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die im väterlichen Grundstück ein- und ausgingen, und getreulich bewahrte der Knabe alle diese Erinnerungen bis zu gegebener Zeit. Bon Jugend auf war er überhaupt ein guter Beobachter unseres Volkstums und seines Sprachschatzes, den er wie kein Zweiter beherrschte. Mehrere Vorträge im oberlausitzer-böhmischen Grenz dialekt: „Basen-Wenz", „Worm-Franz von Huhwahl" und „Der Kratzer Moan" bildeten die Anfänge seiner Schriftsteller - Laufbahn. Es folgten dann die ersten dramatischen Versuche, von denen besonders „Anno 66" und „'s Gescheeche" sofort einen durchschlagenden Erfolg erzielten. Den beachtenswertesten Er folg erzielte der Dichter vor 20 Jahren mit dem ersten größeren Werk, dem im Heimatsorte spielenden Volksschau- spiel:„Hennerch Lobels Feuer". Eine aus Mit gliedern der Ober-Rei chenauer Feuerwehr und Angehörigen der selben gebildete Spiel schar brachte das Stück, das auch heute noch zu den besten gehört, die der Feder Friedrichs entsprossen sind, zur Aufführung. Dank der ausgezeichneten Dar stellung durch die Mit wirkenden gab es Abend für Abend Bei fallsstürme und bei der damaligen letzten Auf führung, unseres Wissens der sechsten, zeigte sich der Saal des Kretschams wiederum bis zur äußersten Auf nahmemöglichkeit ge stillt. Es war ein herr licher Triumph für den schaffendenKllnstler,der ihn veranlaßte, weiter zu arbeiten. (In einem besonderenArtikelwird über seine weitere Tä tigkeit alles Nähere gesagt.) In all den Jahren sind die Friedrichschen Volksstücke in Stadt und Land wohl über die meisten Bühnen der Oberlausitz gegangen und immer erzielte man volle Häuser damit — ein Beweis, welchen Anklang sie überall fanden. Und ist dies etwa ein Wunder? Die urwüchsige Sprache der Heimat, der köstliche Humor, der selbst in ernsten Szenen zum Durchbruch kommt, die bei aller Freiheit niemals anstößig werdende Redeweise sind Vorzüge be sonderer Art. In Erinnerung alles dessen wird man mit stiller Wehmut des Schöpfers gedenken, der nunmehr die Augen zum ewigen Schlummer geschlossen hat. Doch auch Wilhelm Friedrichs Lebenspfad war, gleich vielen Schriftstellern deutscher Zunge, nicht ohne Sorgen. Trotz der zunehmenden Beliebtheit seiner Stücke waren die Erträgnisse nicht derart, um ihm ein sorgenfreies Schaffen zu ermöglichen. So konnte er nicht alle seine Werke in den Druck geben. Um ihm hierzu die Möglichkeit zu verschaffen, wurde ihm an seinem 60. Geburtstage — 3. April 1923 — eine Ehrengabe von Freunden und oberlausitzer Heimatvereinen überreicht, die ihm seinen sehnlichsten Wunsch! hätte erfüllen können, wenn nicht die bald darauf mit unheim licher Schnelligkeit ein setzende Inflation den Plan zerstört hätte. Die Gesamtsumme der Stif tung belief sich auf 272 808 Mark, davon waren allein 133002 Mark in Reichenau aufgebrachtwordenund 20000 Mark stammten von dem Verbände für Bolksspielkunst. Mit Anfang des Jahres 1917 nahm die Gemeinde Reichenau den Heimatdichter in ihre, Dienste und er füllte gewissermaßen eine Ehrenpflicht, als sie ihn zum Verwaltungs- Assistenten ernannte. Das Amt des 2. stell vertretenden Standes beamten wurde ihm ebenfalls übertragen. Die Gemeinde Rei chenau empfand es aber auch, daß man dem Heimatdichter ein blei bendes ehrendes An denken bewahren müsse. Und dankerfüllt gab sie bereits zu seinen Leb zeiten, im Jahre 1926, dem vor seinem Grund stück befindlichen Platz seinen Namen. In seiner freien Zeit widmete sich Wilhelm Friedrich unentwegt seiner Muse, wovon ja alle erschienenen Heimatstücke beredtes Zeugnis ablegen. Er war unermüdlich in seiner schriftstellerischen Tätigkeit, der er viele Nachtstunden opferte. So hat er nebenbei viele Gelegenheitsdichtungen zu jedweden Anlässen ge schaffen — eine solche Bitte abzulehnen, brachte er nicht übers Herz. Er war ein Mensch von seltener Herzensgiste, freundlich und zuvorkommend gegen Jedermann, hilfsbereit, soweit es in seinen Kräften stand. Es zierte ihn eins feine Bescheidenheit, die abhold allem war, was als aufdringlich hätte erscheinen können.