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DaS Denkmal der Franzose« und Nüssen Der Weltkrieg von 1914—18 mit all seinen Schrecknissen verschonte zwar äußerlich die Heimat, der er ungeheure Lasten auferlegte, aber wenn er mannigfach Schmerz, Herzeleid und Not in die Häuser trug, so besiegelte er auch das Schicksal manches fremden Soldaten, der nichts als auch seine Pflicht getan und fern seiner Heimat eine Grab stätte fand. Zahlreichen Gefangenen aller Länder wurde in Budissins Krankenhäusern Linderung ihrer Schmerzen und Heilung ihrer Wunden zuteil, doch nicht allen war die Genesung beschieden, und so reihte sich Grab an Grab, bis auf dem Taucherfriedhofe 254 und auf dem äußeren katho lischen Friedhöfe an der Muskauer Straße 56 fremde Krieger zur letzten Ruhe gebettet wurden, im Tode aus gesöhnt mit dem Kampfe im Leben. Auf dem Taucherfrieöhofe wurden in der Hauptsache Ruffen, eine Anzahl Italiener und Serben, ein Engländer und 7 Franzosen, auf dem äußeren katholischen Friedhöfe 21 Italiener, 23 Russen und 12 Franzosen beerdigt. Wäh rend ein Franzose, der Student Georges Bornet, bereits 1922 in seine Heimat überführt wurde, geschah dies mit den übrigen 18 Franzosen am 22. und 23. März 1926 auf Veranlassung der französischen Regierung. Der jüngste von ihnen zählte 23, der älteste 43 Jahre. Auf dem Ostteile des Taucherfriedhvfes, wo sich in Reihen die Gräber der Kriegsgefangenen befinden, erhebt sich ein gewaltiges Denkmal. Auf der nach Westen gerich teten Vorderseite liegt in Überlebensgröße ein sterbender Krieger in Ritterrüstung, den Stumpf des zerbrochenen Schwertes in beiden Händen, unter dem ausgebreiteten linken Flügel eines großen Engels, welcher den rechten Arm segnend ausstreckt. Mit der linken Hand berührt er die Schulter des Kriegers. Von rechts her sendet die unter gehende Sonne ihre letzten Strahlen über das Bild. An dem Sockel ist auf der linken Seite ein Kreuz mit einer Plakette befestigt, welche das Bild eines Ritters zu Pferde trägt, der gegen einen Drachen ankämpft. Das Gegenstück bildet auf der rechten Seite eine Plakette mit gekreuzten Schwertern. Um einen lorbeergeschmückten Kops ist die Umschrift zu lesen: KSpu^iiqu? In der Mitte des Sockels stehen die Worte: 048PIVI 800II links und rechts des Engels: VI0PMI8 88ÜÜI 1914 1918 Darüber zu beiden Seiten hängt je ein Lorbeerkranz, um die Worte einzuschließen: 0884 V887'ü-4 878884^0^18. 88Ist0V41I0^I8 840'8008 487-88^48 8O8IÜ-O8IM NO8P8O8OIA. Diese letzten Worte erinnern an die russische Welt anschauung und bedeuten: „Eure Gebeine sind die Grund lage der Erneuerung, der Freiheit und des ewigen Frie dens unserer Völker." Umsäumt von Zypressen wird dieses Denkmal allezeit davon zeugen, daß der Tod ein großer Versöhner, ein Friedenssender ist. Das hat wohl auch der Schöpfer des Denkmals, der kriegsgefangene Pole Romuald Zerych, von welchem Entwurf und Ausführung stammen, in sein Kunst werk hineinlegen wollen. So hat auch der größte und blutigste aller Kriege in dieser Beziehung seine Merkmale für alle Zeiten in Bautzen hinterlassen. Gar seltsame Empfindungen berühren den Besucher dieser Stätte, die das Gedankenziel so mancher Mutter und Gattin, so mancher Familie ähnlich wie man cher große Soldatenfriedhof in Feindesland ist. Dort liegen in der Heimat der hier Ruhenden deutsche Väter und Brüder auch als fremde Krieger begraben. Es sind ihrer sehr viele. Davon sprechen die 344 Steinkreuze im Ehren hain des Taucherfriedhofes dicht neben dem Gefangenen friedhofe. Über allem aber leuchtet die Versöhnung im Tobe. Die im Leben