Volltext Seite (XML)
Gefangenen frißt im Turm kein Wolf und sticht keine Fliege". Bis vor wenigen Jahren noch war die Burg Kor- rcktionsanstalt für männliche Gefangene. Und jetzt gehört sie der deutschen Jugend. Frohes Leben herrscht jahraus, jahrein in den heimlich gestalteten Räumen. Singen, Lachen und Musik hallt durch die vielen Stuben und Säle auf der Burg, über die Höfe, in den Burggärten. Und das alte Sprichwort vom Hohenstein müßte man wohl jetzt dahin abändern: Wer da kommt nach dem Hohenstein, der geht nicht gerne wieder heim! Der Wald schlägt über uns zusammen — und neben uns plätschert die Polenz. Auf ihren flinken Wellen trägt sie den Sommer davon. Gelbe und braune Blätter schau keln, vom Wasser hin- und hergeworfen. Die Felstürme steigen zu beiden Seiten kerzengerade in den grauen Him mel, aus dem ein feiner Regen herniederrieselt. Der Som mer fährt dahin. Wir müssen uns damit abfinden. Wenige Wochen noch — und Novembergrau wird das Land ein hüllen und alles wird dem Wanderer leblos, erstarrt er scheinen. Mit der Polenz wandern wir bis zur Waltersdorfer Mühle, dann steigen wir mit den Fichten und Kiefern den steilen Hang empor zur Ziegenrück-Straße. Pabststein, Lilienstein und Königstein schwimmen wie breite Sand bänke in einem unendlichen Nebelmeer. Darüber hängt ein bleigrauer Himmel, aus dem der Wind Regenböen schlägt. Mißmutig packt der Neiseandenkenhändler an der Straße seine Jahrmarktsherrlichkeiten zusammen. Sein Geschäft ist vorüber. Die Menschen, die zu dieser Zeit noch in den Gründen und Bergen Herumsteigen, kaufen seinen bunten Kram nicht, sie legen keinen Wert auf seine „Reise andenken". Im letzten Scheine des sterbenden Tages erreichen wir Rathen. Der Regen hat nachgelassen. Ruhig treibt der Elb- Strom der Nacht entgegen. Die gewaltigen Felstürme der Bastei beginnen in der Dämmerung schreckhaft zu wirken, wie düstere Wächter schauen sie über die Elbe, wie sprung bereite Ritter. Zur Geschichte Jonsdorfer Flurnamen 6. Gromssteen (H i e r o n y mu s st e i n) Die kleine Bodenwelle, die Alt- und Neujonsdorf (mit Heide) von einander scheidet, wird ungefähr in der Mitte von einem mächtigen die Wipfel der Bäume überragenden Felsblock gekrönt, der sich mit seinem Schutzgeländer und seiner Wetterfahne, besonders aber mit seiner „gehobnen Stellung" jeden sofort als Aussichtspunkt zu erkennen gibt. Es ist der H i e r o n y m u s st e i n, im Volksmunde kurz „Gromsteen" genannt. Er selbst und sein Name sind innig mit Jonsdorfs Geschichte verknüpft, weshalb er mit den „N o n n e n k l u n z e n" und den „O r g e lpf e if en ste i - n en" zu den drei Jonsdorfer „Wahrzeichen" zu rechnen ist. Zunächst zur Geschichte seines Namens! Der erste Teil desselben „Groms" (Groms Stein) ist eine Zusam menziehung von Hieronymus (- Grolmus - Groms), wie sie heute noch z. B. in Schlesien gebräuchlich ist, wo dieser Rufname öfters vorkommen soll. Der Flurname „Grom steen" ist uralt. Die ersten Ansiedler von Jonsdorf benann ten den bezeichneten Fels nach Hieronymus Richter, der ums Jahr 1880 Besitzer des Grundstückes war, auf dem derselbe lag sjetzt Altjonsdorf 61, Fuhrgeschäft von Emil Rudolph, vorher „alte Schule"). In dem Flurnamen-Ver- zeichnis der „Gesch. v. Jdf. 1885" heißt er „Gromsstein". Ihr Verfasser bemerkt dazu: „Er hat den Namen von Hie ronymus (Grolmus) Richtern, der 1580 dies Gebüsch besaß und sollte daher eigentlich H i e r o ny m u s st e i n heißen." i Der genannte Besitzer gehört jener Familie an, deren Stammvater Hans Richter bei der Besiedelung des Hin- > terdorfes unter Siegmund v. Döbschütz im Jahre 1848 die- § ses Grundstück erhielt, und deren Glieder George und David a. a. O. als „die ersten arbeitsamen Männer" ge nannt werden, „welche