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Ne. 1s Gderlauflher Heimakzettung 287 LWllW VS» WS W In der guten Sechsstadt Görlitz begeht am 4. September Professor vr. pkil. und vr. jur. k. c. Richard Zecht die Feier seines 70. Geburtstages. Er ist eine Persönlichkeit, die sich als eine der allerbedeutendsten Lausitzer Geschichtsforscher ebenso unwägbare als unvergängliche Verdienste um unsere Heimat erworben hat und sich dank seiner hervorragenden mensch lichen Eigenschaften weit über die Grenzen des Gaues hinaus allseitiger Verehrung und stärkster Sympathien erfreut. Wenn man sich der Ehrungen erinnert, die dem liebenswerten Herrn im Jahre 1914 anläßlich seines silbernen Jubiläums als Sekretär der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften und vor zehn Jahren anläßlich seines 60. Geburtstages zuteil wurden, so kann man auf die Intensität der Kundgebungen schließen, die dem bevorstehenden Ehrentage des Jubilars sein Gepräge geben dürste. Richard Zecht ist von Geburt kein Lausitzer, aber sein reich gesegnetes Lebenswerk hat fast ausschließlich unserm Gau und der tiefgründigen Erforschung seiner Geschichte gegolten. Ge boren ist er am 4. September 1858 zu Bernstadt im Kreise Sangerhausen. Sein Geburtsort liegt nur wenige Kilometer von der Lutherstadt Eisleben entfernt, auf deren Gymnasium er sich das Reifezeugnis für das spätere Studium erwarb. Seine Studentenjahre verbrachte er in Halle, wo er sich vor nehmlich mit klassischer Philologie, Geschichte und Deutsch be faßte, um dann zum Lehrfach überzugehen. Nach einem Probe jahr in Guben erfolgte seine Berufung an das altehrwürdige Gymnasium zu Görlitz. Von diesem Zeitpunkt — 1884 — an ist ihm die Lausitz tatsächlich die zweite und voraussichtlich bleibende Heimat geworden. Aber noch im besten Mannes alter schied er aus dem Schulamte aus, um seine ganze, übri gens riesige Arbeitskraft ausschließlich der Erforschung der hei matlichen Geschichte widmen zu können. Er nahm die Be rufung zum Ratsarchivar der Stadt Görlitz an, nachdem ihn wenige Jahre vorher die schon erwähnte Oberlausttzische Ge sellschaft der Wissenschaften zu ihrem Sekretär ernannt hat. Was Richard Zecht in diesem Doppelamt weit über drei Jahr zehnte lang geleistet hat, zeugt von beispiellosem Bienenfleiß und übersteigt die durchschnittliche Arbeitsleistung eines nor malen Wissenschaftlers nicht nur quantitativ, sondern nament- lich auch hinsichtlich tiefschürfender Gründlichkeit und unbedingter Zuverlässigkeit. Sein außerordentlicher Scharfsinn in Ver bindung mit unbestechlicher Sachlichkeit brauchte sich niemals auf unhaltbare Hypothesen einzulassen; was wir ihm an post- tivem Wissen verdanken, ist in unanfechtbarem Urkunden material fest verankert. Zwei glückliche Umstände sind ihm dabei allerdings wesentlich zu statten gekommen. Einerseits hat das Görlitzer Stadtarchiv im Gegensatz zu dem Zittauer, das gelegentlich der Beschießung vom Jahre 1757 so gut wie restlos verloren gegangen ist, alle Kriegsstürme der Jahr hunderte überdauert und ist eine geradezu einzig reiche Fund grube wertvollsten Quellenmaterials. Außerdem konnte er auch jederzeit auf der ganz hervorragend vollständigen und zweck- dienlichen Bücherei seiner Gesellschaft fußen. Aber Zecht hat bereits ein fast übermenschliches Maß an Arbeit geleistet, daß er sich mit den in Görlitz aufgestapelten kolossalen Schätzen an Urkunden und literarischem Material so eingehend vertraut machte, daß er sie in überragender Sachkenntnis für seine Forschungen so gründlich nutzbar machen konnte. Noch größere Bewunderung muß uns aber abnötigen, was er an der Hand dieses unschätzbaren Materials als Forscher und Historiker zu Tage gefördert hat. Seit 1889 gibt er regelmäßig die großartigen Jahrbücher der Görlitzer Gesellschaft heraus, die er zum großen Teile mit eigenen Arbeiten befruchtet hat. Die Bände von 65 bis 103 sind unter seiner verantwortlichen