Volltext Seite (XML)
leicht reizbare Einbildungskraft mit einer Neigung zur grotesken Übertreibung trübt gelegentlich seine Darstel lung. Aber an seinen besten Stellen gibt er ein farben reiches Bild Lausitzer Volkslebens aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Darstellungen können heute noch mit Vergnügen gelesen werden. Da erstehen die hage ren Bauern mit ihren Zipfelpelzen in greifbarer Deutlich keit vor unfern Augen, die zäh und fest an ihren Über lieferungen festhalten, während die Weber, geschickt und an passungsfähig, städtische Sitten und Lebensgewohnheiten hinaus auf die Dörfer bringen. Und während der Bauer in schwerer Arbeit seinen Lebensunterhalt dem Boden ab ringt, scheint das Geld dem neuen Stande, dem Unter nehmer, mit leichter Mühe in die Tasche zu fallen. Dörf liche Kämpfe, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf unfern Lausitzer Weberdörfern in aller Schärfe aus gefochten wurden, erleben wir mit. Zahlreiche Bemerkun gen volkskundlicher und kulturgeschichtlicher Art sind eine willkommene Bereicherung unsers Wissens um das hei mische Volkstum. Bereits 40 Jahre nach seinem Hinscheiden ist der Schriftsteller Ernst Willkomm den meisten Lausitzern ein Unbekannter geworden. Liegt es am Schriftsteller, liegt es am Lausitzer? Sollte die Heimat nicht an ihm eine Ehren pflicht zu erfüllen haben? „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? Nein! Wir wollen weniger erhoben und flei ßiger gelesen sein." F.S. Der Sand meines Weibes. Von Rudolf Gärtner, Hellerau Nicht schmal und zart bist du, Hand meines Weibes, Nicht feingegliedert bist du anzusehn, Dir eignen nicht die Finger der Madonnen, Die, wenn sie streicheln, wie ein Segen gehn. Die ein Gedicht sind, wenn sie ruhn und spielen, Die weich und lind sich legen auf die Stirn Und wundersam, mit ihrem sanften Kühlen, Beruhigen das heiße Fiebcrhirn. Des Weibes und der Mutter strenge Pflichten, Sie prägten auf dir harter Arbeit Mal — Im Schaffen und im Regen unermüdlich, Vergaßt du, Hand, der Schönheit Ideal. Und doch! Und doch ist keine Hand auf Erden, Die Lieberes mir gab, wenn sie genaht, Als diese kleine Hand, die trcnumsorgend Noch nie gezählt hat, was sie Liebes tat! MerlmWer Bries. Ze Gehoanne. Mei lieber Korle! Ihr tut a dr Grußstoadt do kecne Gehoannsfeuerchl machn. Ne, wurr, ne? Aber ich weeß schnn, woas de sojn willst: ihr tat se o goar ne kinn Machn. Aber weßte woäs? Ihr braucht o goar keene ze machn: denn ihr hoabt jo ge- nung Lichtrekloame. „Doas hoat do aber goar nischt ne mitn Gehoannsfeuerchln ze tun," wirschte denkn. O joa — wie's itze ts — o joa. — Du meßt do, doaß ich oalles vu dr ärschlichen Seite oagucke, und do doarf dich doas goar ne wundern, wenn ich de Gehoannsfeuerchl mit dr Licht rekloame zesoamm bräng tu. De meestn — ne oalle — de meestn Gehoannsfeuer sen heutzetage abm do ock Lichtrekloame, weil a poar a Ge schäft! machn wulln — oder weil a Verein Rekloame macht fürr de Vulksbildung, fürr de Feuerbestoattung, fürrsch Freidenkn, fürr de Futtegroafiereret, fürr Spurt und Turn'n, fürrsch Singn oder fürr anne neue Stvatsfurm. De letztn, doas senn drno de richtgn Germoan'n, die heeßn doas Sunn'nwende und tün drbei doas Wurti „wende" richtg beton'n. — Es muß'ch jo oalles — oalles no wendn — oder ze wendn giehn. Do siehste wie vielfächtg doas Ge hoannsfeuerchl itz oagewandt werd. Oalle Surtn vu Ger moan'n tun'ch woas andersch drbei denkn und tun andre Rädn hahln. 