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ihn verbinden, sonst bringen wir den Halunken nicht > lebendig hinunter. Er muß baumeln!" Während sich der Bader daran machte, den übel zuge richteten Räuber zu verbinden, kamen die Leute von der Suche wieder. „Nichts mehr da," meldeten sie. „Haben den ganzen Haufen umgestochen." „Der Haupthalunke ist also wieder entgangen," pol terte der Stadtrtchter. „Schade!" „Na, wenigstens zwei Galgenvögel," tröstete der Justi tiar. „Immerhin etwas." „Sollen wir den da gleich mitnehmen?" entgegnete der Stadtrichter und wies auf den Wirt, dem vor Angst die Zähne klapperten. „Reif ist er," warf ein Büttel ein. Nun legte sich der geängstigte Wirt aufs Bitten. Jam mernd lag er vor ihm auf den Knien und beteuerte seine Unschuld. Der Stadtrichter hielt ihm eine derbe Straf predigt, und erst nachdem er ihm seine Sündenregister gründlich vorgelesen hatte, dachte man an den Aufbruch. Unter lebhaften Gesprächen bewegte sich der Zug mit den beiden Gefangenen in die Stadt hinab. Ängstlich lausch ten und spähten die Einwohner an den Türen und Fenstern, denn wie ein Lauffeuer hatte sich die Kunde von dem Zuge nach der Neudorfer Schänke im ganzen Orte herumge sprochen. Nun fehlte es jedoch in der Republik an einem Ge fängnis. Nach Bautzen konnte man den Räuber in der Nacht nicht schaffen. Auf dem Markte hielt der Zug an. Der Justi tiar beriet mit dem Stadtrichter, wohin man den Gefange nen bringen könnte. Da erbot sich der Hutmacher Klette, die Banditen in seinem Schuppen aufzunehmen, wenn für einen Wächter gesorgt würde. Ein Mann namens Döring erklärte sich bereit, und gar bald saßen die Räuber hinter Schloß und Riegel. Der Staötrichter entließ seine Mann schaften. Er selbst begab sich mit dem Justitiar nach der Schänke des Herrn Pasterelli, wo sie das Abenteuer be sprachen. Ganz zufrieden war der Stadtrichter mit dem Zuge uicht. Den Hauptmann hatte er wieder nicht gefaßt. Die Männer zerbrachen sich die Köpfe, wo der böhmische Wen zel wohl hingekommen sein könnte. Schließlich glaubten auch sie, daß dieser Räuber mit dem bösen Feinde im Bunde sein müsse. Erst einige Wochen nach dem Überfalle sollte der Stadtrichter erfahren, wie es der böhmische Wen zel angestellt hatte, den Häschern zu entgehen. Als der Stadtrichter eines Tages bei seinem Freunde Pasterelli saß, meldete sich ein Mann aus dem Neudorfe. Dieser erzählte, wie der böhmische Wenzel beim Überfall entkommen war. Der Hauptmann hatte sich auf den Boden geflüchtet. Als die Verfolger in seine Nähe kamen, hatte er sich durch das Dachstroh einen Ausweg gewühlt und war auf das Dach hinausgekrochen. Hier hatte er hinter dem Schornsteine gesessen, bis die Gefahr vorüber war. „Verdammter Halunke," polterte der Stadtrichter, als er die Erzählung gehört hatte. „Na warte, ein ander Mal kriegen wir Dich!" Einen Erfolg brachte der Überfall aber doch: Der böh mische Wenzel hielt es für geraten, eine Zeitlang aus der Gegend zu verschwinden. Bald hörte man, daß er in Schle sien auf Räuberzllgen war. In Schirgiswalde trat nun eine ruhigere Zeit ein. Der Verräter Görge hat sich aber seinen Lohn nicht abgeholt. Er traute nicht, ein zweites Mal vor den Stadt richter zu treten. Einige Wochen nach dem Vorfälle geriet Görge in die Hände der Polizei und büßte seine Taten am Galgen. — Wervl für die DverHausitzer Heirnalzeitung; Probenummcrn werden aus Wunsch kostenlos und portosrei zugesandl. Vorsichtsmaßnahmen