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Z2 Gberlauflizer Helmatzektung M. 2 sehen mit kleinen Bildchen. Die zwei Jungen hatten das Buch saft täglich in den Händen gehabt während ihrer Schulzeit,- auch zu Hause war viel darin gelesen worden,- doch nun war es schon seit längerem in seinen wohlver dienten Ruhestand versetzt, ein der Vergessenheit preis gegebener Hausfreund. Schon auf einer der ersten Seiten stieß der Bauer auf icue alte Sage von Abel, dem Guten, und Kain, dem Mörder. Wie er sie jetzt las, erschien sie ihm neu und er schütternd, obwohl er sie doch schon von Kindesbeinen an kannte. Ach, früher hatte er sie ja gar nicht so verstanden,' aber jetzt stand ihm das plötzlich ganz nahe, war von fin steren Leidenschaften und unheimlichen Drohungen erfüllt. Gewiß, der erste Teil der Geschichte stimmte für ihn nicht,' er hatte sein Opfer vom Schicksal herzugestoßen bekommen und hatte es wohl töten müssen,' aber der zweite Abschnitt war sicherlich der fürchterlichere, eine erschreckende Mär, die für jeden galt, der, sei es wo und wie es sei, einen Menschen getötet hatte. Vom Blute eines jeden Erschlage nen schreit eine Stimme hinauf gen Himmel, und bleibt der Mord den Menschen verborgen, Gott wird er doch kund, und der göttliche Fluch trifft den Mörder, macht ihn unstät und flüchtig auf Erden. Was das zu bedeuten hatte, das war dem Bauer nun seit einem halben Jahre offen bar geworden. Wie nnstät war er, wie zerwühlt, zerrissen im Inneren! Da gab es keine Frage mehr nach schuldig oder unschuldig,' nicht durch seine Beweggründe, sondern durch seine Tat ganz allein war jeder Totschläger schuldig! Wenn doch Gott heutzutage noch seine Erde so besuchte wie zu Kains Zeiten,' wenn er doch dem Mörder entgegen träte, ihm seinen Gewinn ins Gesicht schleuderte! Solche Strafe und Buße wäre doch Gewißheit und Befreiung, wäre tausendmal besser als dieses Sichwinden in Ge wissensqualen. Warum aber rührte sich Gott nicht? In bebenden Händen hielt der Bauer das fromme Buch und grübelte sich in Gedankengänge hinein, die ihm früher so fern gelegen hatten. Es schien da keinen Ausweg zu geben, warum nicht wenigstens ein Vergessen? War nicht schon dieses Nichtvergessenkönnen ein Zeichen dafür, daß seine Tat und ihre sinnlose Verheimlichung eine zu große Sünde wären? — Als gegen Abend die drei anderen heimgefahren kamen, mußte die Bäuerin den Mann lange suchen. Sie fand ihn oben in der Kammer, wo er im Bette lag und stumm zur Wand guckte. Da war sie erschrocken und stellte hastige Fragen. Doch er knurrte nur, sie solle ihn in Ruhe lassen, ihm fehle nichts, er habe sich aus lauter Langeweile ins Bett gelegt. Die Bäuerin sagte trotzdem kopfschüttelnd: „Wirst doch nicht krank werden, Alter? Machst mir Sorge genug die letzte Zeit, das kannst Du mir glauben. Wenn Du einem doch bloß mal sagen wolltest, was Dir ist!" (Schluß folgt.) Aus den Helmatverelnen vrl Plana««»»- Lanaervervana Zachre« unS -Matt umschließt diejenigen Vereine in Sachsen und Anhalt, welche die Pflege der heimatlichen, plattdeutschen Sprache auf ihre Fahnen geschrieben hoben. Es hat früher einmal eine Zeit gegeben, wo in einigen Kreisen der Gebrauch der plattdeutschen Sprache als „unfein" verpönt war, doch ist erfreulicherweise die Allgemeinheit nachaerade zu einer anderen Auffassung gekommen und hat erkannt, daß eine Sprache, aus der die holländische und die englische und auch die viel jüngere hochdeutsche Schwester erst heroorging, nicht mißachtet werden darf, sondern wert ist, in besonderen Ehren gehalten zu werden, um vor der Vergessend it bewahrt zu bleiben. So hat die plattdeutsche Sprache in manchen Gegenden ihren Einzug in die Kirchen hallen können, in den Schulen wird die plattdeutsche Sprache infolge eines Ministerialerlasses zum Unterricht herangezogen, platt deutsche Dichter sind ihr wieder erstanden, die Zahl der plattdeutschen Bühnen und ihrer Ausführungen, der Leserkreis plattdeutscher Schrift steller erweitert sich von Jahr zu Jahr und so eraidi sich ganz von selbst, daß sich die im B nnenlavde ansässigen Plattdeutschen mit platideuisch sprechenden, plattdeutsch fühlenden Landeleuten zusammen- jchlteßen, um in der Pflcue der Muttersprache zu einer inneren Ge- meintchast zu kommen. Alle plundemsch Sprechenden werden um eme Aujaabe ihrer Adressen an den Vo>sitzenden