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Wenn schon die Soldaten der Bundesgenossen mit roher Gewalt im Lande die Herren spielten, so kann man er messen, wie die Landesfeinde gehaust haben werden. Ihnen war der Bauer mit Gut und Leben schutzlos ausgeliefert. Umsonst war aber die Schreiberei des Amtsschössers ganz und gar nicht. Für seine Mühe verlangte er 6 ssechs) Taler 18 Groschen von der Niedergemeinde zu Spremberg, die sicherlich auch bezahlt worden sind. Hoffen wir, daß die Patente etwas geholfen haben und daß Quartier ver langende „Soldaten-Rotten" beim Erblicken des Amts siegels schleunigst dem so kräftig geschützten Dorfe Spremberg den Rücken gekehrt haben, ohne Fenster ein zuschießen und Boten zu mißhandeln. Wie sich Herr Sie- gismunö mit der Angelegenheit abgefunden hat, wissen wir nicht. Vielleicht hat er gar nunmehr alle Einquartie rung ganz allein übernommen, damit er seinen Brannt wein nicht allein zu trinken brauchte. Waldtheater Reichenau „Ncig'foall'n", Mnndartschwank von Julius Palme. Im „Thalia"-Waldtheater zu Reichenau hatte es am 16. Juni für den Außenstehenden eine tatsächliche große Überraschung insofern gegeben, als der langjährige Vor sitzende und Spielleiter der Vereinigung, Julius Palme, ein dramatisches Erstlingswerk aus eigener Feder zur Ur aufführung brachte. Der Berichterstatter konnte damals wegen vielfacher anderweiter Inanspruchnahme zu seinem Bedauern nicht zugegen sein, benutzte aber mit Vergnügen die am letzten Sonntag sich darbietende Gelegenheit, wenigstens der ersten Wiederholung des Werkes beizuwoh nen, zumal er selbst aufs äußerste gespannt war, den dra matischen Erstling des befreundeten Verfassers kennen zu lernen. Ich war mir von vornherein darüber klar, daß es ein großes Wagnis bedeutete, als Julius Palme es unternahm, als dramatischer Bühnenschriftsteller die Nach folge des unvergessenen Wilhelm Friedrich anzutreten, war mir aber auch vollständig bewußt, daß es ein schlechter Freundschaftsdienst an beiden wäre, in öliger Lobhudelei die neue Dichtung uneingeschränkt preisen zu wollen. Mit umso größerer Freude kann festgestellt werden, daß Julius Palmes erster dramatischer Versuch unbeschadet gewisser innerer und äußerer Schwächen offenbar bei dem in sehr stattlichen Kopfzahl erschienenen Publikum sehr gut ange sprochen und einen unbestreitbaren starken äußeren Heiter keitserfolg davon getragen hat, und unwillkürlich drängte sich der Ausspruch des ersten Jägers aus „Wallensteins Lager" in das Gedächtnis: „Wie er räuspert und wie er spuckt, Das habt ihr ihm glücklich abgeguckt." Und zwar sowohl im guten Sinne, als auch hinsichtlich der Mängel. Die letzteren bestehen, um es vorwegzunehmen, unseres Erachtens in der Bevorzugung der Monologe zum Nachteil des dramatischen Geschehens auf der Bühne, in der zu lockeren Fundamentierung der beiden ersten Auf züge und in dem Umstand, daß wichtige Wandlungen in den Ansichten beziehentlich in der Haltung der Personen des Stückes kommentarlos in die Zwischenakte verlegt sind. Im Zusammenhang damit steht, daß die Leichtigkeit, mit dem die sonst so pfiffigen Lausitzer Bauern dem berlinern den Hochstapler ins Garn gehen, den Unbefangenen einiger maßen befremdet. Das alles aber sind Dinge, die bei einem ersten Versuch auf dramatischem Gebiete milder zu beur teilen sind und die Überzeugung nicht erschüttern können, daß in Julius Palme das Zeug zu einem routinierten und erfolgreichen Mundartdramatiker steckt. Zu wünschen ist noch etwas sorgfältigere Feil- und Kleinarbeit. Aber mit großem Vergnügen können wir feststellen, daß der Dichter novize ein starkes Empfinden für Situationskomik besitzt, womit der Erfolg schon zur Hälfte