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Ar. 22 Gberlaufltzer seinen ganz besonders romantischen Schönheiten, Hochkirch mit seiner kriegsgeschichtlichen Vergangenheit, Bieleboh und Czorneboh und die vielen, sich durch idyllische Traulichkeit auszeichnenden Ortschaften und Dörfer des Lausitzer Hei matlandes. Auch erzählte er von den verschiedensten Volks sitten und Gebräuchen, die gerade im Lausitzer Land noch in alter Treue erhalten und gepflegt werden. In diesem, auch in der Hausweberei, trotz der immer weitergreifen den Großindustrie, immer noch sehr regsamen Menschen schlag steckt noch ein anheimelnd gesunder Kern. Leider wurden stellenweise die vvrgefiihrten Lichtbilder durch einige technische Versager unliebsam unterbrochen, was aber dem Vortrag im allgemeinen keinen Abbruch tat. Dann trat Rudolf Gärtner, der bekannte Lausitzer Dialekt dichter, von seinen Freunden herzlich begrüßt, mit einer Reihe mundartlicher Dichtungen, die so recht aus dem Lau sitzer Volksleben geschöpft sind, in den heiter betonten Mittelpunkt der Veranstaltung und erzielte namentlich mit seinem Vortrag vom „Bumbhutt", der sagenhaften Figur der Lausitz, dann mit „Junge oder Madl" und der „Vor nehmen Huchst" viel Erfolg. Unter seiner humoristischen Interpretation wurde auch für Nichtlausitzer, denen der Dialekt doch in der entsprechenden Deutung manche Schwie rigkeiten macht, sehr verständlich, so daß in erster Linie der Heiterkeitserfolg nicht ausblieb. Aber Gärtner ist nicht nur ein dke Lausitzer Seele aus kennender Prosadichter, er hat auch eine ganze Reihe nied licher Liedchen gedichtet und selbst vertont, die sich volks liedartig, aus naivem Empfinden heraus, vergleichsweise wie Wiesenblumen gebärden. In der ganzen dichterischen Wesensart dieses Heimatdichters steckt noch eine anhei melnde, aus der Scholle gewachsene Unveröorbenheit, wie man sie heute noch selten findet. Er will durchaus kein Stürmer und Bahnbrecher sein und seine Liedchen und manchmal saftvoll-humvrigen Studien und Skizzen sind von menschlicher Liebenswürdigkeit, ein Charakterzug von ge wisser Ethik, die immer innere Freude auslöst. Besagte Liedchen wurden im Lausitzer Kostüm ganz im Gärtnerschen Sinne mit Liebenswürdigkeit und Schlicht heit, namentlich „Das Nudellied", „Rutnbasn" (Ruten besen) und „Dreschlied" von Ilse Paul zum Vortrag ge bracht, die verständuisvoll von ihrem Bruder, Alexander Paul, begleitet wurde. Der auch hier gespendete Beifall war durchaus verdient. Um nun die gemütliche Lausitzer Atmosphäre vollstän dig zu machen, hatten sich eine Anzahl Mitglieder der Ober lausitzer Landsmannschaft in Dresden zusammengetan, um einige alte Lausitzer Volkstänze, die gerade durch ihre ganz unballettmäßige und naive Tanzweise ungemein lustig wirkten, vorzuführen. Sie gaben somit ein Bild des echte sten Volkslebens ohne Mache und Künstelei. Die drei Tänze nannten sich „Kuckuckstanz", „Der Winker" und „Die Sackmütz". Im ganzen ein Abend von unverdorbener Freude und Anregung ohne bitteren Nachgeschmack. Die älteste Stadtmauer von Zittau Eine hochinteressante Exkursion veranstaltete am Sonn tag, 14. Oktober, der sZttjtauer Geschick) ts- und Museumsverein unter Führung der Herren Ober schulrat Professor Seeliger und Dr. Reinhard Mül ler. Infolge der unsicheren Witterung hatte sich zwar nur eine verhältnismäßig kleine Schar von Mitgliedern ein gefunden, doch erwies sich nach der besonderen Lage des Falles die schwache Beteiligung als ein Vorteil, da es beim Besuche verschiedener Grundstücke der inneren Stadt in den schmalen Höfen ziemlich eng zuging. Das Pro gramm lautete auf der Einladung „Die älteste Stadt mauer von Zittau. Besichtigung ihrer Reste und Nachbar schaft". Die Wanderung berührte nur eine ganz kurze Weg Heimatzeltung 351 strecke in der allernächsten Umgebung des Marktplatzes, bot aber eine Fülle überraschender Eindrücke, die