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Lange redeten die zwei Männer noch zusammen von dem letzten Kampfe in der Schänke auf der Niedergasse. Der Stadtrichter, so klug er war, wußte aber keinen Rat, wie die Einigkeit herzustellen wäre. Spät abends ging er heim. — Einige Wochen waren seit dem Streite in der Töpper. schänke vergangen. Schon glaubten die Leute, es würde ruhig bleiben. Am S. Weihnachtsfeiertage war im Ratskeller am Markte Tanzmusik. Fiedel und Trompete klangen weit hinüber über den Markt und lockten Burschen und Mädel herbei. Auch manch altes Paar stampfte einen Hopser. Der alte Büttel ging mit gesenktem Kopfe nach dem Markte zu. „Wenn's nur heute ntscht gibt," brummte er in den struppigen Bart. „Alleine kann ich ne Herr werden." „Wohin Kasper?" weckte ihn eine Stimme aus seinem Brüten. Der Büttel straffte sich in die Höhe und sah den Sprecher an. „Hm," sagte er, „wohin? In de Schänke, 's is Musik dort." „Man hört ja de Musikanten bis daher," sprach jener. „Es müssen viel Leute dort sein." „Eben, ja," nickte der Büttel. „Hast Du Kleinseitner auch kommen sehn?" „Das wird sein, es kamen genug über die Brücke." „Hab mir's gedacht," gab der Büttel zur Antwort. „Habe heute Nacht schlecht geträumt. Leb wohl, Ignaz, ich muß machen, daß ich fortkomm." „Na, behüt'ch Gott," rief ihm der Mann nach. Langsam stapfte der Büttel über die hartgefrorene Erde, die mit einer dünnen Schneedecke überzogen war. Immer deutlicher hörte er die Musik und das Schwirren der Stimmen. Nun stand er unten vor dem Rathause. Oben stampften die Tänzer in den schweren Schuhen im Takte über den Boden. Der Büttel zog die Mütze herunter und wischte sich mit dem Rockärmel den Schweiß aus der Stirn. Er überlegte, ob er hinaufgehen oder lieber hier unten „Posto" halten sollte. Nach einigem Zögern entschied er sich für das letztere. Er drückte sich in einen Winkel bei der Statue und lauschte auf die Musik. Da sah er einige Burschen über die Spreebrücke kommen. „Herr meines Lebens," murmelte er, „wenn nur der wilde Mälzerseff nicht dabei ist." Die Burschen nahmen auch richtig den Weg zur Schänke und verschwanden in der Tür. „Den Mälzerseff hab ich nicht dabet gesehen," sprach er zu sich und atmete auf. „Vielleicht geht's doch „ohne" ab." Der gute Büttel sollte sich gründlich täuschen. Die Bur schen von der Kleinseite waren noch gar nicht lange ins Haus gegangen, begann droben ein lauter Wortwechsel. Bald erhob sich ein wüster Lärm. Dazwischen hinein gellte die Musik. Mädchenstimmen kreischten. Schon kamen einige in wilder Hast herausgestürmt. Der Büttel zitterte. „Nauf geh ich nicht," murmelte er. „Ich kann so nichts machen." Er drückte sich tiefer in seinen Winkel. Immer heftiger tobte der Lärm. Zwei Parteien schlugen auseinander ein, auf der einen Seite die Oberdörfschen, auf der anderen die Kleinseitner. Mutvoll stellte sich der Wirt zwischen beide Lager und brüllte, so daß es der Büttel ganz deutlich hörte: „Macht, daß Ihr rauskommt, Ihr Kleinseitschen! Ihr habt hier nichts zu suchen!" Hohngelächter folgte. In trotziger Wut standen ein Dutzend handfeste Burschen an der Fensterwand, ihnen gegenüber etwa 30 junge Männer aus dem Oberüorfe. „Wir haben so gut recht wie Ihr," brüllte einer aus dem Kleinseitner Lager. „Herr meines Lebens!" keuchte der Büttel unten und kroch merklich zusammen. „Das is der Mälzerseff. Da gtbt's Blut." „Raus, sag ich," schrie der