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Oöerlaußtzee Hslmaizsituag Ar. 13 Und wie sieht es heute aus? In unserer heutigen Zeit? Wandre, o Menschenkind, hin und her, Du suchest ja doch vergebens! Das Schöne, das Gute, du find'st es nicht mehr — Es ist versunken im Strome des Lebens. So ist es. Wenn du heute willst ein Volkslied hören, ein echtes Volkslied, so mußt du schon die ganz entlegen sten Dörfer und Städtchen aufsuchen. Wie lange noch? Dann wird es auch da schweigen! Denn auch dort dringt der moderne Tand hin, und bedarf es der ganzen Hingabe seitens der Bevölkerung, soll nicht das deutsche Volkslied dem Untergange ganz geweiht sein. Jeder, der sein Volk, seine Heimat, seine Muttersprache liebt —, singt und pflegt seine Heimatlieder, in denen sich seine eigne Kindheit und Jugend widerspiegelt, in dem die Mutterliebe ihm enl- gegenströmt. Sein ganzes Leben, Leid, Liebe, Sehnsucht, Freundschaft, tritt ihm im Volkslied wieder entgegen. Und das sotten wir hingeben, für eitlen leeren Tand?! — Wohl findet man noch Fleckchen, wo das Volkslied gepflegt wird. Wandern wir durch kleine Städte und Dörfer des Erz gebirges oder Vogtlandes, so treffen wir noch auf einen gesunden Schlag Menschen, welche den reichen Schatz ihrer originellen Volkslieder noch zu schätzen wissen. Gerade das Vogtland und Erzgebirge weisen einen reichen Schatz ur wüchsiger, derber und voll Humor gespickter, harmonie voller Lieder auf. Es würde zu weit führen, alle aufzu zählen. Einige jedoch, in ihrer Mundart besonders an sprechende, will ich nicht unterlassen anzuführen. Der be kannte und beliebte vogtländische Liederdichter Hilmar Mückenberger — er ist in Eibenstock im Erzgebirge ge boren und wohnt in Planen i. V. — hat seinem Vogtland in seinen Liedern wie: „Mei Vugtland is su wunnerschie", — „'s Bärbele", — „Plau'n bleibt Plau'n", — „Der Zipfels- görg", — „Do muh aufgeworzelt wär'n", — einen dauern den Ruf weit über seine Grenzen hinaus verschafft. Denn seine originellen Lieder sind in ganz Deutschland bekannt. Auch der in seiner Mundart bekannte Dialektdichter Rie del aus Meßbach bei Plauen i. V. — seine berühmten Bücher „Meßbücher Appel" — sei hier nicht vergessen. Wel ches Volksgefühl liegt nicht allein schon in diesen Liedern. Aber schauen wir uns weiter im Erzgebirge um, so finden wir auch dort einen reichen Schatz urwüchsiger, derber, humorvoller Lieder. Hier hat Anton Günther aus Gottes gab, der bekannte Liederkomponist, seinen Ärzgebärgern eine ganze Serie vertont. Die Krone unter ihnen gebührt wohl dem populärsten Off da Barg, do is halt lustig, Off da Barg, do is halt schie. Do scheint de Sunn am allererschten, Scheint se a am längsten hie. Wu de Wälder haamlich rauschen, Wu de Haad su rötlich blieht, Mit kaan Känig mecht i tauschen, Weil durt örub'n mei Haisel schtieht! Welch tiefer Sinn liegt nicht in diesem schlichten, von Heimatliebe durchdrungenem Liede? Und das alles sollte uns verloren gehen? Oder betrachten wir uns einmal die Oberlausitz. Welch sangesfreudiges Völkchen treffen wir dort an ? Rudolf Gärtner und andere Oberlausitzer Heimat dichter haben hier ihren Landsleuten Lieder geschenkt, die niemand besser als der Aebrlansitzer zu schätzen weiß. Mit Harmonika oder einem anderen Instrument vertreibt er sich die Grillen des Alltags, denn a Liedel ist ihm alles! Auch die Bayern, die tapfer» Bayern, mit ihren Schnada- Hüpfeln und Zitherspiel sotten hier nicht vergessen sein. Haben doch von jeher die Vogtländer, Erzgebirger, Bayern, Württemberger und Oberlansitzer ganz besonders ihre der ben und gleichzeitig mit köstlichem Humor gewürzten Volkslieder gehegt und