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Das Geburtstagsgeschenk Lausitzer Heimatbild „Woas zu voll is, is zu völl," sagte der alte Lobel nach denklich zu seiner zweiten Frau. „Eene Huxt, doas is schon's irschte Mol nischt Aport's fer a Mannsen, doas schun be Fuhrn is; abr zweemol Huxt breeten — nee!" „Abr, Lobel, ohne Treute (Trauung) koan'ch mich ock ne zufrieden gähn. Doas kimmt mer für, als wullt mer den Herrn Christus ni eiloadn!" „Du bist kariös, Mine. Konnst fer Dich alleene baten, su völl Du willst. Ock ni nuch amol Huxt." „Lobel, doas hättste mer soin sulln, eh mer eens wurdn, do hätt'ch mersch überlät, ob'ch Dich nahmen täte." „Doas gleeb'ch Der no lange ni. Ihch weeß, woas fer Stücke Du uf Denn Lobel halst. Ihch bi doch o Kenner, der um sich schlät. Do konnste ollendchn froin, o bei der Karline ihrer Frendschoaft." „Nur ni glei wie a Rammeluchse. Ihch hoa fu nischt weiter aesoit, ols doaß ihch mit dann dichten Lobel getreut sein will, wie sich's gehurt." Der Lobel ging aber doch an dem Abend brummend in das große Bett mit dem gemalten roten Herzen mit den Flammen. „O dieWeibsn!" klang es noch aus der riesigen geblümten Bettdecke vor. „Doaß de Mine ne amol su eisichtsvnll is, doaß se eisahn täte, doaß se falber fer ne Huxt zu verhuzelt is. Se sitt ju aus, wie der Postkopp (Edle von Boscop, Apfelsorte), dan ihch naichtens aus'n Kaller hulte, wu mer'n vergassen hotten." „Lobel, ihch will kenn tzuxtkuchen," bettelte Mine leise, „nur dann Saigen." „Werschtes Maul Hahlen, Mine!" Sie wagte nichts mehr zu sagen. Erst hatte sie sich so sehr gefreut, daß sie für Ihre alten Tage noch so einen braven Mann bekommen hatte. Es war ihr auch nach dem Sprich wort gegangen: „Alte Scheunen brennen schnell!" Sie hatte ihren Lobel wirklich von Herzen lieb gewonnen. Jetzt war es aber sehr schwer, mit ihm ausznkommen. Und wenn sie ihm die schönste Abernmauke kochte, er blieb flämsch. Halte er ihr ihre Bitte noch nicht vergeben? Nein, was sie gesagt hatte, das war nicht so schlimm gewesen. Er hatte sie auch gern, sie war gesetzt, reinlich und zusammenhaltend, aber dabei nicht geizig. Was ihn verdroß, war die tiefe Traurigkeit, die über ihrem Wesen lag. „Woas selln de Nubbern denken, wu se buch sun guden Karin verwischt Hot," meinte Lobel. Sie aber ging ihren Weg, der doch so glücklich hätte sein können, in Schwermut. Sie stammte aus einem der echten Lausitzer Häuser, in denen die alte Gottesfurcht wohnte. Was der Vater und die Mutter sagen würden, wenn sie wüßten, daß die Mine un getraut mit ihrem Lobel lebte. Und was Gott dazu sagen mußte, das war ihr das ärgste. Er, der ihren Lebensweg so gnädig geführt hatte. Sie sah immer mehr wie ein Postkopp im Mai aus. Ihre Schwägerin hätte sie kaum wiedererkannt, als sie aus der Liebe (Löbau) zur Kirms kam. Die guckte den Lobel von der Seite an, ob er die Mine etwa schlecht behandelte oder mehr „anschnurrte", als das gute Recht eines Ehemannes war. Zwei Jahre ging das so fort. Da kam mal wieder der Mine ihr Geburtstag. „Mine," soit er. „Woas'n?" meent sie. „Nimm dann dichen grüßen Henkelkurb und Kumm ock mit a's Stadtel, ich will Der woas zun Geburtstag gähn." „Doas sitt ihm ja goarni ähnlich, su zsammhaltersch wie ! er is," doachte Mine. l „Nu abr, wenn ar mer merklich amo woas keefm