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Nr. IS S. Jahrgang fün L^elmaikunös, Scdristleitung und Geschäftsstelle _ sn Reichenau,Sc». Fernsprecher Nr 2i- Gescnicyie u nst^ikercltu r Drucf u.Verlog:Älwin Marx (Inh. Otto Marx) Sü-laufttzer Nach richien, Reichenaus Sa Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Tbsclausitz zu Bautzen, der Gsjslljchasl für HecmalSunde zu Hoyerswerda sowie des Derbandes „Lusatia" der Humboldt-, Fortbildungs- und Gsbirgsvereine der gesamten Vbsrlausitz. Hauptjchriftleitung: Dtto Marx, Reichenau (Sachsen), unter Mitwirkung zahlreicher bewährter Heimatjchriststeller. Manuskripten ist Rückporto beizusügsn, da sonst ein Anspruch aus Rücksendung nicht besteht. Unberechtigter Nachdruck aus der „Gbsrlausiher Hsimatzsitung" wird strafrechtlich verfolgt. Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten Reichenau, Sa. Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27534. Bankverbindung: Gswsrbsbank und Girokasjs Reichenau Nr. IS. Gberlausitzsr Dank, Abteilung der Allgemeinen Deutschen Lrsdit-Anstalt, Zittau. IS. September (Scheidmg) 1928 Die Werdenden in der Lausitzer Kunst Nach einer kunstgeschichtlichen Führung Museumsdirektor D r. Biehls durch die Lausitzer Gemäldegalerie Der Sieg des Impressionismus in der Kunst vollzog sich in den 80 er, 90 er Jahren des vorigen Jahrhunderts. 1883 starb Eduard Manet, der Begründer des europäischen Impressionismus. Er mußte es in den letzten Jahren sei nes Schaffens erleben, daß ihm anläßlich einer Ausstellung seiner Werke in seinem Hause allerlei unflätige Verun glimpfungen in das ausgelegte Gästebuch geschrieben wur den. Im Jahre 1900 kommt die Jahrhundertausstellung in Paris, die den Sieg des Impressionismus vollendet, der dann Europa einfach überrannt hat. Er war eben die Sehensweise jener Zeit. Damit soll nicht gesagt sein, daß wir in Deutschland in der impressionistischen Kunst von Frankreich abhängig waren. Zwar sind die deutschen Impressionisten in steter Fühlung mit den französischen Impressionisten gewesen, gleichwohl aber haben sie ihre selbständige Ausdrucksweise. Um 1900 setzt ein geivalttger Umschwung in ganz Europa ein. Man war sich zwar bewußt, mit der Technik und künstlerischen Produktionsart des Impressionismus die Welt so fesseln zu können, daß sie mit der Genauigkeit eines Naturforschers in einzelnen Abschnitten wieder gegeben werden kann. Aber es regte sich doch der leise Zweifel: Ist das, was wir jetzt leisten können, die höchste Ausgabe der Kunst? Ist die bloße Nachahmung der Natur überhaupt Kunst? Und dieser Zweifel, einmal geboren, ging weiter und setzte sich alsbald in Forschen und Experi mentieren, setzte sich in die Tat um. Es ist sehr bezeich nend, daß es im Jahre 1910 eine Gruppe jugendlicher Stürmer und Dränger, nachdem diese durch die öffentliche Jury zur Großen Berliner Kunstausstellung nicht zuge lassen worden waren, wagen konnte und wagte, sich auf eigene Füße zu stellen und eine Ausstellung auf eigene Hand zu veranstalten, die „Ausstellung der Zurückgewiese nen". . Im Vorwort zu dem Katalog dieser Ausstellung heißt es, daß man nur mit größter Anerkennung von dem sprechen könne, was der Impressionismus in der Vewälti- ! gung der Wiedergabe der Natur geleistet habe, daß aber der impressionistischen Malerei eines fehle: das eigentlich Dekorative. Kunst solle schmücken, vor allem die Wand schmücken. Wir wollen eine Kunst, so heißt es weiter, die dekorativ ist, dekorativ dadurch, daß sie bereits im Augen blicke der künstlerischen Empfängnis die Wand im Auge hat. Damit ist zugleich das Programm des Expressionis mus entworfen. Der Gegenstand muß so wiedergegeben sein, daß die Empfindungen, die der Künstler beim Schaf fen hatte, in überzeugender Weise für den Beschauer zum Ausdruck kommen. Die Ablösung des Expressionismus vom Impressionis mus erfolgte langsam. Sterl und Dreher zeigen schon Übergänge: Die Natur wird nicht abgeschrieben, sondern es ist schon eine bewußte Übersteigerung des Koloristischen, eine bewußte Verunklärung des Körperhaften, eine be wußte Zuspitzung der koloristischen Konstruktion auf einen bestimmten Mittelpunkt. Das alles weicht von der bloßen „Oberflächenkunst" des Impressionismus ab und zielt dar auf hin, die Empfindungen des Künstlers wiederzugeben, die er hatte, als er den Gesichtseindruck zum ersten Male empfand und festhielt. Bereits vor dem Jahre 1910 waren die Stillen am Werke, die Pioniere für die neue Kunstrichtung. Es ist ein besonderer Ruhm für unser Kunstland Sachsen, insbeson dere für die Kunststadt Dresden, daß in ihm eine der Ge burtsstätten des Expressionismus liegt. Seit dem Jahre 1902 war in Dresden eine kleine Gruppe von Künstlern bemüht, sich Klarheit über ihr Verhältnis zu verschaffen und neue Wege zu bahnen. Sie nannte sich „Brücke". Der Name ist symbolisch gemeint. Er soll den Übergang, das Wegbahnen von einer Kunstrichtung zur anderen bedeuten. Der „Brücke" gehörten an Schmidt-Rottluff, Heckel, Ernst Ludwig Richter, später Nolde und Pechstein. Im Jahre 1908 erfolgte die offizielle Gründung der Vereinigung, im Jahre 1912 der sang- und klanglose Auseinandergang, der dadurch herbeigeführt wurde, daß man sich nicht mehr ver stand. Die „Brücke" weckte ihr Echo allerorten: in München (in der „Sezession"), in Paris (in den „Abstrakten"), in Köln u. a. m.