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mauer an jene Zeit. Bald nach der Reformation, im Jahre 1525, hielten die Prediger der erzpriesterlichen Stühle Görlitz, Reichenbach OL. und Seidenberg eine Konferenz, in der sie einmütig beschlossen, Luthers Lehre einzuführen. Da sie aber auf manche Hindernisse stießen, gelang es erst dem damaligen Markersdorfer Prediger Franziskus Flei scher, nach seiner Berufung nach Reichenbach 1548 den Plan zur Ausführung zu bringen. Seit dieser Zeit ist also der Ort evangelisch. Mehrere große Brände suchten Kirche und Glockenturm im Laufe der Jahrhunderte heim. 1629 brannte infolge Blitzschlages der Turm bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Drangsale des 30 jährigen Krieges verspäteten den Wieder aufbau, so daß derselbe erst 1646 beendet wurde. Im Jahre 1670 äscherte ein gewaltiges Feuer einen großen Teil der Stadt und die Kirche ein. Letztere wurde von dem da maligen Patrvnatsherrn George Ernst von Gersdorf wie der aufgebaut. Die Glocken, die Leim Brande geschmolzen waren, wurden bald mit Hilfe der Oberlausitzer Stände neu beschafft, und später nach einem Umguß durch Glocken gießer Grube in Kleinwelka bet Bautzen am 15. Oktober 1833 in feierlichem Zuge von der Lanüesgrenze abgeholt, tags darauf aufgezogen und geweiht. Die große Glocke hat ein Gewicht von 27 Zentnern, zeigt einen Christuskopf mit den unten stehenden Worten: Kommt, es ist alles bereit! Darunter den sinnigen Vers: Zur Andacht in des Tempels Räumen Versammeln sich der Christen Schar. Sie wecke, die in Weltlust träumen, Und rufe nimmer zur Gefahr, Sie lade zu des Himmels Frieden Wer ausgekämpft auf Erden hat. Ihr Schlag verkünde Ruh den Müden, Und Friedens-Segen Land und Stadt. Die mittlere Glocke, 17 Zentner schwer, trägt das Brustbild Luthers mit den Worten: Haltet fest im Glau ben. Darunter folgende Inschrift: Auf, höret die Glocke, sie ruft zum Altar, Daß betend sich weihe-.ein liebendes Paar, Voll Hoffnung dem ehelichen Bunde; Sie ruft zum Gebet für König und Land; Ihr Zuruf ist: Segne, Herr, jeglichen Stand In banger und fröhlicher Stunde. Die kleine Glocke, 7 Zentner schwer, welche Melanch- thons Brustbild zeigt, trägt die Worte: Alles und in allem Christus. Darunter: Mit neuer Kraft und Harmonie , Hebt in der Schwestern Chor Mein Ton die Herzen, gleich wie sie, Zum Herrn der Welt emvor. Die Kirche selbst ist ein schönes, altehrwürdiges, von großen Steinen erbautes Gebäude. Sie ist zweischtfftg. Die Decke bildet ein Kreuzgewölbe. Kanzel und Altar mit künstlerischem Holzschnitzwerk und Darstellungen aus der biblischen Geschichte geziert, sind gleich nach dem Brande 1670 errichtet. Auf der Decke der Kanzel steht Johannes der Täufer, nach dem auferstandenen Christus am Altar zeigend. Das Bildwerk des Altars ist außerordentlich sinn reich: Abendmahl, Kreuzigung, Grablegung und hoch oben, die Rechte erhoben, in der Linken die Siegesfahne, der auf erstandene Herr. Aus der Zett des Katholizismus rührt noch der in einer Ecke stehende künstlerisch geschnitzte, zwei sitzige Beichtstuhl. Unter dem Altar ist eine Gruft, zu wel cher der Eingang in der Nähe der Kanzel führt, der letz tere ist jedoch vermauert und unzugänglich. An den Wänden des Altarplatzes sieht man die betreffenden Grabmäler in höchst kunstvoller Arbeit aus Stein gehauen, bunt mit reicher Verzierung und Vergoldung. Sie zeigen die Köpfe und Bildnisse der dort Ruhenden. Auch das