selbst alt eingesessenen Zittauern vollständig neu waren. Gleichzeitig wurde auf verschiedene architektonische und andere Sehens würdigkeiten aufmerksam gemacht, die nicht mit dem Thema in unmittelbarem Zusammenhang stehen, aber im Getriebe des Alltags wenig beachtet zu werden pflegen. Auf dem Vorplatze des Stadtmuseums, wo sich etwa 20 Teilnehmer versammelten, hielt Herr Professor See liger zunächst einen kurzen Einführungsvortrag. Er ver wies auf den „Burgberg" im Westpark, wo sich aber nur ein unbedeutender Weiler als erste Siedlungsstelle des Zit tauer Weichbilds befunden hat. Die Gründung der Stadt erfolgte bekanntlich im Jahre 1285; sie wurde einige Kilo meter weiter östlich, rund um den noch heute vorhandenen Marktplatz, angelegt. Als kurz nach der Stadtgründung die erste Erweiterung notwendig wurde, ließ König Otto kar das junge Zittau stark befestigen. Die erste Stadtmauer muß im Jahre 1278 vollendet gewesen sein. Die alte Stadt grenze ist in ihrem nördlichen Teil in der Fluchtlinie der Kirch- und Lindenstratze verlaufen) das alte Kloster, in dem sich heute das Stadtmuseum befindet, hat außerhalb bezw. auf der Stadtmauer gestanden und dürste gleichzeitig den Zwecken der Staütverteidigung nutzbar gemacht worden sein. Bemerkenswert ist, daß die Häuser, die auf der Süd seite der heutigen Linöenstraße stehen, ursprünglich Hinter gebäude der entsprechenden Grundstücke an der Nordsette der Inneren Weberstraße gewesen sind, wie die gemein samen Hvfrüume beweisen. Der bekannte Kulturhistortker Kornelius Gurlitt hat als erster festgestellt, daß sich im Zuge der alten Stadtgrenze (durchgängig innerhalb später bebauter Grundstücke) ansehnliche Mauerreste vorfinden, die unzweifelhaft als Teile der ersten Stadtbefestigung an zusehen, aber bis dahin von niemand als solche erkannt und beachtet worden sind. Der Vortragende erwähnte u. a. auch den Hof der „Kreuziger", der an der Stelle des alten Gymnasiums gestanden hat. Sie waren Ritter des Johan niterordens, an deren Zittauer Tätigkeit die Bezeichnungen Komturstraße, Komturhvf und Komturteich erinnern. Nach diesen einleitenden Erläuterungen begab man sich zunächst in den zwischen den Häusern Lindenstraße 11 und Innere Weberstraße 20 befindlichen Hof, wo sich die ersten Spuren der alten Stadtmauer finden, die hier im Zuge des Just- und Feuergäßchens sich nach Süden gewendet haben muß. An der Stelle, wo sich heute der Flößnersche Laden befindet, dürfte nach Ansicht des Führers das älteste Webertvr gestanden haben. In dem langgestreckten Hof raum des Grundstücks Wettinerstraße 7, des sogenannten Mönchschen Hauses, findet sich ein verhältnismäßig gut er haltenes Mauerstück. Der Hof selbst ist nach Gurlitts An sicht ein Teil des Staötzwingers. Das ansehnlichste und besterhaltene Bruchstück der ältesten Stadtmauer findet man in dem ebenfalls aus dem ehemaligen Stadtzwinger ab getrennten Hofraum des Hauses Mandaner Berg 7, das nur eine ganz schmale Front besitzt und ohne jede Brand mauer einfach zwischen seine beiden Nachbarn quer durch den Wallgraben gesetzt worden ist. An den hier befindlichen Mauerresten ist deutlich zu ersehen, welch imposanten Ein druck diese erste Stadtbefestigung gemacht haben muß und wie hoch die Wehrhaftigkeit der Stadt zu bewerten ge wesen sein mag. Einen sehr hübschen Überblick über dieses Stück Frühmittelalter genießt man von dem hüherliegen- den kleinen Grasgarten aus, der das Grundstück des Fremdenhofs „Weißer Engel" nach Südosten begrenzt. Selbstverständlich ist es sehr zu wünschen, daß die noch vor handenen Reste aus Zittaus ältester Vergangenheit so lange als irgend möglich in ihrem gegenwärtigen Zustande er halten bleiben und gegen willkürliche Veränderungen nach Möglichkeit geschützt werden. Dankenswert ist die Entschlie ßung des Zittauer Geschtchts- und Museumsvereins, die noch vorhandenen Zeugen aus längst versunkenen Jahr-