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Gbsrlausitzsr He!matzs!iung Nr. 13 und wurde mit fortgerissen, doch klemmten ihm die umher geschleuderten Steinmassen den Fuß ein, sodaß er elendig lich ertrinken mußte, während zwei Mägde und ein Mühl- knapve aus den Fluten gerettet werden konnten. Am 14. Juni abends erreichte dann das Unheil in seiner ganzen schrecklichen Gewalt die Oberlausitz, nachdem ein wolkenbruchartiger Regen fast ununterbrochen 24 Stun den hindurch herniedergegangen war, und wütete hier so entsetzlich, daß das ganze Gebiet von Löbau—Herrnhut, Zittau—Oderwitz, Zittau—Scidenberg eine Stätte wüstester Vernichtung und größten Jammers bildete und der Wohl stand der meisten Familien auf viele Jahre hinaus ver nichtet wurde. Ihren Höhepunkt erreichte die Katastrophe in den an der sonst vollkommen harmlosen und deshalb auch die Bewohner in Sicherheit wiegenden Pließnitz ge legenen Orten Nieöerrennersdorf, Kunnersdorf, Bernstadt und Oberaltbernsdorf. Die zu Tal stürzenden Wassermassen, die Bäume. Stege und Hölzer mitbrachten, rissen alles mit sich, was sich ihnen hemmend entgegenstellte und verur sachten so eine Katastrophe, der Menschenmacht hilflos gegenüberstand, stieg doch das Wasser in ganz kurzer Zeit vielfach um 9 Meter an. Wehre, Ufermauern und Häuser wurden mit fortgerissen, daß z. B. in Kunnersdorf nach träglich überhaupt nicht mehr zu erkennen war, wo die Häuser ehemals gestanden. Die Gebäude waren entweder vom Erdboden verschwunden oder bildeten einen Trüm merhaufen, und es zeugte von der unheimlichen Schnellig keit, mit der die Wassermassen zu Tal gebraust, daß von einzelnen Gebäuden der Unterbau fortgespült wurde, wäh rend das Dach fast völlig unversehrt zu Boden sank. Die unglücklichen Menschen wurden von den Wassern teils in ihren Häusern überrascht, in ihnen eingeschlossen und mit fortgerissen, teils fielen sie ihnen zum Opfer bei dem Ver suche. den jammernden Bedrohten zu helfen. Es wäre ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur einiger maßen erschöpfend ein Bild von den zahllosen Tragödien zu geben, die sich in diesen Stunden abgespielt und herz erschütternde Bilder für alle Zeiten in die Herzen der Überlebenden gegraben. So wurde z. B. das massive Ziegel haus eines pensionierten Steueraufsehers Rothmann bei Kloster Marienstern mit drei Nachbarhäusern einfach hin weggespült, wobei die Frau des Besitzers und sein Stief sohn ihren Tod fanden, während er selbst und sein Schwie gersohn nur mit knapper Mühe und Not aus den Fluten gerettet werden konnten. In einem anderen Hause wurde eine Frau mit zwei eigenen und einem fremden Kinde in einer Erdgeschoßstube eingeschlossen und mußte mit den Kindern in den Fluten umkommen. Ein greises Auszügler paar, das eben noch den Hausgenossen Hilfe gebracht hatte, ertrank in seiner Auszugsstube. In Renncrsdorf bei Herrnhut wurden 50 Kinder mit ihrem Lehrer im Schul haus eingeschlossen, aber das Gebäude hielt als eines der wenigen stand, sodaß die Kinder gerade diesem Umstande ihr Leben verdankten. Unter ihnen befand sich ein Kind, dessen Angehörige sämtlich in ihrem Hause eingeschlossen, mit diesem fortgerisscn wurden und ertranken. Wie groß die Gewalt des Wassers war, beweist eine Meldung aus Oderwitz, nach der von der Dorfstraße nichts mehr zu er kennen war. Sie war bedeckt mit Löchern, die 20—30 Ellen weit und ll—10 Ellen tief waren. Von dem Jammer vermag sich nur ein Bild zu machen, der das Gottleubaer Unglück miterlebt hat. Eine erschüt ternde Szene folgte der anderen. Es war Weltuntergang angebrochen für die bedauernswerten Bewohner, Sintflut, wie sie schrecklicher der biblische Dichter nicht auszumalen vermag und nur ein Erhebendes blieb in all dem Grausen und Schrecken, daß in dieser Not Einzelne leuchtende Bei spiele selbstloser, todverachtender