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Nr. 17 Gberlausitzev Hsrmatzsttung 213 öfters mit dem üblen Menschen zusammen und tat es offen vor allen kund, daß sie ihm zugehörig sei. Der Tote ward in geweihter Erde bestattet. Solches geschah im Nachbar lande, dessen Sohn er gewesen. Fanden sich wohl Nach frager ein, die erkunden wollten, wie sich das schreckliche Er eignis im Walde begeben. Weilen aber der schwarze Joseph bet Lebzeiten ein Mann gewesen, dem man allerorten aus dem Wege gegangen,' weilen auch nicht Vater noch Mutter waren, die um ihn getrauert hätten, schliefen die Nachfor schungen ein und nur ein kunstloses Kreuz, von Holzfällern gesetzt, kündete von der Tat. Maria galt als erklärte Liebste des Burschen. Und wie man ansonsten von ihr sprach, dessen habe ich gedacht. Ich Habe es mit bitterem Schmerze getan,' denn ich mußte empfinden, daß Maria meinem Herzen näher stand, als ich mir gestehen wollte. Es hieß, daß das Hochzeitspaar bereits beim Pfarrer unten im Tale gewesen sei, das Weihen von der Kanzel zu bestellen. Da geschah, was ich anfangs meiner Geschichte berichtete. Es fand der Förster den Podheisky im Walde über einem Reh, so trächtig gewesen und einem Kitzlein das Leben hätte geben können. Der Bursche hatte der armen Mutter nicht geschont. Solches hatte der Förster, der leise herangeschlichen, mit großer Erbitterung geschaut und den Wildschützen mit starker Stimme zu schrecken und zu hassen vermeint. War der Bursche aber allzeit auf der Hut und hatte des knackenden Zweigleins unterm Fuße des Hegers wohl acht. Er sprang fach zur Höhe und brachte im Augen blicke seine Büchse nach dem Jäger. (Meinte er, weilen ihm einmal harte Strafe gewiß sei, wolle er sich an dem Ur heber rächen.) Allein es schlug die Kugel westab in die Büsche und riß der zornentbrannte Heger darauf sein Ge wehr an die Wange. Glaubte der Bursch, er könne in dem Augenblicke entrinnen und warf sich blitzschnell zu Boden. Hatte sich der Förster nicht dessen vermeint. Und die Kugel, so den Wildschützen in das Bein schlagen und ihn wehrlos machen sollte, fuhr ihm in die Brust, also daß ihn ohne allen Beistand die Seele entfloh. Hatte sich der Förster solches nicht vermutet und tat ein stilles Gebet für den Ge fallenen. Und er ging hin und meldete alles nach Art ehr licher Männer dem Gerichte. Ist kein großes Aufhebens gemacht worden, dieweilen den Herren bekannt, wes Sinnes der Bursch gewesen. Er innerte man sich dabei meiner Worte und tat mir gnädig kund, daß man mein Schreiben noch einmal in Erwägung gezogen und nutzbringend empfunden habe. (Hat mich solch Reden wenig erfreut nnd habe den Brief ohne Aufhebens in den Kasten zu hinterst gelegt.) Keinerlei Schuld fand sich an dem Forstmanne und der König ließ ihn aufsteigen auf seiner Amtsleiter. Hat er gesagt, daß ihm solches freilich wohl gefiele, scheinen ihm aber seines Bleibens Tage im Walddorfe gezählt. Die Leute im Dorf haben sich nicht können genug wun dern über Maria. Hatten geglaubt, sie würde (aus gleichem Holze wie ihr Liebster) ob seines Todes in Trauer und Schmerz wandeln. Schien aber allen, als trüge sie ihr Haupt höher und stolzer denn je und war gewiß keine bittere Miene in ihr Auge kommen. Unterweilen traf ich sie, als ich am Sonntage zur Kirche hinab ins Tal stieg. Denn sie konnte ihres lahmen Fußes wegen mit den andern nicht gleichen Schritt halten und blieb hinter dem Haufen zurück. (Gleichermaßen ich mit dem Lärm nichts zu tun haben mochte und lieber allein den Lerchen lauschte, die in diesen Herbsttagen von den Äckern selig aufstiegen, als seien es Lenzwonnen, die ihre kleinen Herzen bewegten.) War ich unversehens an ihrer Seite und wich sie nicht vor mir zurück. Und kam es ganz schier ohne Willen, daß ich ihre rechte Hand nahm und legte sie in meine. Es wäre an der Zeit gewesen, daß wir geredet von dem Unglück und dem Verluste, so sie