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Geschichte Bautzens in verschiedenster Art, so als Pferde stall, als Abstellraum und schließlich auch als Ruine er lebt. Ihr Turm und Blitzableiter wurden nach Lawalde verkauft. Das Stofsregeu-Grab Eine tragische Geschichte weiß uns das Stoffregen- Grab auf dem Taucherkirchhof dicht hinter der Franke'schen Gruft zu erzählen. Gerade dieses Grab vermag uns so recht vor Augen zu führen, wie auch in des Kriegers Brust das Feingefühl der Liebe wohnt und wie im Gegensatz dazu das Rauhe des Krieges darüber hinwegstreicht mit dem Schrecken des Todes. Die russische Hofrätin Anna von Stoffregen aus Riga war 1808 auf einer Reise, die sie mit ihren drei Söhnen durch Deutschland führte, in Bantzen plötzlich am 8. Febr. dem Nervenfieber erlegen und auf dem Taucherkirchhofe beigesetzt worden. Der Klkmpf der vereinigten Mächte Ruß land, Österreich und Preußen gegen Napoleon führte am 20. Mai 1813 auch den jungen Konrad von Stoffregen, der inzwischen Leutnant geworden war, nach Bautzen. Nachm. 3 Uhr mußten die Russen sich zurückziehen und bei dieser Gelegenheit kam Konrad v. Stoffregen am Taucherfried hofe vorüber. Schon lange hatte er auf den Augenblick ge wartet, der ihn zum Grabe der über alles geliebten Mut ter führen sollte. Nun war er da. Schnell ein kurzes Ge bet und eine stille Andacht inmitten des Schlachtenlärms. Plötzlich aber nahten Macdonalds Reiter. Geschwind aufs Pferd und fort von der Mutter Grab. Doch die Kugeln der Feinde erreichten den jungen Offizier, und zu Tode getroffen sank er vom Pferde. Niemand wüßte um diese Tragödie, die hier aus Mutterliebe und Pietät entsprang, wenn nicht der Toten gräber Schöne, der Konrad zum Grabe der Mutter führte, Zeuge gewesen wäre. Nach der Schlacht öffnete er das Grab und gab der Mutter noch im Tode den treuen Sohn zurück, der nun in Bautzens Erde an ihrer Seite ruht. Und sei es auch in fremder Erde, im fremden Lande, so haben pietätvolle Menschen das Grab gehütet und gepflegt, auf dem eine schlichte Steinplatte die bescheidenen Worte trägt: Dem 1813 b. Bautzen gef. Kameraden Lieutenant von Stoffregen Riga 1" Der Kriegerbund Bautzen 1885 Vergißmeinnicht, Efeu und Immergrün schmücken das schlichte Grab, zu dem eine Trauerbuche ihre Äste hernieder neigt und ctn wenig Schatten spendet. War das Leben herb und das Schicksal bitter, so war doch der Tod vereinend. Macht er die Feinde zu Kameraden, so diente er hier dem Worte: „Die Liebe höret nimmer auf." Denksteine von 1888 Der Feldzug von 1866 brachte für die Lausitz, nament lich auch für die Stadt Bautzen einige sehr unruhige Tage und Wochen. Ein Teil der preußischen Truppen unter dem General der Kavallerie Prinz Heinrich Karl von Preußen, welcher sein Hauptquartier in Görlitz aufschlug, bezogen in Bautzen Quartiere. In den Juni-Tagen befürchtete man, daß es vor Bautzen zu einem Treffen kommen würde, doch am 22. Juni verließen die Truppen die Stadt. Am 29. Juni kam es bei Gitschin zum Gefecht und am 8. Juli bei Königgrätz zur Schlacht. Kurz darauf gelangten grö ßere Transporte Gefangener und zum Teil auch Verwun deter nach Bautzen. Unter Leitung der Johanniter wurde im evangelischen Seminar ein Lazarett eingerichtet. Von den hier untergebrachten Verwundeten starben drei Sach sen, drei Preußen und sieben Österreicher. Auf dem Nikolai-Friedhof geben noch heute an der Friedhofsmauer rechts des Eingangs zwei schlichte Steine von jenen Tagen Kunde. Der eine trägt den Wortlaut: Den 1866 gefallenen Kameraden Czar Oesterreich Nagy Ungarn Göttgens Linden b. Aachen Iaromcik Slowakei Der Kriegerbund Bautzen 1885 Auf einer zweiten Steinplatte ließ der Kriegerbund weite ren vier fremden Kriegern ein Gedenken errichten: Den 1866 gefallenen Kameraden Brand Ullrich, Steiermark Gruber Altenfelden, Kr. Möhl Cisar Kremsier, Mähren Bartl Thierbach b. Wien Der Kriegerbund Bautzen 1885 * Denksteine von 1878-71 Hatte Bautzen im 66 er Feldzuge infolge der feindlichen Einstellung Sachsens gegen Preußen unter dem Durch marsch der preußischen Truppen viel zu leiden, so wurde der Krieg von 1870-71, an dem Sachsen als deutscher Bundesstaat teilnahm, in weit geringerem Maße für die Stadt fühlbar. Wochenlang war zwar der private Eisen bahnverkehr wegen der Militärtransporte gesperrt und später mußten auch Verwundete und Gefangene unter gebracht werden. Inmitten der Steine von 1866 erhebt sich auf dem Nikolaifriedhofe ein Stein, den ein großes Kreuz krönt. Seine Inschrift zeugt von Opfern, die auch der 70 er Krieg von Freund und Feind forderte. Sie wahrt das An denken jener fremden Krieger, die nach diesem Kampfe in Budtssas Erde eine Ruhestatt fanden. In Uömoire ckk8 solckats krsntzsis en 1870—71 k. 1. ?. LriAö pur Ieur8 6ompatriote8. Auch deutsche Kämpfer aus fernen Gauen des Reiches fanden hier ihre letzte Lagerstatt. Das bekunden folgende Steinplatten rechts und links des französischen SteinkreuzeS: Lazareth Nr. 637 Peter Becker Gefreiter v. 3. Rheinisch. Jnf.-Reg. Nr. 29 a. Niedersalbach, Krs. Altenkirchen 20 Jahre alt gest. den 24. Dez. 1870. Lazareth Nr. 478 Jacob Richardt Musketier v. 8. Pommersch. Jnf.-Regt. Nr. 61 a. Nieder-Brodnitz b. Carthaus, 24 Jahre alt gest. den 12. Nov. 1870. »