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an die Lause und weiln einige Grentzbäunre eingegangen sind- durchgehends Gräntzsteine gesetzet morden." Auch wird das ganze Ziegenrückenmassiv oft als Buchberg bezeichnet. Die Gründische Straße führt, an der Pfarre von der Dorfstraße abzweigend, durchs „Nieder Dörfel" nach Niedergrund. Das Gründel liegt am Nordhange des Butter berges und läuft mit einem Wässerchen in der Nähe von Schulzes Scheune und dem Wegweiser auf der Jonsdorfer Straße unmerklich aus. Das Gutgässcl, jetzt wie so viele Gässel in Wal tersdorf zu, lief zwischen den Häusern Nr. 103 o und „Linke-Michels Gedingehause" vom Kirchberge ins Dorf. Der Güterweg, früher Gärtner- oder Bauern seite, jetzt schlechthin „hintenrunter", ist der jetzt bei Langes Fabrik anfangende, hinter den Bauerngütern laufende, an der niederen Schule auf die Gründische Straße stoßende, als Lauscheaufgang markierte Weg. Häber-Karls Ecke: die gefährliche Straßenbie gung südlich der oberen Schule, wo der Weg „Auf der Heide" beginnt (Nr. 263). Die Hähnelmühle ist die Mittelmühle, nach dem gegenwärtigen Besitzer benannt. Der Hammerbach in Böhmen,' siehe Etsch und Fallerwasser. (Fortsetzung folgt.) Sterbendes Heideland. Von G. Liebmann, Bautzen Schluß. Im Büro des Braunkohlen-Syndikats wird fieberhaft gearbeitet. Ankäufe werden geregelt, Pläne für neue Wege bauten geprüft. Stetig wechselt und wächst die Ausdehnung der Grube, an den Plänen wird korrigiert und gestrichen. Weite Strecken werden mit dem Zirkel abgestochen und für die Grube eingezogen. Es ist ein ungleicher Kampf, den die Grube mit dem schwer um seine Scholle ringenden Bauer führt. — Plötzlich geht es wie eine Erleichterung durch die führenden Stellen: Pietschmann hat den Vertrag für den Heidhof unterschrieben, der Heidhof und die Höfe von Köhler und Ehlers, die sich- ein Dorn im Auge der Gesellschaft, wie ein Keil in die wachsende Grube schieben, -önnen eingezogen werden. Das gibt eine große Verände rung, der Weg nach der Heide ist frei. Das Moor und die Heide können abgetragen werden. In den kleinen Arbeiterhäusern spricht sich die Ver änderung herum. Die Grube wird auf die Heide zu wachsen. Niemanden bekümmert das, die Grube wächst ja täglich, was tuts, wenn ein Stück trostlose Heide verschwindet? In der Heide und im Moor hantieren Sachverständige und Ingenieure mit rot-weißen Meßlatten und kleinen messingnen Instrumenten, und füllen Tag für Tag Seite auf Seite ihrer abgegriffenen in Leinewand gebundenen Notizbücher. — Die moorigen Wiesen und Teiche werden nicht viel zu schaffen machen, wenn erst die Grube nahe ge nug heran ist, wird das Grundwasser von selbst sinken. Der Wald und die Bäume im Moor können zu Knüppel wegen verwendet oder verkauft werden — alles wird auf gebraucht, die Heide wird verteilt. — Um den Vermessungs beamten, der mitten auf der Moorwiese lange Zahlen reihen addiert, schaukeln zwei jammernde, schreiende Kie bitze in der Sonne; der Mann steht mit dem Absatz in ihrem im Gras versteckten Nest und ist in seine Ziffern und Skizzen vertieft. Lange Monate vergehen. Pietschmann hat seinen Heid hof nie verlassen, er ist abgemagert, geht gebückt. Die Leute reden von Wahnsinn, der Alte habe den Verstand verloren. — Es ist Mitte Juli, die Jungstörche stehen fast flugreif im Nest und klappern. Da setzt die Grube zum Sturm auf die letzten Häuser des Dorfs und die Heide an. Zwei Höfe sind in Schutt und Trümmer gesunken. Lastautos schaffen das Gerümpel und die Balken beiseite, Bagger schürfen die erste Schicht des Bodens ab und Feldbahnen