betroffen. Glaubte aber, daß wir uns besseres zu sagen hätten. Denn es lag ihre Hand warm und fest in der meinen und ihr Auge war weit aufgetan, also daß ich bis auf den Grund ihrer Seele zu schauen meinte. Und lag kein Fehl und kein Makel darin. Haben wir kein Wort zusammen gesprochen und war doch unsere Rede köstlicher und lieblicher denn manchen Dichters wohl lautende Verse. Und als der Turm des Gotteshauses aus dem grünen Wiesengrunöe tauchte und die Glocken herz haft riefen, kam es mir auf die Lippen, daß ich begann: Maria! Aber sie schrak jach zusammen und ward totenblaß und riß mir ihre Hand gewaltsam aus der meinen. Sie strebte hastig von mir, den Vorangegangenen nach. Und mein Herz, so in heimlichem Glücke geläutet, ward voll Traurigkeit. Es kam der Winter hart und schwer und scheuchte männiglich an die warmen Herde der Hütten. Ist aber die Zeit für die Waldleute doch eine fröhliche. Schaffen dann mit Schlitten und Schleifen das Holz, so in den unweg samen Gründen zu Sommerszeiten ausgestapelt ward, mit leichter Mühe zu Tale. Hört man allerwegs durch die glitzernden Büsche ihr lautes Hoho! und das gewaltige Rauschen, so die Wipfel der gefällten Bäume auf dem Waldboden hinter sich werfen. Springe geschwind zur Seite, daß dich die wild zu Tale schießende Holzlast nicht erfaßt! Kommt viel Geld in die Hände der Waldleute und ist alle Abende große Fröhlichkeit in der Schenke bei Schnaps und Tabak. Waren die Brüder -er Maria die wildesten Tober und prahlten mit den Talern im Sacke. Es wußte jedermann, daß ihnen das Silber nicht von den Holzmeistern gezahlt sei. Hatten es leichter und schneller erworben mit Schmuggelei in den finsteren Nächten. Und die Grenzwächter vermochten nicht, ihrem frechen Treiben Einhalt zu tun, dieweilen sie nicht die tausend Schliche und Wege kannten, so die Waldleute von Kindesbeinen an wußten. Lachten also die Brüder den Wächtern ins Ge sicht. Die schwuren Stein und Bein, ihnen ihr verderblich Handwerk zu legen, es sei, wo und wie. Und war es allein dem Teichbauer und manchen andern guten Männern zu danken, daß es in der Schenke nicht zu wildem Getose oder Schlägerei und Blutvergießen kam. Es ließ sich der Förster niemalen nächtlicherweise im Dorfe schauen. Sein Haus mit dem Geweih über der Tür stand jenseit des Waldberges einsam und fern allem bäuer lichen Getriebe. Dort saß er still und geruhig bei seinen Hunden, deren er eine gute Zahl hegte und pflegte. In den finsteren Nächten, die diesen Tagen folgten, trieben es die gar arg mit Bellen und Heulen, also daß der Förster keinen rechten Schlaf fand, sondern unterweilen das Bett verließ, um den Wilden zu drohen. Ward dabei gewahr, daß schwarze Gestalten um sein Haus schlichen, so bei seinem Anruf gleich Schatten in den Büschen schwanden. Obgleich der Förster ein beherzter Mann war und sich nicht vor Schemen fürchtete, schien es ihm (im Gedanken an sein trauriges Begegnen mit dem Wildschützen) nicht feig, eine Wache um sein Haus zu stellen. Sprach deswegen mit den Grenzwächtern und fand bei ihnen willigen Beistand, maßen sie voll Zornes ob der frechen Ungebühr der Bur schen im Dorfe waren, so ihnen schier unter der Nase mit verbotenem Gut herüber- und hinüberwechselten. Zogen also in jeder Nacht scharf Ausspähenöe durch den Wald, daß es den Paschern am Ende nicht geheuer schien und viele sich des Handwerkes begaben. Nur der Maria Brüder glaubten sich unter dem matten Stern ihres Gewerbes so sicher, daß sie sich unterfingen (auf eine aus Tranknebel herausgeborene Wette hin), eine Zentnerlast verbotenen Gutes durch die Wächterreihen zu schmuggeln. Ward aber den Grcnzleuten »«verweilt gemeldet. Und standen sie zur rechten Zeit mit Hab Acht!, die Burschen und ihr Gepäcks zu empfangen. Es mochte denen ein Wind in die Nase ge fahren sein, also daß sie trotz der Finsternis die Wächter erschauten, ihre Packen von sich warfen und in die Nacht