wihl, wihlch mennen Gliche ni an Waige sein!" Und sie nahm den Henkelkorb. Der Lobel rannte vor ihr her wie ein angeschofsner Eber. Sie kam hinterdrein in den dicken Röcken, die sie wegen ihres Reißens nötig hatte, wie eine „versatzte Plumpe". Unterwegs wurde sie immer neugieriger. Holzpantoffeln hätte sie brauchen können. Die gab's beim „Becken". Aber beim Becken trabte der Lobel ungerührt vorbei. Na vielleicht eine Wurst. Das wäre ihr auch recht. — Aber auch für den Fleischer hatte der Lobel kein Auge. Die Mine wußte nicht, was sie denken sollte, als der Lobel auf einmal vor dem Pfarrhaus stehen blieb. Ganz außer Atem. Große Schweißtropfen auf der Stirn. „Ihch hoa hier a Ziel, woart amo." Sie stand sinnend vor der Tür. — Auf einmal kam der Lobel heraus. Hinter ihm der Pastor im Priesterrock. Jetzt ging der Mine ein Licht auf. „Dei Geburtstagsgeschenk is, doaß mer getreut warn," erklärte der Lobel. „Aber, Lobel, nu hoa ihch menn ollerältsten Ruck ahge- zoin, dar nuch vu dar Grußemutter is." „Der Herr sieht nur das Herz an," sagte der Pfarrer freundlich. „Und ich weiß, wie sehr Ihr Herz sich nach dem Segen der Kirche sehnte." Jetzt kollerten der Mine die Tränen über die runzligen Backen. Sie sagte nur noch: „tzottch buch wingstens die Fuhliche, doaßch woas Grußes derlahbm würde. Aber Lobel, wuzu ock dan tzenkelkurb?" „Wenn mer uns treun lussen, su is doas unser eegner Krohm. Do braucht ni erscht 's ganze Durf dischkuriern." So standen denn nun die beiden Alten am Traualtar. In einfacher Alltagskleidung, aber die Herzen voll treuer und ehrlicher Liebe. Bon dem Geburtstag an war die alte Mine nun wirklich glücklich mit ihrem Lobel. I. M. Dr Schneidrvettr benn Schweinschlachtn Von A. Neumeister, Zittau Schneidrvettr woar doamols a dr Flachsspinnerei a Hersch- selbe, bloß a paar Wuchn. Eens schien Toags woar benn Kantinwert Schweinschlachtn. 's Woafser enn Kassel fing schunn oa ze brodeln unn de Wirschte hubbtn lustch drinne rimm. Doa soit dr Wert zenn Schneidrvettr: „He, poaß mer ock amol uffn Kassel uff, iech will de Labrwurschtdärme reihuln. Schiebst no a paar Scheitl Hulz as Feuer, ar darf abr ne übrkuchn, hoast miech vrstann?" „Ju," soit mei Schneidrvettr. Dr Kantinwert ging naus. Ar woar nu alleene mit'n Kassl. „Guttvrdimmch noa amol," meente der Schneidrvettr, „do zoigt abr a schienr Duft raus." Ar guckt nei unn immr wiedr nei. 's is anne ganz vr° fluchte Gschichte mit ann siechn Oaptiet. Unn wu Kees is, kimmt oa dr Zufoall ze Hilfe. Su anne raicht grüße Labr- wurscht schwimmt ubnrimm. Mei Schneidrvettr, hoastn ni gsahn, langt a de heeße Brie'e unn schwubb is de Wurscht a dr Hosntoasche vrschwunn. A brinkl sichre heetz woar se ja noa. Ann Mommang später kimmt mei Kantinwert wieder rei und schreit wie lulle: „Schneidrvettr, ann Kaffl fahlt mer anne Wurscht, die hoat kee anner wie du". Mei Schneidrvettr is nanu oa ne uff's Maul gfoalln. „Nu hiehr amol, soit ar, iech hoa genung ze assn, iech brauch mer deine Wurscht ne mausn." Der Kantinwert abr grefft a de Toasche unn soit: „Siste, mei Liebr, doa is se. Gibbse ock wiedr har." Doa reßt dr Schneidrvettr oa schunn de Wurscht raus, schlenkertse ann Kaffl nei unn bläkt fer Wut: „Doa hoast se wiedr, ahler Geizkrosg». Se hoat mer suwiesu schun 'n Bauch vrbrannt." Unn naus woar ar.