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22S Gberlausitzer HeimaLzeitung 2Ir. 18 17. Jahrhunderts nennt seinen Namen nimmer wieder. Während des langen siebenjährigen Krieges sind be sonders von der rechten Seite des Queisflusses, die zu Schlesien gehörte, oftmals Bauernsöhne mit den „Zieten- husaren" fortgeritten. Im 30 jährigen Kriege hat sogar ein Pfarrer (Pastor) seine Dorfpfarre verlassen und ist als schwedischer Feldprediger mit ins Weite und in die Ferne gezogen. Neben seine eingetragene Hypothek hat eine spätere Hand fein säuberlich den Namen Hirschberg ein getragen. Er scheint später wieder in den Pfarrdienst der Heimat zurückgekehrt zu sein. Bei den hypothekarischen Eintragungen nach der Zeit der Befreiungskriege ist oftmals das Todeszeichen und die Jahreszahl hinter der Eintragung vermerkt: f 1814 in Frankreich. Die Hypothek ist gelöscht worden. Auch in Testamenten findet man diesen Vermerk nicht allzuselten. „Wer den Tod im Heilgen Kampfe fand, ruht auch in fremder Erde: im Vaterland!" Die alten Schöppenbücher enthalten selten Teile von alten Gemeinderechnungen, die durch Zufall in sie hinein gekommen und in sie mit eingebunden worden sind. Sie sind, sofern sie Kriegszeiten betreffen, eine Fundgrube der heimatkundlichen Geschichte. Sie bereichern sie ungemein. Auch ihre Eintragungen mögen für sich selbst sprechen. Sie stammen besonders aus der Zeit der Befreiungskriege. „Den Russen für eine Feldwache zwey Lichter ge liefert." — „Dem französischen Stabskapitän ein Nacht quartier und Vorspannpferde gegeben." — „Blücher für seine Kontribution gezahlt." — „Der durchmarschierenden Landwehr Brot und Branntewein geliefert. Item Vor spannpferde, zwei Schöpse und 20 Metzen Hafer." — „Ins Lazarett geliefert: 5 Sack Mehl vom Windmüller, 8 Metzen Korn zum Mahlen, 10 Pfund Kuhfleisch und eine Um lage." — „Vor die Kosaken gegeben 3 Taler 12 Silber groschen vor Branntwein dem Kretschmer." — „2 Fuhr werke gestellt und Lohn für den Knecht vom Fischer Bauer, so mitgezogen." Die Reihe ließe sich noch verlängern. Jeder der Herren Kollegen wird beim Studium der Schöppenbücher seiner Heimat auf ähnlich, selbstverständlich nach heimatlichem Kolorit anders lautende Schöppenbucheintragungen ent decken. Gerade die Sammlerarbeit auf diesem Gebiet be reitet Freude. Es sind neue Bahnen der historischen For schung, die noch in keiner Chronik stehen. Auch die Zeit „zwischen den alles umwälzenden Krie gen" wirft ihre Schlaglichter in die Schöppenbücher hinein. Ein kurzer Hinweis: Die Oberlausitz mit dem Queiskreise, in dem der größte Teil des heutigen Laubaner Kreises liegt, gehörte bis zum Jahre 1815 zu Sachsen. Von 1623 bezw. 1635 ab. Die sächsischen Kurfürsten sind stets Anhänger der Refor mation gewesen, bis sie im Jahre 1697 wegen der Über nahme der polnischen Königskrone katholisch wurden. Der neuen Lehre traten sie aber auch in der Folgezeit nicht hindernd und hemmend in den Weg. Als nun 1654 sowohl in Schlesien, wie auch in Böhmen die Maßregeln der Gegenreformation einsetzten, verließen viele Schlesier und Böhmen als heimatflüchtige Exulanten ihre Heimatsdörfer und siedelten sich in der Oberlausitz, deren Grundherr schaften evangelisch waren, an. Auf „dem Trauerstege bei Meffersdorf" haben sie z.B. die Grenze überschritten. Einzelne Schöppenbücher, z. B. das von Ober-Schwerta, erzählen nun in ihren rechtlichen Abmachungen zwischen der Grundherrschaft und den zuziehenden Exulanten, daß sie sich gegen Entrichtung eines mäßigen Jahreszinses „auf dem rauhen Hau" heimisch gemacht und einen neuen Ortsteil angelegt haben. An anderen Orten treten deutsch böhmische Namen auf. Bor allen Dingen waren es Weber, die in die hiesige Gegend kamen. Die Ausbauten der Dörfer sind vielfach von diesen „Glaubensflüchtigen" an gelegt worden. Sie