Wirt. ! „Gerade nicht!" kam's von drüben. Jetzt traten die älteren Männer, die im Saale waren, hervor. „Ihr Leute, helft einmal," sagte der Wirt. Sofort begaben sich einige Männer zu den Oberdörf schen. Sie wurden mit beifälligem Gemurmel empfangen. Es gingen aber auch mehrere zum Lager der Kleinseitner, denn diese waren vom rechten Ufer der Spree. Die Parteien waren ungleich. Die bet weitem stärkere waren die Oberdörfschen. Wieder trat der Wirt vor und schrie: „Zum letzten Male: Raus!" Er hatte aber noch gar nicht ausgeredet, erhielt er von einem langen Burschen einen Schlag, daß er zu Boden stürzte. Nun begann ein grausiges Ringen. Unter wüstem Gebrüll schlugen die Kämpfer auf einander ein. Die Klein seitner mußten der Übermacht weichen. Sie wurden unter Schreien und Johlen die Treppe hinabgedrängt. Unten auf dem Markte begann ein neues Ringen. „Hie Oberdorf!" schrien die einen. „Kleinseite!" die andern. Schon tropfte rotes Blut auf den Schnee. Aus den Häusern traten Leute und sahen dem häßlichen Kampfe zu, und als einige Männer über die Spreebrücke kamen und die Reihen der Kleinseitner verstärkten, lief aus den Ret hen der Gaffer so mancher Mann in das Kampfgewühl und half den Oberdörfschen. Die Gegner kamen ins Gedränge und mußten sich zurückziehen. Wild wälzte sich das Ge tümmel unter Brüllen und Ächzen über die Spreebrücke, die unter der Menschen-Last bedenklich schwankte. Mancher Kämpfer wurde ins eiskalte Wasser gestoßen. Erst als die Sieger bis ans rechte Ufer der Spree gedrungen waren, machten sie Halt. Unter höhnischen Rufen kehrten die Ober dörfschen zurück in die Schänke. Bei Bier und Branntwein wurde der Sieg gefeiert. Es gab aber genug blutige Ge sichter zu verbinden. Unweit der Brücke hatte man einen Mann aufgehoben, in dessen Schulter eine Zaunslatte steckte. Ein 10 Zentimeter tiefer Nagel derselben war tief in die Lunge gedrungen. Man schaffte ihn in sein Haus im Oberüorfe. Noch in derselben Nacht starb der Mann. Alles das hatte der zitternde Büttel gesehen. Jetzt lief er, so rasch ihn seine alten Beine tragen konnten, zum Stadt richter und- meldete ihm den Vorgang. Dieser begab sich in die Schänke. Hier war eben Ruhe eingetreten. Als die Oberdörfschen am nächsten Tage hörten, daß einer ihrer Kämpfer gestorben war, erfaßte sie große Wut. Sie sammelten sich auf dem Marktplatze, wo auf dem Schnee zahlreiche Blutstropfen zu sehen waren. Mit Stan gen, Knüppeln und Messern bewaffnet, zogen sie nach der Kleinseite. Die Kleinseitner traten ihnen mutig entgegen, verstärkt durch die Callenberger und Crostauer Burschen. Wieder entstand ein wütendes Gestreite, das für die Ober dörfschen unglücklich endete. Noch am selben Tage verab redeten die erregten Männer, sich zu rächen. Das ganze Oberdorf sollte teilnehmen. Alle Vorstellungen des Stadt richters nutzten nichts. Er sandte deshalb noch am selben Tage einen reitenden Boten nach Böhmisch-Leipa und bat um Hilfe. Der Kampf sollte aufs neue beginnen. Ober- dörfsche und Kleinseitner hatten auf beiden Seiten ge rüstet. Am Nachmittage traf auf Wagen Militär ein. Nun erst wurde Ruhe. Der Stadtrtchter verbot für eine Zeit lang jede Tanz musik. Mälzerseff zog fort in die Fremde. Jetzt erst war der Streit zwischen Oberdorf und Kleinseite zu Ende. »vertaafttzer L» anvsteate vefteai , ,eft b»e »e»«aavret« vtk-ieuavr»«» » nr» snr. »erlas- ««ata SNarx- «a«v»ra«»ere» ««» Lettaa««- »ertaa <S.v. V-, «etivraa» «a.