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danken fest in mir verschlossen zu halten und in des Vaters Gesellschaft schwere, stumme Arbeit zu tun. Meine Mutter wagte nicht viel dreinzureden,- doch hat sie mit ihrer stillen Güte gewiß viel von dem Trotz und der Eigenwilligkeit, die mit den Jahren an mir als väterliches Erbteil er kennbar wurden, gedämpft und gemildert. Ich hatte in der Schule einen Hellen Kopf, so daß unser Schulmeister mir mehr als einmal sagte: „Junge, könntest du doch auf die hohe Schule gehen!" Doch daran war nicht zu denken; immerhin habe ich in meinen jungen Jahren in Büchern gelesen wie selten ein Bauersmann. So verstrichen die Jahre in Gleichförmigkeit; mein Vater ging schon mit eisgrauem Haar, meine Mutter mit gekrümmtem Rücken daher,- ich mar nun ein stattlicher junger Mann, der sich vor keinem noch so schweren Werke scheute und Zentnersäcke spielend auf den Schultern trug, als wären sie ein Pappenstiel. Bald lag auch die Militär zeit hinter mir, und ich stellte nun auf unserem Hofe die Hauptkraft dar. Meine Gedanken gingen oft eigene Wege, und in freien Sonntagsstunden im Sommer lag ich gern mit einem Buche am Waldrande. Manchmal am Abend gesellte ich mich zur Dorfjugend,- aber die Einsamkeit war mir lieber. Einmal an einem Festtagsvormittag, als ich mit mei nen Eltern zum Abendmahl gewesen und wir nun lang sam den Weg vom Kirchort nach unserem Dorfe, der eine gute Stunde maß, zurücklegten, räusperte sich aus einmal mein Vater und begann mit mir von einer Angelegenheit zu sprechen, die er bislang immer geflissentlich zu um gehen gewußt hatte. Er wies auf sein und der Mutter zu nehmendes Alter hin, auf die Kräfteabnahme und die Ge brechlichkeit, die sich bei ihnen beiden immer fühlbarer ein stellte. Er hätte, sagte er, den Wunsch, in nicht zu ferner Zeit mit der Mutter ins Ausgedinge zu gehen, nicht etwa um mir allein nun alle Plage und Mühe aufzubürden, son dern nur, um mir die Bewirtschaftung des Gehöftes und der Äcker nach meinem Sinn zu überlassen, dabei aber immer noch mit seinem Rat und seiner Kraft mir zur Seite zu stehen. Es sei freilich nun nötig, daß ich mich end lich nach einem Weibe umsehe, das die Mutter im Haus und im Stall mit jungem Eifer unterstütze und ablöse. Ich hatte dazu nicht viel zu erwidern,- der Vater er wartete anscheinend auch gar keine Antwort; denn er wandte sein Interesse sogleich wieder den Feldern zu, an denen wir vorüberschritten. Die Mutter hingegen nickte mir mit ihrem verwitterten Gesicht lächelnd zu und führte das Thema dort weiter, wo der Vater es verlassen hatte. Es wird ja doch selten einmal eine Mutter geben, die ihren erwachsenen Sohn nicht an die Pflicht des Heiratens mahnt. Spricht aus ihr nur der Wunsch, ihr Kind, das noch eine lange Reihe von Jahren über sie selbst hinaus leben soll, in der warmen Hut eines jungen Weibes wohl versorgt zu wissen, oder treibt sie, die Hüterin des Lebens, irgendein geheimer Befehl des Blutes, ihre jungen Ge schlechtsgenossinnen dem natürlichen Berufe zuführen zu helfen, das wird sich schwerlich feststellen lassen. Meine Mut ter hatte es ja schon seit langem an gelegentlichen An spielungen nicht fehlen lassen; heute aber wurde sie nun in aller Güte ganz deutlich und schilderte mir, während der Vater keinen Laut mehr dazugab, mit einer ganz unge wohnten Beredsamkeit, wie behaglich und bequem mein Da sein werden könnte, falls ich mich entschlösse, eine Lebens gefährtin zu nehmen. Sie beklagte sich, daß es ihr immer schwerer fiele, die Hauswirtschaft so allein zu betreuen, und stellte mir in verlockende Aussicht, daß neuer Mut und neue Fröhlichkeit mich beglücken würden, sobald ein braves junges Weib um mich wäre und vielleicht sogar einige hübsche Kinder Haus und Hof mit Lust und Jubel erfüllten. (Fortsetzung folgt.) „Lug ins Land Oberschlesien", Auswahl aus Max Waldaus Werken. Herausgegeben und eingeleitet von Wil helm Mak und Wilhelm Müller-Rüdersdorf. Mit einem, Bildnis Waldaus. Verlag DeutscheLandbuchhandlungG.m.b.H' Berlin 1926. Vorwort und 150 S. Ganzleinenband 3,50 M Es ist ein Zeichen der Gesundung und des Bewußtwerdens unseres deutschen