gepflegt. Wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, so sprechen sie, und dementsprechend fügen sie auch die recht volkstümlichen Heimat-, Liebes- und Hand werkslieder. — Auch diese Zunft ist eingegangen. — Aber auch die Schwarzwälder, Schlesier, Schleswig-Holsteiner (das bekannte „Schleswig-Holstein meerumschlungen"), Rheinländer und Mecklenburger halten ihre Volkslieder noch hoch in Ehren. Und gerade am wonnigen, sonnigen Rhein treffen wir ein überaus sangesfreudiges Völkchen an. Nicht umsonst singt der Rheinländer: „Nur am Rhein da möcht ich leben, nur am Rhein begraben sein!" Neben den näher eingegangenen mundartlichen Volksliedern möchte ich unsere wertvollen hochdeutschen Volkslieder nicht unerwähnt lassen. Ich beschränke mich nur anführend dar auf, wie z. B. „O Täler weit, o Höhen" — „Die Loreley" — „In einem kühlen Grunde" — „Nach der Heimat möcht ich wieder" — „Wenn ich den Wandrer frage" — „Das Wandern ist des Müllers Lust" — „O alte Burschenherr lichkeit" — und das herrliche Frühlingslied „So sei gegrüßt, viel tausendmal, holder, holder Frühling", welches von dem berühmten, in Zwickau geborenen Komponisten und Schrift steller Robert Schumann komponiert wurde. Alles wahre Perle« deutscher Volkslieder! Und forschen wir jedoch wei ter, müssen wir leider feststellen, daß in vielen Gegenden das Volkslied ganz ausstirbt, um modernen Schlagern Platz zu machen. Erwache darum, deutsches Volk! Erkenne, was du im Begriffe bist einzubüßen und zu verlieren! Laß dir die Perle des deutschen Volkstums nicht durch ausländische, fremde Melodien nehmen! Lerne das Fremde verachten, und das Gute und Schöne, das im deutschen Volkslieds liegt, erkennen und schätzen! Hüte dich vor ausländischer Sensation und Nervenkitzel! Vergiß nicht, daß es das Aus land selbst war, welches uns auf der internationalen Musikausstellung in Frankfurt am Main (Abteilung Volks lied) um unsre Volks- und Heimatlieder beneidete. Daß selbst der französische Kultusminister Herriot aus Dankbar keit für die gediegenen herrlichen Volkslieder, welche die Frankfurter Kinder sangen, die weltberühmte Pariser Orchesterkapelle kommen und vor den Kindern gastieren ließ! — Sollte uns das nicht zu bedenken geben? Muß da nicht jeder den Wert des deutschen Volksliedes erkennen?!! Darum: „Hut ab, und alle Achtung vor dem deutschen Volkslied!" Ehret es in rechter Weise, das einstmals eure Ahnen und Urahnen sangen. Bringt es wieder auf die Höhe wie einst, und ihr selbst werdet dabei Glück und inneren Frieden wiederfinden. Spiegelt sich doch in unserm deutschen Volkslied die ganze Seele des deutschen Volkes wider. Die Liebe, die Sehnsucht, die Freundschaft, die Heimat- und Muttersprache! Und das soll uns verloren gehen?? — — — Nimmermehr!!! — — — Welch hohe, schöne, edle Aufgabe und soziale Pflicht für die Gesang vereine und Chorleiter, das deutsche Heimat- und Volks lied pflegen und fördern zu helfen! Möge es allen deut schen Brüdern und Schwestern zum Bewußtsein kommen und als Wahlspruch dienen: Zurück zum herrlichen deutschen Volkslied! Eine Sonntagsfahrt nach dem Oybin, der Perle der Oberlausitz Doch nichts in fremden Landen Hat mich so ganz erfüllt der Seele Sehnen, Mich so berauscht zu Hellen Freudenträuen Wie dieser Blick! Diese Zeilen schrieb ein Dichter, als er vom Erker fenster des Burgsaales auf dem Oybin in den tiefen Grund, auf die grünen Berge rundumher sah. Gewiß ist der Dich ter von einer großen Liebe zu diesem Fleckchen Erde be seelt, verdenken darf man es ihm aber nicht, wenn er be geistert singt nnd auch anderen dazu verhelfen wollte, daß ihnen dieses kleine Paradies zu einem Erlebnis würde.