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Und den 1. November warbt Christoph Opitzen, Bauer und Inwohner in Niederdorf ein junger Sohn geboren, und den darauf folgenden 2. Nov. auff der Mühlbrück wegen in Niederdorf eingerissener Pest- seuch zur h. Taufe befördert usw. und mit Namen Chri stoph benennet. Die Paten waren wie folget: Christoph Herbtg, dieser zeit Richter, Caspar Paul, Bäcker allhier, Zacharias Kretschmar, Gerichtsältester in Niederdorf, Hans George Reitz in Niederdorf, Frau Marie Alberin, Chri stoph Albers, Gerichtsältesten in Oberdorfe, Ehewirtin, Frau Anna, Hans Freytags in Niederdorfe Ehewirtin, Anna Wagnerin, weyl. Christoph Wagners, Bauers und Gerichtsälteften in Niederdorf ehel. Tochter. Gott segne das Kind. (Ob die hier vertretenen Richter und Schöppen wegen dieser besonderen Taufe auf der Mühlbrücke als Pate und Taufzeugen gewählt worden sind?) Und Traubuch 1680: Den 18. November als Kirmes- montag warbt Christoph Wagner, ein junger Gesell und Bauer in Niederdorf, mit Jungfer Annen, weyland Jakob Wendlers, Bauers in Oberdorf eheliche Tochter, auf der Mühlbrück copulieret und getrauet, weil zu der Zeit, die ganze Niedergemein, wegen der alsöa sich befindenden Pest seuche, auf Oberamtsanordnung, nicht in die Kirche ge lassen worden. Gott gebe ihm seinen Segen. — jNB. Kirch weih damals 17. November!) Stark war stets die K i n be r st e r bsli ch k e i t§; und ivenn es auch die Regel ist, daß in den Familien 10—16 Kinder geboren werden, so stirbt meist der größere Teil wieder. Verhältnismäßig oft starben auch die Mütter in der Geburt und im Wochenbett, wobei letztere „6 Wöchne rinnen" genannt worden. So z. B. 1644 Den 27. Novem ber wardt Hans Hölzels des Müllers sein Weib, eine 6 Wöchnerin mit einer Leichenpredigt begraben, derer Seel in Gottes Hand. Und den 1. Dezembris der 6 Wöchnerin ihr Kindlein zur Erden bestattet worden. 1694: Den 29. Juli ist Christoph Opitzes Ehewirtin, welche der allerhöchste Gott in Ktndesnöten abgefordert, mit einer Leichenpredigt christl. zur Erden bestattet wor den. Gott ergeze sie in einem Leben mit ewiger Freude. Und 1731: Den 4. Mai hat Gott unfern Hochadeligen Lehnsherrn, Den Hochwohlgeborenen Herrn, Herrn Hans Heinrich v. Zeschwitz, Erbherrn auf Taubenheim, und seiner Frau Gemahlin, die Hochwohlgeborene Frau, Frau Doro thea Elisabeth von Zeschwitz geborene v. Ponikau, Erbfrau auf Taubenheim, in Budissin ein totgeborenes Fräulein ge boren worden. Gott tröste die hochadeligen Eltern und er freue die Seele in ewig. Leben. Amen. Den 5. Mai nachmittags gegen 4 Uhr ist die Hochwohl geborene Frau, Frau Dorothea vno Zeschwitz, — welche Gott in Gnaden angesehen und ihren Leib mit einer ge wünschten Frucht gesegnet, in schmerzlicher Geburt, weil ihr die Kräfte entgangen, auf ihren Heiland Jesum sanft und selig eingeschlafen, und dero verblaßter Körper am 7. Mai in ihr Begräbnis nach Taubenheim abgeführet mit Christl. Adel. Cermonien gebührend zur Erden bestattet worden usw. Sächsische Mundarten-Forschung Die Mundartenforschung in Sachsen, über deren Beginn wir letzthin berichteten, macht, wie uns das Ger manistische Institut der Universität Leipzig mitteilt, rüstige Fortschritte. Auf diese Notiz haben sich nicht weniger als 300 freiwillige Mitarbeiter aus allen Schichten der Bevölke rung gemeldet. Sie haben ebenso wie die gesamte sächsische Volksschullehrerschaft den verausgabten Fragebogen 1 er halten und ihn größtenteils bereits ausgefüllt wieder ein geschickt. — Die nebenher betriebene freie Sammlung von Wörtern aller Sachgebiete hat sich außerordentlich