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152 Gberlausitzer Heimatzeltung Nr. 12 wenn es auch Arbeit der einzelnen Vereine ist, so ist sie doch angeregt und gefördert worden in Zusammenkünften inner halb des Verbandes und durch gegenseitige Aussprachen. Und wie vieles wird in selbstloser, mühevoller, ehren amtlicher Tätigkeit erhalten, verbessert, erneuert und in einer oft überbescheidenen Weise hinter dem Berge gehalten, so daß die Allgemeinheit diese Vereinsarbeit als etwas Selbst verständliches hinnimmt und sehr oft mißbraucht. An jede Bank, an jeden Turm, an jede Wegemarkierung gehört die Visitenkarte des Vereins oder des Verbandes, der sie schuf und unterhält. Und dann würde es vielleicht auch möglich sein, daß man in einem Führer durch die Lausitz, durch Nordböhmen auch nachlesen könnte, wann und von wem das Berggast haus' errichtet, jener Aussichtsturm erbaut wurde und wer der oder die Unterhalter der zahlreichen Wegemarkierungen sind. Meiner Ansicht nach könnten die Gebirgsvereine und sonstigen Verbände von den Herausgebern und Verlegern von Führern und Wegekartenheften verlangen, daß da hinter gedruckt werde: Gebirgsverein Schönlinde, Gebirgs verein am Valtenberge, Humbvtdtveretn Löbau, „Globüs"- Zittau. Und es wäre schön, wenn man in einem Führer lesen könnte: Hochwaldturm — erbaut vom „Globus"-Zit- tau, Turm auf dem Rosenberge — erbaut 1881 vom Ge birgsverein für die Sächsische Schweiz, Valtenbergturm — erbaut 1837 vom Gebirgsverein Bischofswerda, Kottmar- turm — erbaut 1881 vom Verband „Lusatia". Es würde die Angaben über die Zahl der Zimmer, Verpflegung und Auto unterkunft nicht stören. Es sind dies wiederum nur einzelne Beispiele, denn diese Angaben findet man in keinem Heimatbuch, in keinem Führer, man liest sie zufällig oder mühsam in alten Ver- einsprotvkollen und in alten Berbanösorganen, wie Oy- wina, Lusatia oder Bergfreund. Gebirgsvereinsarbeit im Verband „Lusatia", die jetzt besonders betont wurde, ist aber auch gleichzeitig Volks bildung. Wenn viele Vereine, die im Sommer Gebirgs vereinstätigkeit ausüben, im Winter sich öffentlicher Vor tragstätigkeit widmen, so ist das nach außen hin sichtbare und mit Zahlen belegbare Volksbildungsarbeit, aber noch viel, viel größer ist der ideelle Wert jener Volksbildungs arbeit, die die Gebirgsvereine in ihrer stillen bescheidenen Heinzelmannarbeit in Wald und Flur, auf Bergen und im Tal leisten. Schon das Motiv zu ihrem Tun adelt diese Arbeit: Liebe zur Natur und zur Heimat — und keine wirt schaftlichen Gesichtspunkte sind es, von denen ihre Bestre bungen geleitet werden, um Heimat- und Naturschönheiten Roßmäßlers und Humboldts Nachkommen zugängig zu machen. Ein Turm, auf einem Heimatberg errichtet, veranlaßt die Besucher, das Nahe und die Ferne bewundernd zu be trachten. Viele Fragen erheischen Antwort beim Ausblick von ihm, geologischer, historischer, naturkundlicher, astrono mischer Art. Fragen, die nicht an Ort und Stelle ihre Be antwortung finden können, mit nach Hause gehen und An laß werden zu Vortragen und Aussprachen in den Vereins abenden. Und die Bank am Waldesrand, kann sie nicht Ver anlassung sein zu besinnlichen Naturbetrachtungen über den Käfer, der über den Weg läuft, oder gar zum Philosophie ren über den Sinn des Lebens? Und die Wegemarkierung, die die roten, die schwarzen, die blauen Partei-Jsten durch wundervollen Wald, durch Gesteinsschluchten und am rauschenden Wasser entlang leitet, dient diese etwa nicht politisch neutral der Volksbil dung, einer Volksbildung, wie sie diskreter und überpar teilicher nicht gedacht werden kann? Und die Sammlungen und Museen, die von den Ver bandsvereinen angeregt, gegründet oder noch jetzt unter