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Reihen der Innungen immer auch an Sitte und Brauch der Vorfahren festgehalten, so daß selbst jetzt noch Spuren davon leicht zu entdecken sind. Gerade in dieser Hinsicht ist ein schriftliches Dokument sehr interessant, das zu den im Bautzener Stadtmuseum auf bewahrten Beständen an Jnnungsaltertümern gehört. Es stammt der Handschrift nach aus der Zeit um 1800 und be trifft die Bäckerinnung. Betitelt ist es folgendermaßen: „Anweisung, wie einer beim löblichen Weiß bäcker-Handwerke zum Meister gesprochen wird". Es stellt zweifellos, wie aus verschiedenen darin enthaltenen Randbemerkungen hervorgeht, die Unterlage dar für die Ansprache, die der Oberälteste der Innung beim Quartal, wenn ein Geselle in die Kreise der Meister aus genommen werden sollte, an die versammelte Innung und den dabei anwesenden Vertreter des Nates der Stadt zu halten hatte. Ganz im-Stile der damaligen Zeit erscheint da zunächst die Anrede (alles in heutiger Schreibweise): „Hochedler, hochwohlgelehrter und Hochweiser Herr des Rats, wie auch hoch- und wertgeschätzte Versammlung." Gleich die Anfangsworte der Ansprache zeigen uns, wie man sich bemühte, am Hergebrachten festzuhalten: „Ich werde bei dieser Gelegenheit, in Anwesenheit einer hochedlen und hochwertgeschätzten Versammlung, da ich heute unserem gegenwärtigen Mitmeister N. N. seinen Sohn N. N. zum Meister sprechen soll, erst eine kleine Vorrede halten. Es ist dieses eine Gewohnheit, die noch von unseren uralten Ältesten herstammt. Da wir nun bemüht sind, diese Ordnung noch immer bei unserem löblichen Handwerk fort zupflanzen, so halten wir es auch für billig, heute dieselbe zu beobachten. Wir sehen diesen Brauch nicht für eine bloße Gewohnheit, sondern auch für eine unumgängliche nötige Sache an." Diese Vorrede, über das Sprichwort „Ordnung ernäh ret, Unordnung verzehret" interessiert uns weniger als das folgende, zu dem man sich leicht die entsprechenden Handlungen der Versammlung denken kann. Man wird aus Frage, Antwort und Gegenantwort auch ersehen, daß die versammelten Jnnungsmeister durchaus nicht nur als Zu hörer und Zuschauer fungierten, sondern in alter Ver bundenheit auch als Mithandelnde teilnahmen. Der Ober älteste fuhr also fort: „Günstige liebe Ältesten und sämtliche liebe Mitmeister. Sie werden nach löblichem Handwerks Brauch und Ge wohnheit mit mir aufstehen, die Mäntel umnehmen und, nachdem sich jeder wieder an Ort und Stelle niedergelassen, mit gehöriger Gelassenheit anhören, was Pflicht und Schul digkeit wegen jetzt von mir wird vorgetragen werden. Erstlich will ich Sie hiermit, günstige liebe Ältesten und sämtliche Mitmeister, fragen, ob etwa bei (dem) jetzt ge nossenen Meisteressen auf dieser oder jener Seite etwas Un gebührliches vorgefallen sei, bitte zugleich, wenn es ge schehen, es gehörig zu melden." Hieraus geht auch hervor, daß ein Meisteressen dem feierlichen Akt vvransgegangen war. Die Meister sprachen nun auf die Frage des Oberältesten folgende Antwort: „Sollte ja dergleichen etwas vorgefallcn sein, so wollen wir doch selbiges zunächst nicht rügen, sondern mit dem Mantel der christlichen Liebe zudecken." Gegenantwort (des Obcrältesten): „Weil es Ihnen denn also allerseits gefällig, so mag es auch dabei sein Bewenden haben und es bis auf andere Zeit ausgesetzt bleiben. Hierauf habe (ich) Ihnen denn, liebe Ältesten und sämt liche liebe Mitmeister, zu melden, was maßen gegen wärtiger N. N. gehörig gebeten, die Ältesten und sämt