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2. Solches an mir nicht können rächen, ihre Augen müssen mich verlieren, ihr Maul muß verstummen, ihre Hände und Füße müssen verkrümmen, daß sie sich alle müssen von mir wenden in allen denen Gebärden, wie vorgesprochen worden, das zählt ich mir zur Buße, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. In Rechtssachen dies Wort (hier ist der Zettel abge rissen). 3. Daß eine Kugel den Menschen nicht treffen thut, die erste Mütze das hilft nämlich das Westerhemöe, es hilft auch vor den Stich, es hilft gewiß probsatj. 4. Eüit Leins f Fillius f De troy matou f. Adam in nomine patris et filii et spiritus sancti. Amen. Wer diese Worte, die oben geschrieben, bei sich trägt oder spricht, den Tag widerfährt ihm nichts Übles,' ist probsats. Ein heute noch oft ausgeübter Segen wird beim Ver sprechen angewendet mit den Worten: Was ich sehe nehme zu, was ich streiche nehme ab, im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, Amen. Es ist sicher, daß es früher noch vielmehr Segen ge geben hat, wie Feuer-, Wasser-, Wettersegen, aber wegen des Mißbrauches des göttlichen Namens wurde von der Kirche dagegen gepredigt, und so sind sie bis auf wenige verschwunden. Es ist deshalb gut, wenn in alten Nach lässen auch die unscheinbarsten Zettel sorgfältig durch gelesen werden, ehe sie verbrannt werden. Manches un bekannte Gut kommt für den Geschichtsfreund und Volks kundler auf diese Weise zum Vorschein und führt uns die Zeit unsrer Ahnen deutlicher vor unserm geistigen Auge vorüber. , Ein Brief eines Oberlausitzers aus dem Jahre 1778 Der Bries ist eine wertvolle Form schriftstellerischer Äußerung. Während der Verfasser eines Aufsatzes oder einer Abhandlung sein Denken streng auf einen Zielpunkt einstellt und seine Gedanken nach diesem Zielpunkte hin organisiert, darf sich der Briesschreiber eine gelockertere Form der Darstellung erlauben, eine Form der Darstel lung, die in geschickter Weise von einem Punkte zum andern springt, die sich in ihren sprachlichen Wendungen in unmittel barer Lebensnähe hält, die nichts Endgültiges sagen will, aber doch die Stimmung und die Anschauungen eines be stimmten Augenblickes festzuhalten versucht. Gerade als Quellen für die Anschauungen und Zustände einer ver gangenen Zeit sind Briefe von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ein Brief, den ein geistvoller Oberlausitzer, der zugleich ein echter Heimatfreund war, im Jahre 1778 über die Zu stände unserer engeren Heimat schrieb, wird heute noch be stimmt teilnahmsvolle Leser finden. Der Brief ist datiert B., den 23. Dezember 1778, unterzeichnet C. H. B. und erschien im „Deutschen Museum", einer angesehenen Zeit schrift, die im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts von der Weygandschen Buchhandlung in Leipzig herausgegeben wurde. Wertvolle kulturgeschichtliche Mitteilungen, die so wohl die heutige sächsische als auch preußische Oberlausitz betreffen, sind in dem Schreiben enthalten. Der Anlaß zu dem Briefe ist ein kleiner literarischer Streit des Lausitzer Schriftstellers Meißner (der damals in Dresden lebte) mit dem bekannten Bautzner Dichter I. K. Wezel (damals in Leipzig). In diesem Streite, der später einmal dargestellt werden soll, hatten sowohl Meiß ner wie Wezel schiefe Urteile über die Lausitz gefällt. Nun greift Herr C. H. B. in einem offenen Briese berichtigend ein. „Ihr Schreiben über unser gemeinschaftliches Vater land scheint auch einige Worte von mir zu fordern. Dieses kleine Land ist zu wenig bekannt und verdient doch so sehr Aufmerksamkeit. Die Staatsverfassung ist von der Art, daß sie kaum ein andres deutsches Land so hat und ähnliche