Bildnis jenes Neuschöpfers der Kirche, Amtshauptmann George Ernst von Gersdorf, welcher 1743 in Görlitz starb, ist vorhanden. Wie vielen hat dieses Gotteshaus, das Schönheit und Christensinn predigt, durch Jahrhunderte hindurch auf der Pilgerfahrt ihres Lebens Stunden der Erbauung, der Er quickung und des Trostes gegeben. Seine Glocken haben Tausende ins Leben geführt und ebensovielen am Feier abend ihres Lebens geläutet. Die Reichenbacher Christengemeinde hatte ihr 250. Jubiläum seinerzeit ernst und würdig begangen, sie hatte auch ein Recht dazu, neben ihrem einstmaligen Schöpfer auch des großen Gottes zu gedenken, der bisher geholfen hat. W—l. Über Kesselschloß und Geierstein nach Bad Flinsberg. Eine H e i m a t w a n d e r u u g „Wer die Welt am Stab durchmessen, wenn der Weg in Blüten stand, — Nimmer könnt' er doch vergessen, glücksberauscht sein Heimatland!" Drei Wege, gleich reizvoll, eröffnen sich dem von der Ferne Herkommenden, um nach dem Kesselschlvß, dem Geiersrein und am Haumberge hinab darnach nach Flins- berg zu gelangen. 1. Bahnfahrt nach Rabishau. Dann über Querbach, Förstel nach Obergiehren, den Kamm entlang bis zum ge wünschten Ziel. 2. Bahnfahrt bis Frieöeberg am Queis. Durch den Kramerbusch, Gtehren, Greiffental, Regensberg nach der erwünschten Höhe. 3. Bahnfahrt nach Ullersdorf und steiler Aufstieg durch den Kessel zur Kesselschlohbaude und dem Kesselschloß. Das Los soll entscheiden. Es fällt aus Nr. 2. Wie eine Stadt einer Spielzeugschachtel entnommen, so stellt sich Friedeberg am Queis für den Wanderer dar, der vom Bahnhof durch die saubere Stadt, über deren roten Dächern das Morgenglockenlied dahin noch summt, durch die Stadt queisabwärts zu der alten Queislinde wandert, die für unsere kleine Reisegesellschaft der Treff- und Aus gangspunkt der Sonntagswanderung sein sollte. Rauschend sang neben ihr der silbergischtige Queis sein Wanderlied. Er wollte hina-- ins Tal. Wir hinauf auf die Höhe, die uns im Mvrgensonnenlichte entgegenglänzte. Rote Pelargonien und bunte Palsamiuen geben uns aus den blitzblanken Häusern den letzten Friedeberger Abschieüsgruß. Ein klei nes Waldbächlein rinnt uns entgegen. Auf Schieferplatten überqueren wir es. Da rauscht uns die Jbbicht aus Wald gründen entgegen. Wir folgen ein Stück ihrem Lauf berg wärts. Dann nimmt uns der stille, wipfeldurchrauschte Kramerbusch auf. Wiesen breite» sich hinter ihm aus: moo rig, arnikabestanden, wollgrasüberweht. Giehren liegt vor uns. Durch seine Straßenzeile gehts Schritt auf Schritt aufwärts nach Greiffental, der alten Heimat mittelalter licher Bergleute, welche an den Berglehnen des Jserkam- mes nach Nickel und Kupfer suchten. Drüben, rechts, wo das Kvchhäusel einsam und verlassen am Waldwege steht, gähnen noch heute die Schächte: moosbewachsen, fichten bestanden, verlassen. Rechtwinkelig biegen wir vor der „Freiteschänke" vom Dorfwege. Steil führt uns der Pfad durch den Kessel auf die Höhe des Kesselkretschams und des Kesselschlosses. Nur durchs tiefe Tal, das sich der Giehrich genagt, grüßen die Waldhäuser von Förstel vom jenseitigen Berghange herüber. Bor uns unser Wanüerziel: hoch, sonnenbeschienen, aussichtsreich. Eine Bergnase, ein schrof fer Glimmerschieferfelsen, ein halbverlassener Steinbruch. Hier soll einst im grauen Mittelalter ein Jagdschloß eines Boleslav Crispus (1161) gestanden haben. Rastlos hat es der Zahn der Zeit abgenagt, vertilgt, verwischt, seine Spur