und Mittel zur Bekämpfung der Viehseuchen in >der Obcrlausitz 1752 und 1772 Von P. Seibt Die in den letzten Jahren wieder häufig auftretende Maul- und Klauenseuche veranlaßte mich, einmal in alten Akten nachzuforschen, ob unsere Oberlausitz schon früher von Viehseuchen heimgesucht worden sei und welche Vor sichtsmaßregeln und Mittel man damals zu ihrer Be kämpfung anwanöte. Da fand ich zunächst eine behördliche Verordnung, die am 1. November 1752 auf dem „Königl. Pvhln. und Chur-Fürstl. Sächhl. Schloß Ortenburg zu Buöißin" (Bautzen) gegeben und von Georg Ernst von Gersdorff auf Reichenbach, Ober- und Niederdorff, Oeltsch, Kuppritz, Hochkirch usw. unterzeichnet ist. Wir erfahren da, daß damals bei Görlitz und in den weiter umliegenden Dörfern die Viehseuche ausgebrochen war. „Zur Ver hütung der Ausbreitung des Uebels" wurden sämtliche Ge richtsherrschaften und Stadtobrigkeiten verpflichtet, folgende Praeeautionen (Vorsichtsmaßregeln) gewissenhaft zu be obachten und durchzuführen: 1. „Bei jedesmaliger Ankunft des Pohlnischen Rind- Viehes aus Schlesien sollen an der Ober-Lausitzischen Gräntze die Pässe von den Vieh-Händlern genau.examiniret (geprüft) und eine Quarantine (Absperrung) von 14 Tagen ohne Unterschied gehalten, und die Besichtigung und Schivemmung sothanen (des aus Polen kommenden) Viehes vvrgenvmmen werden." 2. In den Orten, wo „sich das Vieh-Sterben äußerte, als auch an denen innerhalb drei Meilen davon gelegenen Orten durfte kein Viehmarkt bis nach aufgehörtem Vieh sterben und dießfalls geschehenen Oberamts-Jntimation (amtliche Zufertigung) gehalten werden." 3. In den Orten, wo Vieh erkrankt und gestorben war, und auch „an denen eine halbe Meile wenigstens da von gelegenen Orten" durfte das Vieh nicht auf die Weide getrieben, sondern mußte in den Ställen gehalten werden. 4. Kein Vieh durfte „von denen Oertern, wo das Vieh fällt", an andere Orte gebracht werden. 5. Die Felder wie die Hofedienste und Fuhren mußten mit Pferden bestellt werden. 6. Alle Hunde waren anzubinden, zu Hause zu behal ten und „mit hölzernen Klöppeln zu versehen, und sobald solche in einem Orte unbskannt" herumliefen, waren sie zu erschlagen. 7. „Die Inwohner an den Orten, wo das Viehsterben befindlich, mußten sich des Umgangs mit anderen enthal ten." Wer dies nicht befolgte, mußte eine Strafe von zwei Talern zahlen. 8. Auf den Straßen und Wegen der Seuchenorte mußte Tag und Nacht, „ohnbeschadet derer schuldigen Hofedienste, von den Unterthanen Wachten ausgestellt werden, damit selbige die Fleischer, Garnsammler, Bettler, sogenannte Viehärzte, Heilweiber usw., auch andere dergleichen mfi- cirten (angesteckten) Dörfern kommende Personen nach Beschaffenheit mit Gewalt" fernhielten. 9. Die Seuchenorte waren verpflichtet, beizeiten An zeige zu erstatten und die Nachbarn zu warnen. 10. Das „umgefallene" Vieh mußte mit der Haut in eine fünf Ellen tiefe Grube an abgelegenem Orte, wo kein Vieh hinkommt, noch ein offener Weg oder eine Straße nahe vorüberführt, vergraben und „genügsamer ungelösch ter Kalk darauf geschüttet werden". Dieses Verscharren wie das Töten seuchenkranker Tier^ hatte früher der „Schinder" zu verrichten. Aus dieser Bezeichnung kann man schließen, daß man damals beim Schlachten der Tiere nicht allzu schonungs- und gefühlvoll umgegangen ist. Das Haus, in dem der „Schinder" gewohnt hat, nannte man das Schin- öerhaus, das z. B. tn Weißenberg einst da gestanden hat,