liches ehrliches Handwerk zusammcnzuberufen und Ihnen zu eröffnen, wie er mit Gott und Genehmhaltung seiner lieben Eltern entschlossen, sich allhier . . in (den) Vürger- und Meisterstand unseres löbl. Handwerkes zu begeben." Die folgenden Ausführungen bestätigen nun in aller Form, daß der Aufzunehmende alles besitzt, was zur Er langung des Meistertitels gefordert wurde,' daß er das Back- und Wohnhaus seines Vaters (denn es handelt sich in der Vorlage um einen Meisterssohn) gekauft habe, daß er ehelicher Geburt und von seinen Eltern in Gottesfurcht und allen christlichen Tugenden erzogen sei, daß er die Lehr zeit und Wanderschaft in der nötigen Dauer hinter sich, daß er das Bürgerrecht erworben und vor allem den Meister schuß gebacken habe, der zwar zu einigen Ausstellungen Anlaß gegeben, aber doch nach Erlegung einer Buße an erkannt worden sei. Nunmehr setzte sich das Folgende wieder in Frage und Antwort fort: „Nachdem also der wvhlhergebrachten Ordnung ein Genüge geschehen, so ergeht an Sie, meine lieben Ältesten und sämtliche Mttmeister allerseits mein dienstfreundliches Bitten, Sie wollen gegenwärtigen N. N. zu ihrem Mtt meister willigst auf- und annehmen, ihm mit Liebe und Wohlgewogenheit zugetan bleiben und ihm in seiner Han tierung und Nahrung nach christlicher Liebe in allem be hilflich und förderlich sein." Gegenantwort: „Wir unsres Orts sind nicht allein willig und bereit, nachdem dem löblichen Handwerk in allem ein Genüge geschehen, ihn als unsren zukünftigen lieben Mitmeister auf- und anzunehmen, als wozu wir ihm viel Glück und Segen angewünschet haben wollen, sondern versichern auch zugleich hiermit, daß wir nicht zweifeln, daß er seines Orts nicht ermangeln werde, die Pflichten eines recht schaffenen Bürgers auf das genaueste zu erfüllen. Wir werden auch auf unsrer Seite nichts versäumen, ihm unsre Aufrichtigkeit und gute Zuneigung bei aller Gelegenheit an den Tag zu legen." Jetzt wurden dem „Stückarbeiter", wie der um Auf nahme Nachsuchende auch genannt wurde, noch gute Rat schläge für sein Verhalten in der Liebe Gottes und gegen über dem Rat, den Eltern, den Jnnungsältesten und den Mitmeistern gegeben. Danach erst folgte der Schlußakt der Meistcrsprechung in feierlicher Form, die jedoch unseren Vorfahren gewiß nicht bloß Form war: „So du nun diesem allen getreulich nachzukommen ge denkst, so erkläre ich und spreche dich in Ansehung des von einem hochedlen und hochweisen Rat mir anvertrauten Oberältestenamtes zu einem Meister. Im Namen Gottes des Vaters, Gottes des Sohnes und Gottes des heiligen Geistes. Der Herr spreche selbst sein gnädig Ja und Amen dazu." Mit Handschlag gegenüber dem Ratsvertreter und den Ältesten bekräftigte der junge neubackene Meister dies und gab damit das Versprechen, daß er „Laden und Bank jeder zeit mit tüchtiger und guter Ware versehen" werde. Mit der Beglückwünschung durch seine neuen Kollegen schloß dann die Meistersprechung vor 130 Jahren, wie uns durch das hier erläuterte Schriftstück der Bautzener Bäckerinnung bezeugt wird. Die Aufzeichnung mag uns Nachfahren als ein Beweis für das treue Festhalten des Handwerks am guten Alten gelten. Hans Mehner. Die Lausitzer Wenden an der Arbeit Über die unermüdliche Organisationsarbeit der Lau sitzer Wenden erfährt man interessante Einzelheiten aus dem nachstehenden Bericht über die Jahreshauptversamm lung des wendischen Heimatbundes „Domowina". Der wendische Heimatbund „Domowina", dem zur Zeit 68 zahlende Vereine der sächsischen und preußischen Lausitz