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Auch in diesen beiden Avertissements ist allgemein nur vvn Rinöviehseuche die Rede. Eine genauere Benennung der Krankheit fehlt wiederum. Warum? Bis Ende des 18. Jahrhunderts gab es noch keine eigentliche tierärztliche Wissenschaft. Tierkrankheiten wurden meist nur vom Schmied (Knrschmied) oder Schäfer knriert. Da vvn Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts die Rinderpest ungeheuren Schaden unter dem Viehbestände der europäischen Länder anrichtete, darf man vielleicht annehmen, daß es sich in unserer Oberlansitz nm diese Seuche gehandelt hat. Hol land verlor 1769 dreiviertel seiner Rinder und im letzten Vierteljahr von 1775 wieder 390 000 Stück. Auch in Öster reich waren die Verluste ungeheuer. Das Herrschen der Rinderpest hat wesentlich dazu geführt, daß gegen Ende des Jahrhunderts Tierarzneischnlcu errichtet wurden. Wieviel besser sind unsere Landwirte heute daran, wo mau die Be-. Handlung kranker Tiere wissenschaftlich ausgebildeten Tier ärzten anvertrauen kann. Verband „Lusatia" und tzumboldwerein Mittelherwigsdorf Die diesjährige gesellige Wiuterznsammcukunft des Verbandes „Lusatia" wurde mit einer Vorfeier des 50- jährigen Jubiläums des Humboldtvereins zu Mittel herwigsdorf (die eigentliche Feier soll durch ein Sommer fest begangen werden) in der altbekannten Gaststätte zum „Gütchen" verbunden und fand am 8. Januar statt. Trotz dem die Witterung die denkbar ungünstigste war, gestaltete sich die Teilnahme der zielverwaudtcn Brudervereine von nah und fern bemerkenswert rege,' selbst die preußische Oberlansitz war vertreten. Der Jubelverein hatte sich mit allerbestem Erfolge bemüht, den Tag in wirklich hervor ragender Weise auszugestalten. Den Kern der ebenso reich haltigen wie vorzüglich durchgesührten Bortragsfolge stellte ein leistungsfähiges Jnstrumentalguartett, di^s die Dar bietungen mit dem Vorspiel zu Maillarts Oper „Das Glöckchen des Eremiten" und einer „Traviata-Fantasie" von Verdi einleitete. Zwischen den beiden Musikstücken sprach Fräulein Lehrerin Leonhardt mit tiefempfunde nem Ausdruck als Prolog das ebenso formvollendete wie gehaltvolle Gedicht „Heimat" aus „Bunte Gassen, Hells Straßen" von Max Zeibig, womit sie bei der sehr an sehnlichen Hörerschaft eine starke aufnahmefähige Stim mung vorzubereiten verstand. Es folgte dann eine herz liche Begrüßung der Versammlung durch Herrn Inspektor Kühn, der als Vorsitzender des Humboldtvereins ins besondere Herrn Oberstudienrat Professor D r. Weder mit seinen Getreuen, Herrn Pfarrer Oehmichen als Ver treter der Kirchgemeinde Mittelherwigsdorf, die beiden Bürgermeister von Mittel- und Oberherwigsdorf, Herren Kießling und Scholze, das Lehrerkollegium, Herrn Kantor Schubert und seinen Kirchenchor sowie die mit wirkende Turnerschar begrüßte. Mit Herzlichkeit gedachte er der Herren, die seinerzeit den Humboldtverein mit 41 Mitgliedern ins Leben riefen, wie Pfarrer Pesch eck, Kantor Tannert, Oberlehrer Gründer usw. Der einzige noch lebende der Stifter, Herr Eduard Gröllich, war leider durch Krankheit am Erscheinen verhindert. Der Redner gedachte ferner der 14 Ehrenmitglieder, beglück wünschte den Verein und betonte, daß sich dieser mit der Kraft des alten Fahneneides in unverbrüchlicher Treue an den Verband „Lusatia" gebunden fühle. In dessen Namen widmete Herr Professor D r. Weder dem Verein die besten Wünsche und führte n. a. aus, daß Herwigsdorf eines der markantesten Dörfer der Oberlansitz sei, das noch viel von seiner Ursprünglichkeit erhalten habe und auch in geistiger Beziehung große Bedeutung fiir die Heimat be sitze. Es sei hier an Moritz Willkomm, einen Bota niker des 19. Jahrhunderts, erinnert, der sich durch Wert!