Redaktion erschienen und in reichem Maße von ihm befruchtet worden. Aber sein Lebens werk ist der Ooclex äiplomaticus vusaliue superiorls, der die sämtlichen authentischen Quellen der Lausitzer Geschichte zu sammenfaßt und erschließt. Eine Anzahl starker Bände sind im Laufe der Jahrzehnte davon erschienen, und noch im laufen den Jahre ist das gewaltige Werk wieder um ein bedeutendes Stück gefördert worden. Darüber hinaus hat er eine Menge größerer eigener Arbeiten geliefert. Wir nennen „Der Ober lausitzer Hussitenkrieg und das Land der Sechsstädte unter Kaiser Sigismund l." (1911), „Uber die Handschriften des Sachsen spiegels und verwandter Rechtsquellen in Görlitz" (1906), „Fürstliche Besuche in Görlitz" (1893), „Urkundliche Nachrichten über Georg Emmerich" (1892), „Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600" (1909). Doch ist dies olles nur ein geringer Bruchteil seiner zahllosen selbstschöpferischen Bücher und Abhandlungen. Besonders dankbar müssen die jüngeren Kräfte sein, die sich in den Dienst der heimatlichen Geschichte gestellt haben, weil er ihnen seine reichen Erfahrungsschätze auf Wunsch jeder zeit neidlos und ohne Eifersucht gern zur Verfügung stellt. Er hat aber auch die Freude, daß seinem Wirken die gebührende Anerkennung niemals gefehlt hat. Als er die 25 jährige Zu gehörigkeit zur Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften feierte, teilte der damalige Präsident Landeshauptmann und Zeremonienmeister von Wiedebach-No flitz die Ernennung zum Ehrenmitglied mit und der sächsische Kommissar Kreis hauptmann von Craushaar überreichte ihm im Auftrag der sächsischen Regierung unter besonderer Anerkennung seiner steten Hilfsbereitschaft gegenüber den sächsischen Mitarbeitern das Ritterkreuz erster Klasse des Albrechtsordens. Außerdem haben ihm die führenden wissenschaftlichen Bereinigungen der Lausitz, Schlesiens und Böhmens in Anerkennung seiner außerordent lichen Verdienste die Ehrenmitgliedschaft verliehen, und sein Name gilt als der einer unangefochtenen Autorität. Die juristische Fakultät der Universität Breslau ernannte ihn im Jahre 1911 zum Ehrendoktor der Rechte. Was Richard Zecht im Laufe seines arbeitsreichen und ge- segneten Lebens geleistet hat im Dienste der heimatlichen Ge schichtsforschung ist uere percunius, und alle künftige Forscher arbeit wird wohl oder übel auf seinen Schultern stehen müssen. Unter der zahllosen Menge der Glückwünsche anläßlich seines 70. Geburtstages soll auch der unsere nicht fehlen, und wir be- nutzen gern die Gelegenheit, ihm den tiefgefühlten Dank der Heimat auszusprechen. Möge er noch lange in ungetrübter Frische an seinem segensreichen Lebenswerke schaffen können! Denn leben heißt bei ihm arbeiten! Bruno Reichard. Eine Lausitzer Hinrichtung vor 2103ahren Eine der Todesstrafen unserer Vorfahren war das Hängen. Frauen aufzuyängen war gegen die Sitte. War für Männer diese Strafe ausgesprochen, so wurde sehr oft für Frauen eine andere Todesart (Verbrennen, Ertränken, Steinigen) bestimmt. Die Fälle sind auch in unserer enge ren Heimat vorgekommen. So wurde z. B. im Jahre 1678 in Bernstadt eine Kindesmörderin in einem Sacke, in dem sich noch eine lebende Katze, ein lebendiger Hund, ein leben diger Hahn und eine aus Leinewand gefertigte gemalte Schlange befanden, in der Pließnitz ertränkt. Weiter wurde in Strahwalde im Jahre 1724 eine ledige weibliche Person zum Tode durchs Feuer verurteilt, weil sie aus Rache den Niederstrahwalöer Hof angezündet hatte. Doch kamen auch Fälle vor, wo Schwerverbrecherinnen gehenkt wurden. Ein „Hochgericht" besaß auch Bernstadt. Durch dieses wurde am 20. September 1718 eine Brand stifterin an dem Galgen aufgehängt und ihr Leichnam ver brannt. Die Scharfrichteret befand sich in der Nähe des Bahnhofes, und der gemauerte Galgen stand in der Kem- nitzer Straße. Beide Dinge des damaligen „Hochgerichtes" sind heutzutage verschwunden.