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26. April 1771 Johann Friedrich Straube als Schulhalter angestellt wurde. Die ersten Landschullehrer waren und blieben Diener der Kirche, sie waren Organist, Küster, Hochzeit- und Grabebitter in einer Person. In der ersten Zeit, als es noch keine Orgeln gab, hatten sie als Vorsänger den Ge meindegesang zu leiten, daher wurden sie auch Kirchen sänger oder Kantoren genannt. Ferner hatten sie die Kirche auf- und zuzuschließen, das Aufziehen und Stellen der Turmuhr, des „Seigers" zu besorgen. Weiter hatte er die kirchlichen Geräte, Altarleuchter, Taufschüsseln, Wein flaschen, Kannen und sonstige Geräte zu reinigen. Die Kommunionkittel, Chorröcke, Altartücher u. s. f. zu waschen und die Kirche vier- bis fünfmal im Jahre zu kehren und zu reinigen. So vereinigte der Schulmeister oft eine ganze Menge von Ämtern in sich und war Mann für Alles, das Fakto tum der Gemeinde! Hauswirt, Professionist, Kirchen- und Gerichtsschreiber, Gevatter- und Hochzeitsbitter. Zur Hebung seines Ansehens konnte es nicht beitragen, daß in einzelnen Gemeinden die Lehrer zum Tanz aufspielten. Der Lehrer Graf in Großporitsch spielte noch im 19. Jahr hundert im Gasthof die Tanzmusik mit und rodete zur Ferienzeit im Walde Holzstöcke. Die Kirchenväter zu Ebers bach geben im Jahre 1732 das Einkommen des Kirchschul meisters mit 116 Thl. 13 gr. 8 Pf., die Türchauer mit 123 Thl. an, es gab jedoch auch welche, die alles in allem nur etwas über 80 Thl. verdienten. Daraus erklärt sich, daß fast alle noch ein Handwerk betrieben. Sie wählten meist ein solches mit wenig Geräusch wie Schneider und Schuster, auf den Dörfern der Hausweberei finden wir auch viele Lehrer als Leineweber. Der Lehrer Martin Weber in Her- wigsdorf schrieb nicht nur eine schöne Hand, sondern war auch ein sehr geschickter Mechaniker, besaß auch große Kenntnisse in Mathematik und Astronomie. Er verfertigte eine Orgel und allerhand Uhren ohne jede Anweisung. Be sonders kunstvoll war ein Uhrwerk, welches den Lauf der Gestirne und den Wechsel der Jahreszeiten anzeigte. Wie es in so einer Schulstube damals aussah, davon nur ein Beispiel: bei dem Schulhalter Ztesche in Eibau klapperten während des Unterrichts in der Schulstube drei Websttthle und schnurrte das Spulrad, hinter dem Frau und Kinder arbeiteten, hinter dem Ofen gab es auch zwei- und vierbeinige Tiere, auch Lerchen, Wachteln, Rotkehlchen usw. liefen oder flogen herum. Der Ortsrichter von Eibau beschwerte sich darauf beim Rat, daß der Schulhalter Chri stian Aiesche seinen Schuldienst vernachlässige, auch die Ge richtsschreiberei nicht besorge. Er sei nur beflissen, seinem Weberhandwerk nachzugehen, denn er habe drei Websttthle in der Schulstube, darüber er sogar mit seinen Kindern während dem Schulehalten arbeite, die Schultafel und Bänke habe er rausgerissen, die Schulkinder aber mußten bei der Tür im Besenwiukel stehen usw. Dagegen ließ Ziesche folgendes Klagelied ertönen, am 13. Oktober 1789 berichtet er. an den Rat, wie unbillig und boshaftig der Richter und andere mit ihm verführen: Ich bin von E. Hochw. Rate als Schulhalter, Gerichtsschreiber und Steuer einnehmer eingesetzt. Wie wenig mir alle diese Ämter ein bringen, weiß ich am besten. Wenn ich nicht als Leineweber mein Brot mit wirken (weben) verdiente, müßte ich un verzüglich crepieren. Den armen Leuten schenke ich das Schulgeld, so kommt es, daß ich die Woche kaum 4 Gr. Schulgeld etnbringe, obgleich ich manchmal etliche 20 Kin der in der Schule habe. So arm als ich bin, ist kein Wirt in der ganzen Gemeinde, denn jeder hat sein Haus, darauf kann er sich, wenn Mangel eintritt, etwas borgen, ich aber habe kein eigen Hans usw. Eine grundlegende Änderung dieser Dinge brachte die Gründung des Zittauer Lehrer seminars im Jahre 1811. Morgenländische Schätze im aiien Wendenland W. Haupt, Webrsdorf O.