Volkstums, daß wir uns in der Zeit seelischer Not auf unsere Heimatdichter besinnen. Bei ihnen suchen wir Trost und Kraft für unser Schaffen. Einen wertvollen Beitrag dazu haben Herausgeber und Verleger mit diesem Buch „Lug ins Land Oberschlesien" geleistet, in dem sie eine sorgfältige und glückliche Auswahl der Werke Max Waldaus getroffen haben. Max Waldau, der im Leben Georg von Hauenschild hieß, ist ein ausgesprochener oberschlesischer Heimatdichter, Mit Joseph v. Eichendorff und Gustav Freytag gilt er als Vertreter oberschlesischer Heimatkunst im 19. Jahrhundert. Leider mußte er zu früh — noch nicht dreißigjährig — seine klaren, ernsten und doch so gütigen Wanderaugen schließen. Die getroffene Auswahl aus den Werken Max Waldaus, dessen glühende Sprache ganz von innerem Schauen erfüllt ist, verschafft die Möglichkeit, sich tief in die Seele des Dichters einzufühlen. Darüber hinaus erfüllt das Buch die nationale Aufgabe, das uns zum Teil entrissene Land Oberschlesien mit der Seele zu suchen und somit unserm Herzen als preußisch-deutsches Land näher zu bringen. Den Oberschlesiern wird es ein echtes Hei matbuch sein, allen Deutschen zum Apostel des Deutschtums in Oberschlesien werden. Wmvoiat-Verein Zeirvennerraorl. Haida, die Stadt der buntfarbigen Vasen und schönen Kristall waren und die Felsenburg Alt-Biirgstein (Etnsiedlerstein) war das Ziel der 4. VcreinswanLerung am 8. Full. Der Himmel zeigte zwar ein weniger freundliches Gesicht, als sich die 123 Teilnehmer teils zu Fuß, teils unter Benutzung der Berkehrsautos vor dem Rum burger Bahnhof einfanden; aber wir vertrauten uuserm guten Stern, der unseren Wanderungen bisher immer schönes Wetter beschert hatte, und so bestiegen wir 7.10 Uhr den Zug, der uns in iVa stündiger Fahrt nach Haida brachte. Nach kurzer Kaffeerast im „Blauen Stern" wurden in 2 Kolonnen unter ortskundiger Führung die Stadt, das reichhaltige, hochinteressante Glasmuseum und der wohl einzigartige, stimmungsvolle Walüsricdhof besichtigt. Ganz besonders sind wir Herrn Direktor i. R. Würfel zu Dank verpflichtet, der sich in liebenswürdigster Weise den Vormittag über zur Verfügung gestellt hatte. Durch den Waldfriedhos, der wohl einzig in seiner Art da steht, war Herr Direktor Würfel der berufene Führer; denn er selbst hat diese weihevolle, sinnige Ruhestätte mit geschaffen, und so konnte er uns aus alle Schönheiten und Eigenarten dieses herrlichen Fried hofes Hinweisen. Unterdessen hatte sich das Wetter völlig aufgeklärt. Es war Mittag geworden. 2m „Blauen Stern" wurde» nur wiederum flott, gut und preiswert bedient. Wegen des herrlichen Wetters wurde die Mittagspause abgekürzt. Durch den Tiergarten führte der schattige Weg nach dem Psarrdorf Bürgstein, das teils im Tale, teils an den vom Nordweslfuße des Bürgstein-Schwoikaer Gebirges hcrabziehcnden Hängen liegt. Bllrgstein mit dem Kinskyschen Schloß, der Pfarrkirche St. Katharina und dem Waldtheater Ist heute eine gern besuchte Sommerfrische. Doch das Ziel des Nachmittags war die Felsrnburg Alt-Biirgstein. Sie ist durch ihre isolierte Lage und ausfallende Form eine Sehenswürdigkeit Nordböhmens. Die Ge schichte dieser sagenumwobenen Burg reicht bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts zurück. Verschiedentlich hat das Felsennest den Be sitzer gewechselt, schlimme Gesellen haben hier oben gehaust, sodaß die Sechsstädte um 1444 das Raubnest zerstören mußten. 3m l7. Jahrhundert wurden die Felsengemächer erweitert und zu einer Andachlsstätte für Einsiedler; aus der Burg Bürgstein ist so ein Einsiedlerstcin geworden. Überrascht waren wohl alle Besucher von der Glühe und Ausdehnung der Burg, sowie von den vielen noch gut erhaltenen Felsengemächern und -Wohnungen. Bei schönstem Abcndsonnenschcin gingen wir, zum Teil begleitet von frohen Liedern, nach Haida zurück. Weit schweifte der Blick nach Süden in die reiche Bcrgwelt und mancher alte Bekannte unter ihnen wurde von ferne begrüßt. Nochmals wurde in Haida kurze Rast gehalten. Gegen '/,9 Uhr trafen wir alle wieder in Rumburg ein. Auch diese genußreiche Wanderung hat bei allen Teilnehmern vollste Befriedigung ausgelöst. O. H.