sich als Feinde gegenitverftanden, fie treffen sich bei der großen Armee als Kameraden wieder, und der Ruhm ihres Opfermutes erstrahlt durch die irdischen Lande. Wandertaqe vor Ostern, Kleinstadtzauber Von Anton Jos. Marschner-Warnsdorf Der Frühling Hatte — uns Wandernden zu Ehren — seine schönsten Fahnen an den Haselsträuchern heraus gesteckt, der junge Märzen glänzte im Schmucke blühender Sträucher, Lerchen trillerten über duftenden Ackerfurchen, im nahen Walde lockte und flötete die Amsel. Talwärts führte unser Weg. Bunte Kinder: Primeln, roter Seidelbast, weiße Schneeglöckssl, selbst tiefblaue Veil chen tummelten sich am Wege, der Frühling hatte sie aus ihrem Winterschlafs erweckt. Auch auf den noch nassen Fel dern regte sichs allenthalben, das Hott und Hüh der Acker leute hallte aus der Ferne ober vom Hügel zu Tale nieder. Fleißige Hände räumten die letzten grauen Über reste eines harten, langen Winters von Wiese und Halde. Da atmet die Brust freier, es schweift der Blick weit in die Runde und ins Land hinein. Am Wege steht ein Kreuzeszeichen mit einem goldenen, leuchtenden Heiland. Bon ferne schon sehen wir sein fröhliches Blinken. Die noch winterlichen Bäume recken uns fröstelnd ihre laublosen Arme entgegen, aber im Lichte glänzen schon die schwellen den Knospen. Die weiße Straße zieht ihr Band bis weit ins Land hinüber. Rote Zwievelkirchtürme grüßen in der Ferne ost- und westlich. Aus dem Lichte treten wir ins Dämmern der Dorf kirche ein, die einsam und verlassen an der Straße steht mit ihrem weit offenen, alten Holztore. Uns umfängt woh lige Kühle und süßer Weihrauchduft. Am Altäre flackert das ewige Licht in rosarotem Olglase. Nachmittagssonne dringt durch die bunten Scheiben und wirft farbige Reflexe auf den Predigtstuhl und in die plumpgeschnitzten Bänke. Wer betritt ein solches Mysterium ganz unbefangen und pietätlos? Zieht es nicht vielmehr nicht nur die wirk lich Frommen, nein auch die gelegentlich Vorbeiwandern den in seinen Bann? Ostern ist vor der Türe. Ein frohes Rüsten, ein flei ßiges Putzen geht von einem Ende des Dorfes bis zum anderen. Aus den Läden der Bäcker kommen Frauen mit Bergen von Kuchen und da und dort harkt der Hausvater die Gartenanlagen. So sind die Tage vor hohen Festen auf dem Lande. Es liegt ein sonderbarer Zauber, eine gewal tige Poesie über ihnen. Keiner kann ihnen entrinnen, auch den Großstädter überkommt es in gleicher Weise. Wenn am Sonnabend vor den Festtagen die Sonne hinter die schwarzbewaldeten Berge sinkt, blaue Abend schatten zurücklassend, dann scheidet sie nur zaghaft und läßt in den Fenstern ein lichtes, zartes Aufleuchten zurück. Bürger und Handwerker kennen und erwarten dieses Scheiden, sitzen auf ihren Bänken vor den Türen, Pfeife schmauchend, und blicken abschiednehmend der Sonne nach. Lärmend spielen die Kinder in den Gassen. Stolz schreiten die Mädchen und Frauen zum plätschernden Brunnen am Markte. Die große Reinigung hat allen Vor rat an Wasser verbraucht und noch sind sie es selber, die sich für die Festtage putzen und waschen wollen. So ist der Zauber der Kleinstadt. Er liegt wie ein Dust über den Menschen und der Zeit. Alles will er mit Glück und Muse erfüllen. Die Liebe ist dort noch lebendig) sie ist den Landleuten noch nicht in dem Maße verloren gegangen wie uns Städtern. Es ist, wohin man auch schaut, als stände die Zeit still, so still, wie die Linde am Markte, in deren Zweigen die Amsel flötet. Der Brunnen plätschert und rauscht, so wie er seit Jahrhunderten gerauscht und geplätschert haben mag von Geschlecht zu Geschlecht . . , ,