günstig angelassen. Viele tausend Zettel mit unschätzbarem, zum Teil sehr seltsamem Wortmaterial sind eingelaufen und wer den augenblicklich bearbeitet. Das Institut wird in allernächster Zeit ausführlicher über den Stand der Arbeit und über die Auswertung des Materials berichten. Für eine gedeihliche Weiterarbeit ist es allerdings unbedingt erforderlich, daß sich die Zahl der Helfer noch steigert. Wer sich an der verdienstlichen Arbeit als freiwilliger Mitarbeiter beteiligen will, sende seine Anschrift dem Germanistischen Institut Leipzig, Universitäts straße 7—9, ein. Er erhält dann Merkblätter, Fragebögen und Zettelblocks nach Wunsch — Portoauslagen werden vergütet. Die fühlenden Meister der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Bautzener Provinzialmuseum Nach einer kunstgeschichtlichen Führung Museumsdirektor Dr. Biehls durch die Lausitzer Gemäldegalerie. Die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts war zwar in erster Linie Lanöschaftsmalerei, aber doch nicht aus schließlich. Vielmehr war sie auch Figurenmalerei. Die Figur dominiert, auch wenn das Gemälde die Land schaft zum Gegenstand hat. Was ist nun das Bestimmende dieses Zeitabschnittes? Die Künstler dieser Epoche nehmen zwar das auf, was die großen Lanüschaftler vor ihnen schon erarbeitet haben, so die feine Behandlung des Lichts, das Herausarbeiten feinster atmosphärischer Effekte, aber sie transponieren das bewußt in das Gebiet der Figuren malerei. Ihrem Ausdrucksbedürfnis genügt nicht mehr das, was die Landschaft an Ansörucksmöglichkeiten gibt, sondern sie brauchen in erster Linie den Menschen, um sich aus drücken zu können. Daher geht das Streben der Meister dieser Zeit dahin, Figur und Landschaft in Einklang zu bringen, eine Harmonie beider zu schaffen, wobei aber die Figur als die Dominante, als das Primäre herausgestellt wird. Die schöne Malerei setzt man voraus. Auch knüpft man an die klassizistische Richtung, nimmt von ihr die schöne, ge fällige Gliederung der Körper, und benutzt beides, um dem Menschen zu einer bedeutenden Existenz zu verhelfen. Nicht mehr ist der Mensch ein kleiner Bestandteil in der Land schaft, sondern der hoheitsvvlle Mittelpunkt derselben. Die Landschaft selbst sott nur Folie sein, die den Zweck hat, den Menschen, die menschliche Figur wirkungsvoll heraus- zuheben. Das ist, in kurzen Worten angedentet, das Ziel, das sich die Meister stellen, die gemeinhin als „Deutsch- Römer" angesprochen werden. Italien ist das Sehnsuchts land der deutschen Künstler von jeher gewesen. Was aber unter dem Namen „Deutsch-Römer" eigentlich zu verstehen ist, das ist jene Gruppe, die sich um 1850 in Rom zufällig zusammenfinöet. Zusammengeführt werden sie durch ge meinsame Ziele. Sie verarbeiten in Rom, was sich als Ziel der deutschen Malerei dieser Zeit charakterisiert. In erster Reihe genannt zu werden verdienen in diesem Zusam menhang Böcklin, Anselm, Feuerbach, Lenbach, Thoma, Karl Heider und — als Ausläufer — Max Klinger, der zwar nicht unmittelbar in Böcklins Werkstatt gesessen, aber doch ein Böcklin-Schüler genannt wird. Als zweites Komponent kommt hinzu das Erbe der deutschen Stimmungsmalerei. Und hier tauchen Namen auf wie Liebermann, Slevogt u. a. Einer der hervor ragendsten Vertreter der Figurenmaler dieser Zeit ist Fritz von Uhde (1848 bis 1911). Sein Gemälde „Grablegung" ist ein wertvoller Schatz des Museums. Aus einem dunk len Vorgewölbe wird der Leichnam des Heilands in einen noch dunkleren Jnnenraum getragen. Eine Fackel erleuch tet phantastisch die Hauptfiguren von vorn, der größte Teil