diesen Erwerbszweig (- Mühlstein brecherei) einführten." Hieronymus soll 1580 den ersten Steinbruch „unter den 3 Tischen", jetzt „Bärloch", den seine Vorfahren aufgeschlossen hatten, von der Stadt Zittau in Pacht gehabt haben, wie a. a. O. berichtet wird: „Hierony mus Richter nennt man 1580 als ersten Pachter." Dadurch hatte er sich zum ersten Arbeitgeber in dieser aus 21 meist kleinen Gartengrundstücken bestehenden Sieöelung empor geschwungen und für die wirtschaftliche Lage der in mehr oder weniger ärmlichen Verhältnissen lebenden Bewohner derselben eine nicht geringe Bedeutung erlangt. Das mag wohl auch der Grund dafür gewesen sein, daß seine Zeit genossen jenem Felsblock seinen Namen beigelegt haben. So ist der alte „ehrwürdige" Gromsteen ein Dankes- und Ehrenmal für einen jener „tüchtigen" Männer aus den ersten Jahrzehnten der Geschichte Jonsdorfs. Doch diese Bedeutung des Hieronymussteins ist den späteren Ge schlechtern im „wechselvollen Spiel des Lebens" verloren gegangen. Seine Bedeutung als Ausguck in die weitere Umgebung des von Wäldern und Bergen fast ganz ein geschlossenen Dorfes und als Sammelpunkt seiner in den einzelnen Ortsteilen ziemlich weit voneinander ent fernten Bewohner, wenn bes. Begebenheiten örtlicher und allgemeiner Natur zu gemeinsamer Feier ausforderten, hat er behalten. Als Aussichtspunkt wurde er schon sehr zeitig ausgesucht, als man aus der Umgegend immer zahl reicher nach der Jonsdorfer „Felsenstadt" pilgerte, um sich an ihren Schönheiten und Wundern zu erfreuen und zu er bauen. In dieser Absicht erklommen zwei junge Männer, Adolf und Theodor, die Söhne des Zittauer Archidiakonus Mag. Ehr. Ad. Pescheck (1782—95 Pastor in Jonsdorf), und vier junge Damen ans Zittau, bez. Bertsdorf dieses „ehr würdige Felsenhaupt" am 12. August 1812 während eines Ausfluges nach Jonsdorf, dem Geburtsort der beiden Brü der. Der erstgenannte, spätere Verfasser der vielfach er wähnten „Geschichte von Jonsdorf", veröffentlichte im Jahre 1833 eine „Idylle" „Die Felsenreise", die er zur Er innerung an jene Wanderung und an das dabei Geschaute verfaßt hatte. Die Rnnüsicht, die jene Sechs dabei „auf der Stirn des alten Hieronymus" genossen, schildert er also: „Doch bald blickten sie kühner umher und schauten mit Wonne — Nieder, ringsherum, bewundernd die herrliche Landschaft, — Unter den Schauenden lag gar tief die Kirch' und dahinter — Hob sich stattlich empor der dunkel- umwaldete Jonsberg. — An ihm die Reihe des Dorfs, von mächtigen Steinbruchfelsen — Oben begrenzt, auch fern der Stadt weit glänzende Thürme, — Und noch ferner hinaus viel Dörfer, Wälder und Fluren. — Wandten sie aber sich nm, da stand die erhabene Lausche, — Vor den Blicken nicht weit, noch näher der grünende Buchberg, — Und viel schöne Gefild' in der Fern, und blinkende Teiche." Weit hinein schweift der Blick ins schöne Lausitzer und Schlesier Land bis zur Görlitzer Landeskrone und den Löbauer Bergen. Darum lockt der „Hieronymus" noch heute jährlich Hunderte von Fremden und Einheimischen zu jeder Jahreszeit hinauf, sich an seiner herrlichen Rund sicht zu ergötzen und seine wohltuende Stille zu genießen. — Eine besondere Rolle aber spielt der „Hieronymus" bei öffentlichen Festen, deren Bedeutung durch allgemein auf fallende Veranstaltungen ganz besonders hervorgehoben werden soll. So wurden am 30. Oktober 1817 als am Vor abend des Reformations-Jubiläums zwischen den 3 Pulsen des Festgeläutes „auf dem H i e r o n y m u s st e i n e Cho räle mt Posaunen angestimmt". Am ersten Festtage des Konfessions-Jubiläums (25.-27. Juni 1830) „ertönte früh bei Sonnenaufgang vom Hieronymus steine feier licher Posaunen- und Trompetenklang mit den Melodien: Ein feste Burg — und: Gott ist mein Hirt." — Am Bor-