Freiheit genießt. Die Religion ist gemischt. Man nenne eine Sekte, welche man wolle, sie lebt bet uns: Katholiken, Lutheraner, Reformierte, Herrnhuter, Stille im Lande, Quäker, Schwenkfelder, Böhmisten, Methodisten, Frei maurer sind unsre Brüder. Die Loge zu Görlitz ist das Haupt der unter dem großen Ferdinand vereinigten Logen. Die lutherische und katholische Geistlichkeit lebt ein trächtig; kein Verfolgungsgeist ist unter uns. Der Prediger zu Jauernik ist katholisch, und seine Gemeinde ganz luthe risch. Er predigt, tauft, traut und begräbt, und seine Ge meinde, die aus mehr als zehn Dörfern besteht, sucht keinen protestantischen Gottesdienst auf außer bei der Kommunion. Da ich mich noch in meinem Vaterlande aufhielt, hörte ich einst den dortigen Priester Pfalz, einen strengen Katholiken, in einer Leichenrede den verstorbenen Lutheraner unfern seligen Mitbruder nennen. Die Priorin des Klosters zu Lauban wird in der evangelischen Kirche begraben. Sie und ihre Nonnen werden von der evangelischen Schule und der Geistlichkeit beider Religonen zur Erde bestattet. Ich sah einmal diesen ehrwürdigen Au'fzug, wie beiderlei Lehrer so einträchtig hintereinander hergingen und dachte schon oder wünschte, daß überall die alte Scheidewand ab gebrochen wäre. Unsere geistlichen Stifter haben mehren- teils lutherische Untertanen und besetzen die lutherischen Plärren. Der Graf Elam Gallas in Böhmen hat ein Pfarrlehen in einem Dorfe bei uns und setzt daselbst den lutherischen Prediger ein. Ein lutherischer Untertan von der Abtei St. Marienthal hielt es für keine Sünde, in der Klosterkirche eine Kanzel auf seine Kosten bauen zu lassen. Wie merkwürdig ward nicht unsre Provinz in der Kirchengeschichte durch Herrnhut, wie merkwürdig in einer anderen Sache, die das Publikum nicht eben zu wissen nötig hat! Sie beschweren sich, mein lieber Freund, über zwei Truge bei uns: über Leibeigenschaft und Sektiererei! Von dieser habe ich schon geredet. Jene ist ein Übel, und daß ich so sage, eine Schande unsrer herrlichen Provinz. Allem, sie ist nicht so hart, wie Sie vielleicht glauben, nicht so streng, wie in der Niederlausitz, und wird auch hie und da abgeschafft. Warum sie nicht überall abgeschafft wird? Doch da müßte ich gewissen Leuten unangenehme Wahrheiten ins Gesicht sagen. Die Literatur verkennen Sie ganz. Nicht nach den Buchlüden müssen Sie sie beurteilen, denn diese sind elend und können nicht gut sein, da jeder Inländer seine et waigen Produkte auswärts verlegt, und was er braucht von Leipzig bezieht. Die Hauptstudien mögen in ihrer Folge etwa so kommen: Geschichte und schöne Wissen schaften am meisten, dann Naturgeschichte, Rechtsgelehrt heit, Sprachen, Medizin, Theologie und Philosophie. Besuchen Sie nur einmal die öffentlichen Bibliotheken in Zittau und Görlitz, die Sammlungen der Grafen von Einsiedel und von Callenberg, der Herren von Gersüorf und von Schachmann, die Bibliotheken verschiedener Pri vatpersonen, und Sie werden sich wundern, ausländische Werke daselbst zu finden, die Sie vielleicht in ganz Sach sen vergebens suchen; Sie werden daselbst Handschriften antreffen, die sonst nirgends mehr existieren. Nach B . . . dürfen Sie keinen Maßstab nehmen, denn da nimmt das Schießhaus alle fernere Begierde weg, da wird keine ge lehrte Zeitung gelesen, nicht einmal eine Lesegesellschaft kommt daselbst zu Stande, wie Ihnen unser Freund sagen kann. Dort trifft dasjenige ein, was einmal Michaelis aber mit Unrecht von unserem ganzen Baterlande sagte: „Braucht man bei euch denn mehr Genie, Als zu Repliken und zu Klagen?" Aber auch dort findet man eine kleine Anzahl Gelehrte in allen Ständen, und ich wollte unter ihnen einen der