halten und erweitert werden? — Sie dienen der Volks bildung. Und die Berbandszeitschriften, zu Anfang Opwina, dann Lusatia, dann Bergfreuud, jetzt Heimatzeitung? Sie bieten oder boten Volksbildung. Und Tausende Vorträge aus allen Gebieten des Wissens sind öffentlich oder in den Vereinen gehalten worden und waren echte absichtslose Volksbildung. Und abermals Tausende von Diskussionen in den Veretnsaüenden verinnerlichten Gesehenes oder Gehörtes in objektiv schlichter Weise, bevor man höheren Orts Volks bildungs-Arbeitsgemeinschaften erfand. Niemals wird einem Nerbnndsuerein gesagt worden sein: Man merkt die Absicht — und man wird verstimmt. Niemals wird es möglich sein, die Segensströme zu er messen, die vom Verband und seinen Vereinen ausgeflossen sind, um Gemüt und Verstand anzuregen und zn befruchten. Oder wären sie etwa vorbeigeflvssen? Wir glauben es nicht. Alles das wurde und wird getan in freiwilliger ehren amtlicher Tätigkeit, ohne geschäftsführenden Direktor, ohne Honorare, ohne Stundenermäßigungrn, ohne staatliche An erkennung und meistens ohne Unterstützung der .Orts gemeinden. Und wir selbst dürfen nicht trennen und sagen: hier Ge birgsvereine und dort Humboldt- oder Volksbildungs vereine, sondern sie alle gehören zusammen in ihrem Schaf fen, in ihren Zielen, wie es heute die 43 Vereine des Ver bandes wahrmachen mit den verschiedensten Namen, ein gedenk des Vermächtnisses Humboldts und Roßmäßlers: Zu sammenschluß aller, denen die Natur zur mütterlichen Hei mat geworden ist. Wir dürfen aber auch nicht so allzu bescheiden bleiben. In unserer Zeit des Motorengeknatters, der Revuen und der Sportbegeisterung, in unserer Zeit der Konzernbilbung und der Großorganisationen müssen wir, muß der Verband alle seine Teile zusammen halten, da darf es keinen Unter schied geben zwischen Humboldt- oder Gebirgsverein, da darf es keine Differenzen geben zwischen Gebirgsvereins arbeit und Volksbildung. Die Geschichte unseres Verbandes hat dargetan, daß beides zusammengehört, von einem Geist geboren ward und von einem Geist getragen werden muß. Und betrachten wir eine Wanderkarte oder ein Wege kartenheft, besonders das, was vom Verband'„Lusatia" her ausgegeben wurde! Die Landesgrenze müssen wir suchen, wahrhaftig suchen! Im Geäder der tausend Wegemarkie rungen ist kaum sichtbar der Strich, den Menschen bestimmt und zwischen sich gezogen haben. Überall, wo Gebirgsvereine, oder solche wie derLusatia- verband zusammenschließt, ihre segensreiche Tätigkeit aus übten, ob im Riesengebirge, ob iu der Tatra, ob in der Sächsischen Schweiz oder in der Lausitz, wurde die Landes grenze überbrückt dnrch freundschaftliches Hand-in-Hand- Arbeiten. Ein edles internationales Tun, bevor das Lied der Internationale gesungen wurde! Seit über SO Jahren treffen sich die Vereine und Ver bände diesseits und jenseits der Grenze in Wanderver sammlungen. Im vorigen Jahr war es in Großschönau, dieses Jahr wird es in Tetschen sein. Haben sich auch Gren zen geändert, Staaten verschoben, dieser Zusammenschluß, diese Freundschaft ist geblieben und wird bleiben. Besonders hoch zu werten ist dabei, daß die deutschen Gebirgsvereinsverbände Nordböhmens vom tschechischen Staat volle Anerkennung finden und von ihm zu ihrer Tätigkeit nennenswerte Zuwendungen erhalten. Eine An erkennung, die der Verband „Lusatia" von feiten unseres Staates noch nicht gefunden hat. Aber heute zur SO^Jahrfeier des Verbandes sind mir dessen froh, daß der Verband von sich aus, ohne fremde Hilfen, SO Jahre bestehen und wirken konnte durch wirt schaftlich gute und schlechte Zeiten hindurch. Und ivir, die wir ihm heute angehörcu, haben den Glau ben, daß es gut war, was er geschaffen, daß es Segen war,