«! über die Flora Spaniens und über die deutsche Forst botanik einen Namen von gutem Klang schuf, ferner an Hermann Hofmann, den bedeutendsten Botaniker Sachsens der letzten Jahrzehnte, an Ernst Willkomm, der vor 50 Jahren einer der gelesensten Schriftsteller Deutschlands war; endlich und vor allem an den Chro nisten Eckardt. Insbesondere habe sich der Humboldt verein den Dank der Heimat als geistiger Führer durch seine intensive Bildnngspflege und auch in wirtschaftlicher Beziehung durch Förderung des Obstbaues verdient. Im Namen des Verbandes „Lusatia" überreichte der Redner dem Jubelverein ein schlichtes, von Herrn Gewerbestubien- rat S ch o r i s ch - Zittau hergcstelltes Diplom, im Namen des „Globus" für die Bereinsbücherei das „Grenzerbuch" von Friedrich von Gagern, ein Werk zur Förderung mannhaften Deutschtums. Die Glückwünsche der Gemeinde Mittelherwigsdorf brachte Herr Bürgermeister Scholze zum Ausdruck. Für den Bruderverein zu Hörnitz sprach der greife Hermantt May, der an Professor Roßmätz- ler als den Vorkämpfer der Humbolbtvereinsbestrebungen erinnerte und das Buch „Aus fernen Welten" von Bürgel überreichte. Der Vertreter von Spitzknnnersdorf händigte dem Verein unter dem Ausdruck herzlicher Glück wünsche „Bunte Bilder aus dem Sachsenlande" aus. In Weiterverfolgnng der Vortragsordnung brachte sodann Herr Kantor Schubert mit klang- und aus drucksvollem Vortrag die Ballade „Archibald Douglas" von Loewe zu Gehör, deren Schlußwort „Der ist in tief ster Seele treu, der die Heimat liebt wie du" der Auftakt und das Leitmotiv für die in jeder Hinsicht glänzende Fest ansprache des Herrn Pfarrers Oehmichen wurde. In knappen, aber um so packenderen Ausführungen gab der Redner ein Hohes Lied des Heimatgedankens und des Hcimatgefühls, das für uns der Engel aus dem Kinder lande sei. Der gemischte Chor zu Herwigsdorf trug dann unter Leitung und solistischer Beteiligung des Herrn Kan tor Schubert in sauberster und einÜruckvoller Ausfüh rung die „Südslawischen Dorfbilder" für Chor, Deklama tion und Orchester vor, bei denen das rassige Csaröaslied bemerkenswert temperamentvoll wiedergegeben wurde. Reizend waren auch die Volkstänze, die von der Kinder abteilung des Deutschen Turnvereins Herwigsdorf in exakter Durchführung dargeboten wurden. Den eingeschalteten geschäftlichen Teil, auf den nicht vollständig verzichtet werden konnte, erledigte Herr Pro fessor Weder „schmerzlos mit örtlicher Betäubung". Er erinnerte an die möglichst umgehende Rücksendung der Fragebogen über die Jugendbewegung. Die ministerielle Unterstützung soll diesmal in der Form gewährt werden, daß die in Betracht kommenden Vereine je einen Ver treter zu dem im Frühjahr stattfindendeu Kursus für Jugendpflege in Hohnstein (Sächsische Schweiz) abvrd- nen dürfen. Auch die eingeleiteten statistischen Fragebogen sollen umgehend,, spätestens aber bis zur Frühjahrsver treterversammlung erledigt werden. Unter anderen ge schäftlichen Mitteilungen wurde an die am 10. März im „Reichshof" zu Zittau stattfindende Frühjahrstagung der Verbandsvertreter und an die Wanderversammlung in Reichenbach (13. Mai) erinnert, zu der die umfassend sten Vorbereitungen durch den dortigen Ortsverein ge troffen werden. Die Ausführungen des Verbandsvor sitzenden gipfelten in dem Ausdruck des Dankes und einem mit lebhafter Zustimmung ausfgenommenen Hoch an die Adresse des Humboldtvereins zu Mittelherwigsdorf. Be züglich der Vervandswanderkarte gab Herr Kittel-Zit tau bekannt, daß etwa notwendige Berichtigungen bei dem bevorstehenden Neudruck berücksichtigt werden können, wenn sie möglichst bald anfgegeben werden. Unter den weiteren Darbietungen sind neben wert vollen Gaben des Jnstrnmentalgnartetts und des gemisch ten Chores besonders die hübschen Brunnengruppen der