gewährleistet ist. Als Hauptbeweis für das beträchtliche Können Julius Pal mes darf man die sonst so seltene Tatsache betrachten, daß der letzte Aufzug den tatsächlichen Höhepunkt des Schwankes bedeutet und von durchschlagender Wirkung ist. Hier tritt die dichterische Inspiration klar zu Tage, und die glückliche Steigerung bis zum Schluffe bürgt für die Lebensfähigkeit des Schwankes auf den Lausitzer Mundartbühnen. Auf den Inhalt des Stückes einzugehen, können wir uns versagen, da der laute Erfolg am Sonntag nach reich lichen Wiederholungen schreit und daß somit jeder Freund des Reichenauer Waldtheaters und unserer „Thalia" Ge legenheit haben dürfte, die Dichtung persönlich kennen zu lernen. Die unter Leitung des Verfassers stehende Auf führung war wieder ein Meisterstück und bewies, daß der „Thalia" die Führerschaft im Kranze der Lausitzer Volks spielkunstgemeinden nicht so leicht streitig gemacht werden kann, so lange jeder Einzelne mit dem erforderlichen künst lerischen Ernst bei der Sache ist. Max Krause als Berg hofbauer, Anna Hartmann und Johanna Riedel hielten die Führung fest in der Hand. Von köstlicher Frische und kräftigem Temperament war Hellmut Krauthau- ser als jugendlicher Liebhaber. Max Schubert brachte den plumpen Schwindler Liebmann sehr glaubhaft zur Geltung und bewies, daß er auch außerhalb der Lau sitzer Mundart eine der besten und zuverlässigsten Kräfte der „Thalia" ist. Fünf zum Schreien komische Lausitzer Typen stellten Paul Krauthauser, Wilhelm Hluchy, Franz Weiß, Wilhelm Opitz und Willy Linke dar. Ihnen ist der starke Erfolg der Aufführung mit in erster Linie zu danken. „Man so weiter!" Bruno Reichard. Das Jagen des wilden Mannes in Schluckenau Die zahlreichen Anfragen nach der Art und Weise der Veranstaltung dieses rein völkischen Festes in Schluckenau veranlassen den Unterzeichneten zu folgender Aufklärung: Entgegen dem Brauche im vorigen Jahrhunderte wird das Fest nicht in der Faschingszeit, sondern im Sommer — in diesem Jahre am 29. Juli — gefeiert, um einerseits einem immerhin möglichen Fastnachtsunfuge auszuweichen und anderseits eine etwas breitere dramatische Darstellung geschichtlicher Vorkommnisse im Freien sauf dem Markt platz) zu ermöglichen. Die Vorführung eines Festzuges ist nicht der einzige und auch wohl nicht der wichtigste Teil der Veranstaltungen. Der Grundgedanke der festlichen Aufführung ist: „Hinko Berka von Daube und Leippe, Herr auf Tollenstein und Grundherr von Schluckenau, beruft eine Tagung nach Schluckenau im Hinblicke auf die immer ärger werdenden Frevel des „wilden Mannes", der schon viele Jahre lang der Schrecken der oberen und niederen Lausitz geworden ist. Insbesondere aber veranlaßt ihn hierzu die letzte Un tat des Bösewichts in der nächsten Nähe des Städtleins, im Schweiörichbusche, ausgeübt an einem Knaben, dem Söhnchen der aus den Vorgeschichten der Begebenheit be kannten Kammerzofe Hildegarde. Die Beratungen bei die ser Tagung sollen Mittel ausfindig machen, welche geeig net sind, dem schrecklichen Treiben des gefährlichen Un holdes ein Ende zu machen. Zu dieser Tagung lädt er auch den Sechsstädtebund in der Lausitz und die Primatoren der am meisten geschädigten Orte daselbst ein. Und diese Tagung findet wirklich am 3. Sonntag nach Trinitatis statt." Nach diesem Grundgedanken kann man die Veranstal tungen in fünf Hauptstücke abteilen: 1. Die Vorfeier am Vormittage des Festes. Sie wird ausgefüllt von den glänzenden Empfängen, die Schlucke nau den Stadtvertretungen und der Grundherrschaft be reitet und allen damit zusammenhängenden Zeremonien und sonstigen Festlichkeiten. Diese Vorfeier wird dem Be schauer ein anschauliches und sehr lebhaftes Bild vom