rasseln bim melnd hin und her. Und Pietschmann starrt aus den kleinen, dicken Stubenfenstern auf die Trümmer der Nachbarhöfe. Nur der Heidhof steht noch unversehrt. Pietschmann hat unterschrieben, aber räumt nicht, die Haustür ist verram melt —, die Alten sind wahnsinnig. Das hohe, dunkle Strohdach des alten Heidhofes mit dem Storchnest auf dem Giebel ragt als letztes Wahr zeichen alten Heidbauertums über die Grube. Aus den wurmstichigen Balken des Fachwerks rieselt unter der Er schütterung stampfender Maschinen feines Holzmehl, der Lehm bröckelt zwischen den Balken heraus, stellenweise ist nur noch eine dünne geflochtene Schilfwand erhalten. Der Heidhof stirbt und Pietschmann starrt irrsinnig aus dem Fenster auf die arbeitenden Menschen. — Unwillig blicken die Ingenieure nach dem verträumten Hof, der halb ver fallen ihrer Vernichtungsarbeit trotzen will. — Endlich ist die Räumungserklärung da, das Niederreißen des Hofs ist genehmigt. Die Männer rütteln an der morschen Tür, aber Pietsch mann öffnet nicht. — Plötzlich tut sich die Tür doch auf. Seine Frau taumelt über die ausgetretene Schwelle, erhebt beide Hände zu Fäusten geballt drohend gegen die Grube gerichtet und torkelt dann den Heidweg entlang ins Moor. Die Leute lachen. Sie durchsuchen das Haus; es ist leer, Pietschmann ist verschwunden. Auf dem Steinherd prasselt ein kleines Feuer, in der Stube tickt der alte, schwere Uhr kasten. Der Lehnstuhl steht gemütlich in einer Ecke. Und die Leute durchsuchen das Haus gründlich. Staunen über hölzerne Eßlöffel und Näpfe, beklopfen scheu den geschmie deten kupfernen Kochkessel, der am Dreifuß über dem Herd hängt. Auf der Ofenbank liegt eine zerlesene Bibel mit Ledereinbanö und riesengroßen Buchstaben. Alle Räume sprechen von der stillen Zufriedenheit des Heiöebauern, die der Liebe zur angestammten Scholle entströmt. — Die Leute verlassen das Haus schweigend und laufen oder fahren zur Mittagszeit merkwürdig ergriffen nach ihrem eigenen Heim. Kleine lichte Häuser sind es mit großen weiten Fen stern und glatten, bemalten Wänden. Und der Arbeiter tritt suchend in das Helle Haus, sucht nach dem unerklär lichen etwas, das den Heidhof so anheimelnd und schön machte. Wo ist die Zufriedenheit, die dort aus dem an spruchslosen Holzgeschirr sprach oder das still Gemütliche, das der alte, zersessene Großvaterstuhl, die gepolsterte Ofenbank und die kleinen, fast winzigen Fenster, dem Zim mer gaben? Kopfschüttelnd blickt er sich in seiner dagegen unheimlich leeren Wohnung um, setzt sich auf das grell bunte Sofa und greift nach einem aufregenden Roman, um sich — zu beruhigen. Vor seinen Augen aber tanzen auf vergilbtem Papier die großen, verschnörkelten Buchstaben der Bibel des Heidbauern, des Buchs, aus dem der Mann Kraft zur Arbeit auf seiner Scholle schöpfte, bis ihn die fressende Grube wahnsinnig machte. Der Heidhof wird geräumt. Alte schöne Vauernschränke, eisenbeschlagene Truhen, klobige Stühle und alles, was sonst im Hofe an einfachen Möbeln und Geschirr vorhanden ist, wird einstweilen in rußigen Schuppen untergebracht. Die Scheune, deren bemoostes Strohdach fast bis auf den Erdboden reichte, ist bereits weggerissen. Dann legen die Arbeiter Hand an das alte Haus. Eine warme August sonne strahlt, während der Hof ins Grab sinkt. Die Jung störche sind ausgeflogen und treiben sich mit den Alten im Moor herum. Als die Dachdecker das Strohdach aufreißen und das festverankerte, schwere Storchnest vom Giebel herabstoßen, biegt die hoch oben ruhig kreisende Störchin jäh ab und rudert über den Forst nach den Teichen. Die