's is bale su gewurn'n, öoaß'ch ces goar ne mie ieber is Gehoannsfeuerchl frän koann. Wennch mich an Gehoannsobde a dr Gegnd imsahn tu, do denkch su ferr mich: Durt brennt eener a Feuer oa, doaß Leute kumm sulln, die vill Durscht und Oapetiet hoann. Durt leucht't a Feuer, iveil se a an grußoartgn Ge- hoannsspurtboall kumm sulln und germoanische Neger tänze jazzn sulln. Durt machn die a Feuer, die zer Kirche hahln. Durt drähn se Basn — weil se ans dr Kirche aus- getratn sen'n. Durt machn se a schrecklch grüß Feuer, doaß de Freiiebungn dr Turnerinn richtg beleucht't warn und doaß de Turnhoalle an Dreesch Zinsndienst oabkriegn tut. Durt is a republikvanischer Gesangverein, darsch Feuer oasingt. Und durt senn de Stoahlwilhelmer, die as Feuer reirädn tun. Durt und do — do und durt — Lichtrekloame! Aber durt uf dann Bargl, gleebch — durt hoann de Kinder ees aleene zesoamm geschloappt und zesoamm ge- battlt — a richtges Gehoannsfeuerchl. Do is nischt Rutes und nischt Grienes drbei — Buntfeuer —, durt quoalmts o ne su und durt warn o ne sicke grüße Rädn gehahln. De Ahln warn o gekumm senn und tun schun uff dr Seite de Basn fürr ihre Kinder hahln und se wärm sich an Feuer und a dr Freede vun Kindern — aber sicke Gehoanns feuerchl gibts goar ne mie vill, weil de Kinder an Dienste vu Verein'n und Urganisoation'n stiehn — und fürr die is Zeug zen Feuer azu schleppm missn. Ich täte garue su an gebattltn oder gemaustn ahln Basn drähn, su richtg verrickt, wie mersch frieher machn toatn. Aber doas giht ne. Ich bie kee Junge mie und su a aussurtiertcr Germoane bie'ch o ne — 's is schoade, doaß de Kinder o schun surttert senn. — Wenn Gehoanne verbei is, do is de schiene Zeit o bahle wieder oalle. Sn heeßt is jedes Juhr — und 's is frieher o schun su gewast. Gewenlich giht im Gehoanne rim is Geboarme lus. Doas Juhr awer is besundersch schlaichte, do boarm de Leute is ganze Juhr ieber. De Bauer sahn awer irscht ze Gehoanne, doaß is Kurn ne vill hargahn werd, weils ock as Struh gegang is und dr Hoaber hoats an Oafange ze trojge gehoat. Mit'n Abern werd doas Juhr o ne vill Gäbches warn und 's bissl Futter — is woar jo doas Juhr is irschte Mool vill gewachsn — doas kust ne vill. Andre Juhre mußtn se sichs ock su vu dr Wiese wegstahln und 's woar aüsgeblechtes Zeug, woas keene Vermacht mie hoatte. Do drvone kunntn de Kiehe keene Milch gähn. — Awer wie gesojt, doas Juhr is oalles ganz trojge reigekumm, awer is kust nischt — und woas die klenn Häusler senn tun — fürr die luhnt'ch de Boalge- rei goar ne. — De Hinger wulln nu o nemie su län. Doas heeßt, die poar Ecer, die se län tun, missn uffgehobm warn. Wenn de Bauer boarm, do boarm o de Fleefcher, de Bäcker und o de Goästwirte. Die an Dürfe, doaß de Leute ock furt- ziehn tun und die uffn Bargn, doaß ts zwoar schiene woar, awer kee Geljd untern Leutn senn tritt und nischt wegk- gegangn is. De Geschäftsleute boarmn, weil no Gehoanne de neu'n Steuerzettl kumm tun und se hoann no goar nischt verdient,' denn su schlaicht wie doas Juhr is ieber- haupt no ne gewast. De Mäuer boarmn, doaß doas bissl Oarweit glei oalle senn werd. Woas die andern Oarweiter senn tun, die boarmn irscht raicht. Denn nu muß wieder droa gebucht warn,