des Verbandes, Herrn Conrad Kintscher, Leipzia-N 22, Hallrsche Str 130, aederen, von wo aus ihnen Arschluhmöal'chkett nochaewleien wird. Das Inhalts-Verzeichnis des Jahrganges 1927 wird der nächsten Nummer der Heimatzeitung beigelegt werden. — Etwaige weitere Bestellungen auf Einbanddecken wolle man bald ausgeben, damit deren Fertigstellung erfolgen kann. Buchbesprechungen Durch die Tagespnsse ging kürzlich die Nachricht, daß in München ein ali>r hmorßcher Brauch, der Mekgersprung, nach einer Pause von 32 Iihren demnämst wieder austeoen sott. Das Zurückgreifen der Gegenwart aus ein solches volkstümliches und ge schichtlich beurünoeies Handwerkerfest ist freudig zu begrüßen Hut doch unsere Zeit mit ihrer zunehmenden Veibreitung von Maschinen arbeit, mit der immer mehr onwachßnden Industrialisierung vieler Bereise allen Grund, alte schöne Hank wer ke-siiten sestzuhalten oder zu erneuern, wo es nur immer möglich ist Die Fleischer, um die es sich beim Münchner Metzgersprung handelt, sind hierbei in einer besonders günstigen Lage, denn die rüstigen „Fleischhacker" werden an der handwerksmäßigen Schlachtung und Fleischzerteilung immer sesthalten müssen, solange bei uns noch nicht die maschinenmäßige Organlsat on des Schlachtens wie in Chtkago möglich ist. Wer sich über die Ursprünge und den seit Iahitausenden saft unveränderten Betrieb der Fleischerei unlerrichien will, der greife zu dem pracht vollen Weik, das vor kurzem im Askantschen Verlag zu Berlin erschienen ist Dr O- D Polt hoff hat eine illutirierte Geschichte des Fleischerhandwerks gtschrieben, und damit ein Gtsckichis-und Anschauung-welk ge,Waffen, bas srtnesgleichiN kaum finden dürste. Der Perfasser hat mit Hilfe einig,r anderer Fachleute den gesamten Werdegang des Fleischerberufes vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart in größter Anschaulichkeit geschildert, und natür lich bas Schlachten bet den alten Völkern, von den Ägyptern bis zu den Germanen, nach bildlichen und schriftlichen Urkunden voran gestellt. Fesselnd ist der Abschnitt über Ursprung und Wesen der Zünfte und der Flcischerzunst im besonderen, wobei von diesem so einseitig erscheinenden Standpunkt doch auch allgemeine Lichter auf die Handwerksverhältnisse des deutschen Mittelalters fallen. Einen breiten Raum nimmt dann die Beschreibung der berühmten alten Schlachislätten Deutschlands ein, unter denen die von Breslau, Basel, Augsburg und Wien wegen ihrer künstlerischen Gestaltung oder ihres malerischen Gesamtbildes von jeher Beachtung gefunden haben. Die einzelnen Entwicklungsstufen des Fleischers: Lehrling, Geselle und Meister, nicht zu vergessen die gestrenge Frau Meisterin, finden wir ebenso wie zahlreiche kulturgeschichtliche und ergötzliche Einzelheiten aus dem Alltagsleben des Berufes. Eine Darstellung der Sitten und Gebräuche, dec Festlichkeiten und Umzüge im Hand werk schließt sich an, auch der berühmten Bratwurst von Zittau aus dem Jahre 1726 wird gedacht, nicht weniger das Innungsgemälde der Fleifcher im Zittauer Siadtmuseum durch Wort und Bild be schrieben. Gewiß haben sich nach Einführung der Gewerbefreiheit auch im Fleischerhandwerk viel altertümliche Gebräuche verloren, aber auch die Gegenwart bietet in der Organisation dieses wichtigen Berufes noch zahlreiche Einzelheiten, die gegen Schluß des Buches in längerem Abschnitt erwähnt werden. Man liest die Darstellung mit anhaltendem Interesse, umso mehr als fast jeder von uns mit den Erzeugnissen dieses Berufes gern in Berührung kommt. Selbst „eingefleischten" Vegetariern kann das Studium dieser Handwerks geschichte eine Ahnung davon beibringen, daß ein so ehrwürdiger Beruf wie die Fleischerei unmöglich aus einer irrtümlichen Ernährungs theorie der Menschheit beruhen kann. Die Ausstattung des Werkes aus 510 Seiten, mit über 200 einfarbigen Textabbildungen und 12 Einschalttaseln ist mustergültig. Druck und Papier, Einband und Tttelprcssung sind Meisterlcistungen des zeitgenössischen Buchgewerbes, und man kann nur wünschen, daß auch andere Zünfte eine so vor zügliche Darstellung ihrer Geschichte finden. Die Liebe der betreffen den Handwerker zu ihrem Beruf und die Achtung der Allgemeinheit vor den alten Innungen und ihren Vertretern kann durch solche wissenschaftliche und zugleich volkstümliche Werke nur gewinnen. Dr. Reinhard Müller.