Nächstenliebe und Hilfs bereitschaft gaben. Dabei war gerade Oderwitz, das kleine Weberdorf, schon wiederholt von ähnlichen schweren Kata strophen heimgesucht worden. So am 17. August 1SS5, am selben Unheiltage, dem 14. Juni 1S66 und am 19. Mai 1732. Militär wurde sofort in das Katastrophengebiet ent sandt. Im ganzen Lande wurden Sammlungen veran staltet, die ganz erhebliche Beträge einbrachten., und der König fuhr selbst in das heimgesuchte Gebiet, sich von dem furchtbaren Unheil zu überzeugen und den armen Menschen persönlich seine Teilnahme zum Ausdruck zu bringen. Gesellschaft für Lauscher Schrifttum (Sitz Bautzen). Die Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum, die aus dem im Jahre 1928 erfolgten Zusammenschluß einer großen Zahl von Lausitzer Heimatschriftstellern hervorgegangen ist, hatte für den 15. Juni eine außerordentliche Hauptver sammlung nach Bautzen einberufen. An demselben Tage fanden jedoch in der ganzen Lausitz gleichzeitig soviel andere Veranstaltungen von Bedeutung statt, daß der Be such dieser Sitzung notwendigerweise darunter leiden mußte und auch nur ein einziges Mitglied des geschäfts führenden Ausschusses den Verhandlungen beizuwohnen in der Lage war. Den einzigen Punkt der Tagesordnung bildete die Be ratung des auf Grund der von der letzten Wanderversamm lung in Neugersdorf gefaßten Beschlüsse aufgestellten Ent wurfs für eine Gesellschaftssatzung. Nach kurzer Begrüßung der Erschienenen durch den ersten Vorsitzenden Oskar Schwär aus Dresden verlas sein Stellvertreter Fritz Bertram-Lauban die 28 Punkte des Satzungsentwurss, über die abschnittweise beraten und abgestimmt wurde. Es waren nur in einzelnen Punkten geringfügige redaktio nelle Änderungen nötig, die in vollem gegenseitigem Ein vernehmen gutgeheißen wurden. Sodann fanden der Ent wurf als Ganzes und der die besonderen Aufgaben der Ge sellschaft zusammenfassende Anhang einmütige Zustimmung. Das neue Grundgesetz der Gesellschaft tritt am 1. April 1931 in Kraft. Als diese besonderen Aufgaben zählt der Anhang auf: regelmäßige Zusammenkünfte in Form von Wanderver sammlungen, Veranstaltung von Heimat- und Vortrags abenden, Herausgabe von Jahrbüchern heimatlichen und volkskundlichen Charakters, Veranstaltung von Ausstel lungen heimatlichen Schrifttums, Gründung und Unter haltung einer Bücherei für Lausitzer Schrifttum, Unterhal tung eines Verbandsorgans, Unterhaltung eines biogra phischen Archivs, Pflege des Andenkens und schrifttumlichen Erbes verstorbener Lausitzer Schriftsteller, Sammlung aller Drucke und Schriften heimatlicher und volkskundlicher Art, Zusammenarbeit mit den sonstigen heimatlichen und volks kundlichen Vereinigungen der Oberlausitz, insbesondere auch gemeinsames Arbeiten mit den Vertretungen heimat licher Kunst, Pflege des heimatlichen Kulturgutes auch in Sitte, Brauch und Tracht, Unterstützung aller sonstigen, auf die Pflege und Förderung heimatlicher Kultur und Lausitzer Volkstums gerichteten Bestrebungen und endlich Erstrcbung einer möglichst engen Zusammenarbeit mit den im Dienste der Heimat und des heimatlichen Volkstums stehenden Vereinigungen anderer Heimatgaue, sowie die Pflege der schriftlichen Beziehungen zum Auslands - deutschtum. Im Hinblick auf diesen letzten Punkt wurde angeregt und, vorläufig unverbindlich, beschlossen, die nächste Wanderversammlung Ende November nach Zit tau einzuberufen und hierzu nach Möglichkeit die grenz landdeutschen zielverwandten Schriftsteller aus der Tschecho slowakei heranzuziehen. Hoffentlich können die nötigen Vorbereitungen rechtzeitig in Angriff genommen werden! Ein geselliger Teil war diesmal nicht vorgesehen. Die auswärtigen Teilnehmer nahmen aber das Mittagsmahl gemeinsam ein und verbrachten nachher noch ein paar an regende Stunden mit den Bautzener Herren im schattigen Dachgarten. Bruno Reichard.