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Auf daß du dir trinkest den Tod daran! Denn nimmermehr kennt mein Hatz Grenzen!" Da reitet er schon in den Burghof ein, So arglos empfängt ihn sein Weib: „Zum Willkommen trink diesen Becher Wein, Er stärke dir Seele und Leib!" So spricht sie voll Hohn, doch der Tollenstein, Nicht ahnend das weibliche Lügen, Ergreift den Pokal mit dem giftigen Wein Und trinket in durstigen Zügen! — Doch halt! Welch Geschmack! Ist er wohl nicht rein? Den Becher vom Munde genommen! Auf einmal, da fällt ihm das alles ein, Sein Weib und ihr falsches Willkommen! Und blitzschnell sein mächtiger Arm sie umfaßt: „Verruchte, nun trinke die Neige, Wenn Gifte zu mischen die Kühnheit du hast, So werde auch du bald zur Leiche!" Frau Swanhild packt wildes Entsetzen jetzt an, Sie will nicht verloren sich geben! Zum Dolche schon greifet der grausame Mann, Sie ringen um Tod und um Leben! Und plötzlich, jetzt kann sie den Kopf nicht mehr drehn, Schon sind ihre Kräfte zu Ende! — Vor Schauder und Schreck will das Herz stille stehn, O kämen doch rettende Hände! Vergebliches Hoffen, vergeblich Bemühn, Schon führt er das Glas ihr zum Munde —, Schon schwinden die Sinne, die Wangen erglühn, Da leert sie den Kelch bis zum Grunde! — Nun gibt er sie frei! Do ch er taumelt, fällt, Sein Wort klingt so schwer vom Weine: „So räche ich selbst noch auf dieser Welt Den Giftmord am Tollensteine! Doch niemandem gönn ich der Schätze Zahl, Verborgen in fleißigen Hallen, Den Schlüssel, ihn werf ich ins tiefe Tal, Daß Mauern und Türme verfallen! Doch du dort, Gifthexe, kommst nimmer zur Ruh, Sollst wandeln am Tollensteine, Sollst schrecken in weißem Gewand immerzu Den Wandrer im Mondcnscheine! Verdammt sollst für ewige Zeiten du sein, Bis einst dich ein Jünglein eräugt, Kein Weib hat geboren ihn, nimmer kanns sein, Den nur wilde Tiere gesäugt! Aus Liebe zu dir muß den Kampf mit dem Drachen Bestehen er und mich besiegen, Denn solcher Gestalt will den Schatz ich bewachen!" — Da mußte dem Tod er erliegen! — Frau Swanhild blickt einmal noch trüb umher, Nun weiß sie, bald ist es geschehen: „Jung Seyfried, nun sch ich dich nimmermehr, Gott strafe mein sündhaft Vergehen!" — So irrt denn Schön-Swanhild des Nachts umher, Schon mancher sah ferne sie winken, Wenn Berge und Täler ins silberne Meer Des Mondglanzes Wellen versinken! — Karl Mädler. l-srüsnklsikiung I.susngk'sbQn 10 Wie in Sachsen Weihnacht gefeiert Wird. Von allen Erdenvölkern feiert das deutsche das Weihnachtsfest am tiefinnerlichsten. Und von allen deutschen Stämmen ist es der E r z g e b i r g l e r, der sein Weihnachten am seligsten ausschmüüt mit althergebrachten heimeligen Bräuchen. Daß man auch sonst in Sachsen weiß, Weihnachten zu feiern, ist ja nicht gerade ein Wunder, wo in Pulsnitz das ganze Jahr über süßer Weihnachtspfefferkuchen ge backen wird, im Vogtland die vielen Musikinstrumente gebaut werden, die auf keinem Gabentisch fehlen, und das Erzgebirge eine große Knecht-Ruprecht-Werkstatt ist, wo in Dörfern und Hütten jahraus, jahrein die bunt seligen Holzspielwaren geschnitzt werden, ohne die es überhaupt kein richtiges Weihnachten gäbe. All die Schäfe reien mit Pferd, Schaf, Kuh, Hund und Hirt, die Spiel schachtelstädte mit Haus, Kirche, Holzwollbäumen und steifhölzernen Leuten, die Nußknacker und Räuchermänner, Pferde und Wagen und noch vieles andere mehr kommen aus den schwarz-weißen Erzgebirgshütten, wo die ganze Familie fleißig um den Tisch sitzt und bastelt und malt für geringen Verdienst, um den vielen Kindern der weiten Welt auch Weihnachtsfreude zu bereiten. In den meisten Sachsenftädten, wo ja Volkstum, Sitte und Gebrauch am ehesten verflachen und aussterben, sind auch die althergebrachten Weihnachtsgebräuche fast völlig verschwunden. Allein die Christ vespern sind geblieben in den Kirchen ums Heiligabenddämmern, wo beim Glanz bunter Tannenbaumkerzen, bei Orgel-, Violin- und Flötenspiel die alten schönen Weihnachts lieder gesungen werden. In Leipzig beschert in der Lhomaskirche die traditionelle Weihnachtsmotette ein feierlich Halbstündchen am Heiligabend. Trotzdem sind auch Klein- und Großstädte in der Adventszeit nicht arm an Weihnachtsstimmung. Da klingen Kinder- Weihnachtslieder innig auf, Melodien, wie Schlit tenglöckchengeklingel so sein, in denen Christengel schweben und Knecht Ruprecht trappt. Pfefferkuchengeruch und Stollenduft schwingen süß vom Bäcker her und jeder weißbärtige Alte wird zum leibhaftigen Weihnachtsmann in diesen Tagen, furchtbang bestaunt mit märchenfrohen Kinderaugern Dann kommt der Wald in die Stadt, Plätze und Winkel in verschneite Gebirgswaldpracht verwandelnd. Und ein Bäumchen nach dem anderen wird über die Straße getragen, mit Engelhaar und Watteschnee, glitzer buntem Glas und Zuckerzeug behangen und in ein wunderselig Christbäumchen verzaubert. Dann werden die Zeltbudengassen des Christmarktes aufgebaut, wo alles zu kaufen ist, was zu einer richtigen Weihnacht gehört. Jedermann hastet eilfertig, mit Paketen behängt, durch die märchenhaft erleuchteten Schaufensterstraßen, wo sich jung und alt vor den Auslagen staut. Das ist die Vorweihnachtsstimmung großer und auch kleiner Städte, In der Lesstngstadt Kamenz hat sich als eigentüm licher Weihnachtsbrauch der „Fackelzu g" erhalten, der am Heiligabend um sechs Uhr, wenn von allen Türmen der Stadt das Christfest mit vollen Glocken eingeläutet wird, vom Lessingdenkmal im Klosterhof ausgeht. Eine Musikkapelle an der Spitze, werden Schulkinder und Er wachsene als Sänger unter Führung des Kantors, zu beiden Seiten begleitet von fackeltragenden Feuerwehr leuten, durch die Stadt geführt bis zum Markt, wobei unter Glockengeläut und Musikbegleitung frohe Weih nachtslieder gesungen werden. Auf dem Markt löst sich der Zug nach gemeinsamem Gesang von „Nun danket alle Gott" auf. Ähnlichen Brauch übt man in Pegau, wo die Weihnachtslieder singenden Kinder, Lampions tragend, durch die Gassen des alten Städtchens ziehen. In althergebrachten Sitten und Gebräuchen fest wurzelnd, feiert der liederfrohe Erzgebirgler das Weihnachtsfest. Da kommen schon in den Adventswochen