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verboten W Unberechtigter lllachdruc^ Erscheint allen Lage freitags' Heimatkunde Schristleftung unö Geschäftsstelle in A?eicftenau,Sa. FernsprecherNr.300 Gesck)ick)ke, ^unst^Lltenakuft Druck u. Verlag: Alwin ^Mar^.Vuchdruckerei und Zeitungsverlag G.m.b^?.Reichenau i.Sa. Mitleitungsblatt des Verbandes „Lujatia" der Humboldt-, Fortbildungo- und Gebirgsvereine der gesamten Gberlausitz. — Hauptschriftleitung : GLt o Ma rx, Re chenau, 6a. unter Mitwirkung zahlreicher bewährter Hsimatschriststeller. 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Seine Sol daten müssen recht lange hier geweilt haben, denn aus den Zelten des Feldlagers entstanden hölzerne Hütten, die nicht nur von den Soldaten, sondern auch von Händlern, die sich der Soldaten wegen nach und nach eingefunden, bewohnt wurden. Im Laufe der Zeit wurde das Lager zu einem stark befestigten Orte, den die Bewohner, weil ihr „König" über den Fluß an ihrer Siedlung hatte eine „Brücke" schlagen lassen, „Königsbrück" nannten. So berichten alte Überlieferungen von der Gründung der Stadt. Bon ihrem ersten Tage an bis in die jüngste Ver gangenheit hat die Stadt Soldaten beherbergt. Sie ist eigentlich eine rechte Soldatenstadt. Und wenn ich heute durch die freundlichen Straßen mit den niedrigen Häusern wandere, ist mir, als sängen die Mauern noch all die alten Soldatenlieder mit, als öffneten sich Fenster und Türen, wirbelte dumpfer Trommelklang und schmetterte Heller Trompetenton an den Häuserzeilen hin. Viel Kriegsvolk ist durch Königsbrück gekommen, zu allen Zeiten, brandschatzend, die Bewohner der Stadt und umliegenden Dörfer drangsalierend. Besonders toll haben es die Schweden getrieben, denen Kurfürst Johann Georg den Durchmarsch durch Sachsen nach Böhmen nicht gestattete. Die Quälereien wurden so schlimm, daß sich am 23. Februar 1637 die Bauern aus der Radeburger Gegend zusammen rotteten und die Schweden überfielen. „Schlecht bewaffnet, aber mit glühender Rache im Herzen," so schreibt der Chro nist, „rückten die Bauern an." Und ihr Angriff hatte Er folg. 400 Schweden blieben auf der Wahlstatt tot liegen, 200 Gefangene mußten mit den Bauern ziehen, die außer dem an Lebensmitteln nnd Ausrüstungsgcgenständen reiche Beute gemacht. Im langsamen Schreiten durch die Stadt leben viele Geschichten auf, die in verstaubten Büchern zu lesen sind und von originellen Geschehen und von der Halsstarrigkeit der Einwohner berichten. Nach der Einführung der Refor mation in Sachsen hatten auch die Bürger und Bauern von Königsbrück die lutherische Lehre angenommen und be geistert sangen sie das Kampflied des großen Reformators „Ein feste Burg ist unser Gott . . . ." Wie konnte man da ihnen, da sie gut protestantisch gesinnt waren, zumuten, sich nach dem von König Rudolph II. eingeführten und von Papst Gregor verbesserten Kalender zu richten. Sie weigerten sich, trotzten — bis man ihnen eine Buße von 300 Gulden auferlegte. Und da steht die alte Stadtkirche und schaut über die engen Häuserzeilen und den geräumigen Marktplatz mit dem Rathaus nach den dunklen Wäldern und den bunten Äckern und Wiesen, die sich um die Stadt legen. Und einmal — in der Mitte des 18. Jahrhunderts — hatte sie einen wunderlichen Pfarrer, die alte Kirche. Einen Pfarrer, der lieber auf dem Turme der Kirche weilte als auf der Kanzel. Göring hieß dieser sonderbare Mann, der die meisten Nächte des Jahres von hoher Warte aus nach dem Himmel und dem Blinken des unendlichen Sternen heeres Ausschau hielt und Aufzeichnungen machte, die ihm den Ruf eines bedeutenden Astronomen und das Nichtver stehen seiner Gemeindeglieder einbrachte. Selbst Friedrich der Große soll an diesem Forscher im Unendlichen Inter esse gehabt und wiederholt nach ihm gefragt haben. Ein besonderes Schmuckkästchen der alten Solöatenstadt, in der schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Garde du corps ihr Standquartier hatte, ist das der Stadtkirche gegenüberliegende Schloß mit dem großen, terrassenförmig angelegten englischen Park. Der prächtige Herrensitz, zu dem einst eine ganze Reihe der umliegenden Dörfer mit ihren Gütern gehörte, hat im Laufe der Jahrhunderte den Besitzer oft gewechselt. Als ältester Besitzer der Standesherrschaft werden die von Po- lengk genannt, denen 1454 die Burggrafen von Dohna folgten. Der letzte Besitzer aus dem Geschlechte der Burg grafen von Dohna, Burggraf Christoph von Dohna, den der König 1549 zum Landvogt der Oberlausitz ernannte, wird als ein willkürlich schaltender, gewalttätiger Herr ge schildert, über den sich die Stände und Ritterschaft des Markgrafentums beim Kaiser Ferdinand I. 1555 hart be? klagten. Die dicht unter dem Schlosse über die Pulsnitz