-L. Heute sind die Gefilde von Persien und Mesopota mien aus weite Strecken mit Steppe und Wüste bedeckt, während Mitteleuropa ein wichtiges Kulturzentrum bedeutet. Vor 1000 Jahren hingegen, als in unsere Gegend die Kultur erst ihren Einzug hielt, blühten auf dem Boden der heutigen Einöden des Morgenlandes mächtige Reiche. Während die Bewohner unserer Heimat mit Mühe ihr tägliches Brot erbauten, herrschten dort Pracht und Luxus, und alle Güter der damals bekannten Welt strömten im Orient zusammen. Von dem Märchenhasten Reichtum erzählen uns noch beute die Erzählungen aus „Tausend und einer Nacht", die darin keine Märchen sind, sondern uns eine längst vergangene Wirklichkeit getreu überliefern. Eben!o wie heute bestand auch damals schon Verbindung zwischen den beiden Weltgegenden. Aber nicht Bagdadbahn und Fernflugzeug schafften Reisende des Abendlandes nach dem Morgenlande, sondern die Weltreisenden lieferte damals der Orient. Ihre Fahrten waren nicht gefahr- und fast mühelos wie heute, sondern man kann sie nur mit den Entdeckerfahrten kühner Forscher in unerschlossene Länder vergleichen, und unsere Heimat mußte es sich schon gefallen lassen, daß di« damalige Kulturwelt sie mit den Augen betrachtete, mit denen wir heute Tibet und Sibirien ansehen. Von den Mühen und Gefahren der damaligen Reisenden können wir uns ein Bild machen bei den Erzählungen Sind bad des Seefahrers, die unter aller märchenhafter Verbrämung auch hier einen wahren Kern enthalten. Sie lehren uns so recht, mit welchen Nöten und Anstrengungen damals eine Fahrt in unser Land verbunden war. Daß es solche Reisende gegeben hat, brauchen wir nicht allein dem orientalischen Märchen zu glauben, wir besitzen auch noch die Reiseberichte dieser Männer. Die beste Urkunde dafür aber sind die morgenländischen Schätze, die man bis beute im östlichen Deutschland immer wieder aus der Erde gräbt. Zum Vergnügen haben die alten Herren ihre Reisen nicht gemacht, sondern sie kamen hierher, um Handel zu treiben und Gewinn einzubeimsen, und sie waren recht geriebene Kaufleute. Wie sehr sie die armen halbzivilisierten Völker geprellt haben, das werden wohl nur sie selber gewußt haben. Aber wir können unS ein Bild davon machen, wenn wir die Bezahlung ansehen, die st« ihnen brachten. Es mutet fast wie ein Scherz oder ein lustige- Gaunerstllckcben an: Sie kauften in ihrer Heimat altes Geld und Bruchsilbek außer Kurs gesetzte Münzen und altmodische oder zerbrochen; Schmucksachen, wogen sie pfundweise ab und füllten sie in leinen« Beutel. Diese wußte man den Bewohnern mit derartigem Geschick aufzureöen, daß sie nicht nur in Zahlung genommen, sondern als kostbares Gut gesucht und lm Tauschhandel mit jedem gefordertes Preise bezahlt wurden. Nicht nur alle Erzeugnisse des eigenen Landes, wie Honig und Wachs, Pelze und Bernstein, gab man dafür hin, sondern mancher kräftige Jüngling und manches schlanke Mädchen bat, vom eigenen Häuptling für einen Beutel Silber verkauft, den Weg Ins kerne Morgenland auf Nimmerwiedersehen antreten müßen. Wie heute, so gab es auch damals schon eine ArtZwischen, bandel. In den meisten Fällen reisten die arabischen Händler gar nicht bis zu den Wenden selbst. Sie fuhren nur bis tu da südliche Rußland, wo sie sich mit den nordischen Warägern trafen und von ihnen das einhandelten, was diese selbst aus ibr«r nordischen Heimat oder dem Wendenlande und dem von ihnen beherrschten Rußland als Gegenwert für die Gaben der schlauen Orientalen mitbrachten. Wir wundern uns darum gar nicht, wenn wir unter dem arabischen Silber auch die Erzeugnisse nordischer Schmiedekunst in Form schön geflochtener silberner Hals bänder und dergleichen vorfinden: das meiste aber, wie alles andere, zerbrochen, zerschnitten und zerhackt, weshalb man diese alten Wendenschätze als „Hacksilber" zu bezeichnen pslegt. Rechnet man nun noch die Münzen hinzu, die in Unmenge aus dem Deutschen Reiche zu den alten Wenden strömten und mit dem nordisch-arabischen Silber vermengt wurden, so kann man sich denken, daß ein solcher Schatz ein recht buntes Bild bietet: Deutsche, englische und sonstige Silberpfennige, römische Denare und byzantinische Münzen liegen unter den orientalischen „Dirbems" — in welchem Worte niemand mehr den alten griechischen Münz namen „Drachme" suchen wird —; alle Münzarten aber sind meist in kleinste Stückchen zerteilt. Wunderbar geflochtene Halsbänder sinh die Glanzstücke, aber man sieht ihnen die wenig pflegliche