beeinflussen die Schöppenbucheintragungen noch in anderer Hinsicht. Als 1742 Friedrich II. durch den Frieden zu Breslau Schlesien gewann, durften die evangelischen Schlesier Kirchen bauen, „nach ihrer Facon selig werden". Dadurch blieben in der Oberlausitz die „Grenzkirchen gänger" mit ihren allsonntäglichen Kirchenopfern und ihrem Kirchendezem fort. Dafür stiegen die in den Schöp penbüchern als Abgaben eingetragenen Kirchensteuern. — Selbst die Kirchengeschichte beeinflußt sogar die heimat lichen Schöppenbücher. Sind dies auch Kleinigkeiten, so sind sie doch wert, genannt zu werden. Vor den Kirchenabgaben stehen die gemeindlichen Lei stungen. Sie mußten sowohl der politischen, wie der Kirch- und auch der Schulgemeinde geleistet werden. In evange lischen Kreisen findet man folgende Eintragungen: „An Abgabe für die Kirche, für den Schulmeister an Weih nachten ein Gröschel, an Ostern und Pfingsten dasselbe, zur Kirmes eine Garbe, wie sie das Feld gibt." In katho lischen Gemeinden oder bei katholischen Einwohnern steht folgende Schöppenbuchbemerkung: „Für den Herrn Pfarrer der Tischgroschen, der Dezem für die Kirche besonders." An reinen Gemeindeabgaben sind Hand- und Spann dienste für die Wegebesserung, für Uferbauten, Bachräu mungen und dergleichen mehr unter den Belastungen der dörflichen Grundstücke verzeichnet. Umfangreicher sind die gründ-, die gutsherrschaftlichen Regalien, Oneras oder Gefälle. Da steht das Spinn-, das Hofe-, das Wacht-, das Weg-, das Boten-, das Hausdtenst- und das Fuhrgeld, falls nicht die genannten Dienste mit der Hand auf dem herrschaftlichen Hofe ausgeführt und geleistet wurden. Wo kamen diese Abgaben und Leistungen, wo stammte überhaupt die Leibeigenschaft, die Erbuntertänigkeit, der lässige Nobottdtenst her? Wieder historische Ursachen, durch deren Aufzählung die alten Schöppenbücher zu wichtigen geschichtlichen Urkunden werden? In die Zeit der Besiedelung unserer Heimat mit deut schen Kolonisten müssen wir zurückgehen. Der Landesherr verlieh für treue Dienste in Krieg und Frieden nicht nur schmückende Wappen, sondern auch Landverleihungen: Lehen. Diese ausgedehnten Landstücke konnte der einzelne Adelige nicht allein bewirtschaften. Er zog Siedler ins Land. Gegen einen geringen Erb- oder Silberzins oder gegen Entrichtung gewisser Arbeiten erhielten die Ansiedler freies Land für den Bau ihrer Häuser und freies Feld. Erb- und eigentümlich gehörte es dem Lehenherrn, der selbst dem Kaiser oder irgendeinem Landesfürsten tribut öder irgend anderswie leistungspflichtig war. Dieser Zins war anfangs recht gering. Er stellte eine Wenigkeit dar. Nun aber kamen schwere Zeiten über das Dors. Im 30 jährigen Kriege brannte der Schwede und der Kroate nicht nur dem Bauern, dem Gärtner und dem Häusler sein Anwesen nieder, sondern auch dem Gutsbesitzer, dem Adeligen auf dem Rittergute. Auch seine Felder blieben unbestellt. Auch sein Vtehstall und sein Kornboden ward leer. Die Plünderer nahmen in Schloß und Hütte das, was sie fanden. Dazu kamen noch hohe Kriegssteuern dem eigenen Landesherrn, dessen Kassen auch leer wurden und waren, hinzu. 1620—1623 setzte eine silbervergoldende Münzinflation ein. Damals wurden, wie ein Heimat chronist mit vollstem Recht behauptet, aus Reichen Arme. Wir haben den Unsegen einer papiernen Inflation an unserem eigenen Leibe erlebt. Unsere Altvorderen kannten ihre verhängnisvollen Wirkungen ebenfalls. Der alte Fritz beschwor eine neue Inflation mit Messinggeld, das für silbernes ausgegeben wurde, herauf. All dies machte sich im Verein mit den über das Land fast in jedem Jahr hundert hinwegbrausenden Kriegen in unliebsamster Weise bemerkbar. Der Gärtner, der Bauer und der Häusler, der auf seinem entliehenen Grund und Boden saß, hatte kein Mittel, sich aus diesen verarmenden Verhältnissen empor-