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Behandlung an: zählte doch nicht der Kunstwert, sondern nur das Gewicht. Unter dem Bruchsilber erkennen wir die Reste zarter Filigranarbeiten, granulierte Perlengehänge, zierliche Kettchen, Ohr- und Schläfenringe, kurz, jede erdenkliche Art von Schmuck. Aber fast ausnahmslos tragen sie die Spuren eines barbarischen Unverstandes, der für den hohen Kunstwert fast jedes einzelnen Stückes keinen Sinn batte. An Hunderten von Stellen unseres Vaterlandes hat man solche Hacksilberfunde erhoben. Man kann an der Verteilung der Fund stellen beobachten, daß sie aus Polen und aus dem Norden ein geführt wurden und nur im Gebiet der alten Wenden verbreitet waren. Unsere Karte zeigt uns als Grenze ihres Vorkommens etwa den Elblauf, den man im großen ganzen auch als Grenze des wendischen Volkstums in der Zeit vor 1000 Fahren ansehen kann. Obwohl nicht alle Fundstellen darauf verzeichnet sind. sondern nur dieMigen mit deutschen Münzen des 9., 19. und 11. Jahrhunderts (dreieckiges, viereckiges oder rundes Zeichen), so erkennen wir darauf doch deutlich einmal die Grenze des Ver breitungsgebietes und andererseits die verhältnismäßige Dichte Ihrer Fundstellen. Eine auffallende Häufung ist in der Gegend der Obermündung zu beobachten. Wir vermuten, daß hier der hauptsächlichste Einfuhrplab dieser Schätze gewesen sein muß. Wenn wir uns erinnern, daß die Sage von einer hier gelegenen Wendenstadt Vineta spricht, so werden wir jetzt gern glauben, daß wir mehr als eine Phantasie, nämlich die Ueberlieserung einer ehemaligen Wirklichkeit vor uns sehen. Tausend und eine Nacht, Sindbad der Seefahrer, zum Schluß die alte Wendenstadl Vineta: ein bunter Sagen- und Märchen kranz! Er umrankt ein Stück Wirklichkeit, ein Stück tausend jährige Kulturgeschichte unserer Heimat! Fundkarte der Hackstlberfunde mit deutschen Münzen. Aus dem „Bilöerhandbuch für Vorgeschichte" Bautzen 1926 Im Karbidwerk in tzirschfelde Dort, wo am Tage aus einem nicht allzu hohen Schorn stein Heller, weißlicher Rauch quillt und die Wiesen und Felder wie mit einer Schneedecke einhüllt und wo die Nacht ein greller Lichtkegel, manchmal aufflackernd, manchmal verlöschend, durchdringt, liegt das Kalzium-Karbidwerk der elektrochemischen Gesellschaft. Anders gesagt: an der Zit tau—Hirschfelder Staatsstraße steht das Werk. Es ist im Jahre 1917 errichtet worden, hat eine Zeit stillgelegen und wurde 1922 von der elektrochemischen Gesellschaft erworben und wieder in Betrieb gesetzt. Für die Errichtung dieses Werkes in Hirschfelde sprach wohl in erster Linie die Nähe des Großkraftwerkes, das nur fünf Minuten entfernt liegt. Der mittlere Stromverbrauch des Karbidwerkes beläuft sich im Jahre auf ungefähr 80 Millionen Kilowattstunden. Aus dieser Zahl ist schon der Umfang des Werkes ersichtlich. Außer Karbid wird noch Azetylengas, Sauerstoff und Kalk stickstoff hergestellt. Von größter Sehenswürdigkeit ist ein Gang durch die Fabrikanlagen. Nach vorheriger Anmeldung wurde mir von der Lei tung gern eine Besichtigung gewährt, und der freundliche Führer gab mir bereitwillige Auskunft. Das Rohmaterial, bestehend aus Kalk und Koks, wird aus den Eisenbahn wagen sofort in Gruben geschüttet und mittels eines Becherwerkes in die Hochbunker befördert. Zuvor gehen die großen Kalkstücke durch ein Brechwerk und werden hier zerkleinert. Wir kommen zum Schmelzofen. Hier werden Kalk und Koks in einem bestimmten Verhältnis gemischt. Die Mischung wird von den Arbeitern mit Schaufeln in das stets offene Feuer geworfen. Das hört sich an, als ob dies eine leichte Sache sei. Dem ist aber nicht so. Das Feuer, das Kalk und Koks schmelzen muß, besitzt die dazu nötige Wärme von 2790 Grad! Diese ungeheure Wärme kann nur der elektrische Strom erzeugen. Er wird trans formiert auf 100 Volt und 30 000 Ampere, also eine ganz geringe Spannung, aber eine um so größere Stromstärke. 3 Elektroden, ähnlich den Bogenlampen, bringen das Mate rial zum Schmelzen. Die 2 m hohen Elektroden bestehen aus Kohle, die sich schnell abnutzt und aller vier bis fünf Tage erneuert werden muß. Die Auswechselung geht automa tisch in einer Zeit von ungefähr 20 Minuten vor sich. Der Schmelzofen ist natürlich Tag und Nacht in Betrieb. Die Arbeiter haben keinen leichten Beruf und leiden natur gemäß sehr unter der Hitze und dem grellen Licht. Sie haben deshalb an der Mütze ein Tuch angebracht, mit dem sie das Gesicht vor der Einwirkung des Lichtes und der Wärme schützen. Einige Arbeiter stehen schon fünf Jahre am Schmelzofen. Ich war gerade zur rechten Zeit gekommen, um einem Abstiche beiwohnen zu können. Um dieses Schauspiel richtig verfolgen zu können, wurde ich zwei Meter tiefer geführt. Hier laufen auf Schienen große Eimer, ungefähr einen halben Kubikmeter fassend, vor die Abzapflöcher des Ofens. Mit langen Stangen stoßen die Arbeiter die Öffnung auf, und das flüssige Karbid spritzt, gleich flüssiger, feuriger Lava, heraus in die Eimer. An anderer Stelle stehen, scheinbar ausgekühlt, eine Anzahl solcher Eimer. Aber man darf nicht trauen, noch ist die Masse so hejß, daß man sich beim Berühren derselben die