einen Felsblock bog, hörte er deutlich jemanden hacken. Vorsichtig schlich er sich näher und sah plötzlich zu seinem maßlosen Erstaunen das Müllerliesel, welches emsig mit einer Hacke in das verwitterte und deshalb sehr lockere Felsgestein einschlug. Eine Weile sah er ihr zu. Die ver schiedensten Gedanken jagten durch sein Hirn. Vor allem war es die Frage: „Warum macht sie das?" Sie mochte schon ziemlich lange gearbeitet haben, denn viel Gestein war bereits herabgerollt. Die Müllerstochter befand sich ganz in der Nähe von der Stelle*), an welcher wir als Kinder, allerdings nur mit den Taschenmessern, den noch heute sichtbaren Erzgang aufdeckten. Ich habe damals, vor mehr als fünfzig Jahren nicht gefragt, woher die Stelle einer meiner Schulkameraden kannte. Hatte er sie zu fällig aufgefunden, oder war es auf Grund alter Famt- lienüberlieferung geschehen? Vielleicht war letzteres der Fall: denn er fand auch stets die schönsten Bergkristalle, sogenannte „Löbauer Diamanten", kurz und gut, wir stießen unter seiner Leitung und später auch ohne dieselbe bald auf die schwache, dunkle Erzader, die sich in dem ver witterten Gestein den Abhang hinabzieht. Liesel hatte etwas tiefer eingeschlagen als wir. Ihr zur Seite lag be reits ein Häuflein Erzmasse. Das sah der etwas tiefer stehende Häberlein. Blitzschnell durchzuckte ihn der Ge danke: „Die will dich um den Fund bringen." Seiner ersten Erregung folgend, rief er laut: „Liesel, was hat das zu bedeuten?" Das Mädchen hielt erschrocken mit dem Hacken ein, eine tiefe Röte, der aber sofort Blässe folgte, überflog ihr Gesicht. Sie sagte leise: j,,Konz, du hier?" Dann stieg sie, so schnell es der Abhang erlaubte, hinab und wollte am Stuhlschreiber vorübereilen. Dieser er faßte sie bei der Hand und fragte noch einmal: „Liesel, was hat das zu bedeuten?" Das sichtlich erregte Mädchen schlug die Augen nieder und hauchte fast: „Ach, Konz, laß mich in die Mühle gehen." „Erst sagst du mir, warum du hier gegraben," sprach Häberlein und seine Stimme klang nichts weniger als freundlich. Sie schwieg, aber man merkte es ihr an, daß es ihr schwer fiel. „So," stieß der Stnhlschreiber ziemlich schroff aus, „du kannst es mir nicht sagen? So will ich dirs sagen, du hast mich um den Fund bringen wollen. Du gönnst ihn mir nicht, das hätte ich nicht von dir gedacht, daß du so —." Weiter kam er nicht in seiner Rede: denn das Mädchen hielt sich beide Hände vor die Augen, weinte laut auf und sagte unter heftigem Schluchzen: „Ach, lieber Konz, wie tust du mir doch so wehe. Ich wollte dir eine Freude machen, dir das müh same Suchen nach der Ader ersparen und sie dir zeigen, nachdem ich sie gefunden, daß du dann weiter nachforschen könntest, aber, was zählt das alles noch bei dir, seitdem du eine andere lieber hast als mich?" Bei diesen im größten Herzeleid herausgestohenen Worten riß sich das furchtbar erregte Mädchen von ihm los und eilte der Mühle zu. Häberlein lief ihr nach und rief: „Liesel, ver zeihe mir, es war nicht so bös gemeinst, Liesel, halt doch ein und sei wieder gut." Liesel floh wie ein aufgescheuchtes Reh dahin, sodaß Häberlein, der nicht in die Mühle wollte, und den die brennende Frage, ob Liesel wirklich die reiche Erzader gefunden, zu sehr beschäftigte, zum Felsen zurück kehrte. Wohl klangen ihm die Worte „seitdem du eine andere lieber hast als mich" im Ohre fort, aber, was konnte das wohl sein, sie, die simple Müllerstochter gegen über der wunderschönen Anna, und überdies die nahe Blutsverwandtschaft, was doch das einfältige Mädchen dachte!" Diese Gedanken beruhigten ihn schnell. An der Fundstelle angekommen, machte er große Augen. Es glänzte ihm aus dem Felsstreifen ein langer, schmaler Erzstreifen entgegen. Liesel war auf die Ader gestoßen. Diese zeigte zwar noch nicht den erhofften Erzreichtum, *) Anmerkung des Erzählers.